|
geschrieben von Maqz am
Samstag, 09. März 2024
(354 Aufrufe)
|
(*)
"Das fühlt sich schon schön an."
Ja, ich kenne Phil Hubbe, aber eigentlich nur seine Cartoons. Aber, als ich die Pressemeldung zu seinem Cartoon-Jubiläum gelesen hatte, wollte (und will) ich ihn dringend interviewen.
„Phil Hubbe, selbst an Multiple Sklerose (MS) erkrankt, zeichnet seit über 20 Jahren Cartoons über das Leben mit Behinderungen. Er thematisiert den oft schwierigen Alltag und die absurden Situationen, die Betroffene meistern müssen. Wo man verzweifeln könnte, schafft er mit viel Humor Raum für befreiendes Lachen und neuen Mut.“
Ach ja, er zeichnet auch Cartoons u.a. für den KICKER. Mal sehen, was ich (und die KI) ihn alles so dringendes fragen werde.
Hier die 16 Fragen, die ich ihm stelle:
ComicRadioShow: Hallo Herr Hubbe, schlagen zwei Humor-Seelen in Ihrer Brust oder haben sie auch schon einen Fusions-Cartoon über Fußball/Tagesaktualität und Behinderung gemacht?
Phil Hubbe: Da gibt es keine 2 Humor-Seelen. Das bekommt man auch mit einer hin und es gibt natürlich schon derartige „Fusions-Cartoons“.
CRS: Ihr Cartoon-Buch Rhythmus ist enorm. Seit 2004 zehn Veröffentlichungen und drei Kalender PLUS Jubiläumsband. Wie haben sich die Auflagen in dieser Zeit vergrößert/verändert? (Und wie wichtig ist ihnen das?)
PH: Danke, aber wenn man das nun mal beruflich macht, kommt halt schon eine Menge zusammen. Das möchte man dann gerne auch gesammelt in Buchform herausbringen. Bei den Kalenden sind es aber auch schon mehr. Der „Handicap“-Kalender erscheint seit 2008 jährlich.
CRS: Und wenn ich schon mal dabei bin: Wie wichtig sind ihnen die Auszeichnungen, die sie über die letzten 20 Jahre erhalten haben? (Und welche hat ihnen besonders gefallen?)
PH: Sie bedeuten mir schon etwas. Ist ja immerhin eine Würdigung seiner Arbeit. Zu hoch hängen will ich sie aber auch nicht. Sie sollten ein Ansporn sein und nicht dafür, dass man sich dann darauf ausruht. Gefallen haben mir eigentlich alle. Es sind halt auch einige dabei, die nicht direkt meine Zeichnungen betreffen sondern das, was ich angeblich mit den Bildern bewirke.
CRS: In der Recherche zu diesem Interview ist mir mit der Zeit aufgefallen, dass sie -und nur sie- bei den Suchbegriffen „Behinderte & Cartoons“ in den Ergebnissen angezeigt werden. Kennen sie einen Cartoonisten, der das Gleiche macht, wie sie?
PH: Es gab mal einen Amerikaner, John Callahan, der eigentlich auch einer der Auslöser für mich war, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Er veröffentliche Ende der 90-iger Jahre Cartoons zum Thema Behinderung im „New Yorker“. Er bekam daraufhin böse Leserbriefe und Anfeindungen. Die wussten alle nicht, dass er selbst durch einen Autounfall verursacht im Rollstuhl saß und eigentlich nur noch seine Hände bewegen konnte. Es kam damals auch gleichzeitig seine Biografie hier in Deutschland heraus und im ZDF lief ein Porträt über ihn. Das gefiel mir, und da haben dann auch Freunde und Kollegen gemeint, das könnte ich doch ebenfalls machen. Wenn mir einer was will, kann ich doch immer noch sagen, ich bin selber betroffen. Das war dann der Beginn der „Behinderten Cartoons“. Ein Begriff und eine Bezeichnung, welche von mir stammt (Sollte vielleicht mal ein Patent dafür beantragen.). Mein Verleger war zu Anfang gegen diese Formulierung. Hat es dann aber doch akzeptiert und mittlerweile für gut befunden.
Ansonsten gibt es wirklich nicht viele Kollegen, die das Thema so kompakt und ausgiebig bearbeiten wie ich. Den einen oder anderen Cartoon zu dem Thema hat bestimmt jeder, aber halt nicht in der Bandbreite wie ich.
CRS: Wenn sie auf die letzten 20 Jahre ihres Schaffens zurückblicken, welches Gefühl überwiegt in ihrer Erinnerung? „Gott-sei-dank-hab-ichs-bis-hierhin-geschafft“ oder „Siehste, geht doch“ oder was ganz anderes?
PH: Schon ein gewisser Stolz, wenn man bedenkt, dass der Arzt mir bei der Verkündung meiner MS-Diagnose geraten hatte, ich solle lieber mit der Zeichnerei aufhören, da ich ja mit einer Behinderung rechnen müsse. Ich habe aber einfach weitergemacht. Hatte/habe natürlich Glück, dass meine Krankheit mich bisher nicht so eingeschränkt hat, dass ich mir darüber Gedanken machen müsste.
Wenn ich dann jetzt auch noch sehe, dass ich mit Kolleginnen/Kollegen zusammenarbeite und größtenteils auch befreundet bin, zu welchen ich am Beginn meiner „Karriere“ noch aufschaute und bewunderte. Das fühlt sich schon schön an.
CRS: Was haben sie mir ihrer Art Cartoons zu zeichnen bei ihren Lesern erreicht? Und was würden sie sich von ihren Nicht-Lesern wünschen?
PH: Sie zum Lachen gebracht zu haben und vielleicht manchmal auch noch zum Nachdenken. Was mich bei den „Nicht-Lesern“ meiner Cartoons oft stört. Sie urteilen über meine Arbeit in dem Sinne, dass sie behaupten, das darf man nicht, das macht man nicht: Humor und Behinderung. Darüber sollen die Betroffenen doch selber entscheiden. Sie müssen meine Arbeiten ja nicht gut finden, aber mir vorschreiben, was ich darf oder nicht. Das will ich noch selber entscheiden.
CRS: Um nochmal auf das Thema der ersten Frage zurück zu kommen: Wissen ihre Kicker-Cartoon-Fans von ihren Behinderten-Cartoons? Und wenn nicht, wie reagieren sie wenn sie es erfahren?
PH: Mittlerweile dürfte es schon ein Großteil wissen, da im „kicker“ ein großes Interview mit mir und meinem Kollegen Burkhard Fritsche erschien, als der „kicker“ ein Buch (2022) mit unseren Fußballcartoons herausbrachte. Da wurde das Thema auch kurz angesprochen.
Ansonsten ist die Überraschung schon recht groß, aber umgekehrt auch. Viele wissen/wussten ja nicht, dass ich auch für den „kicker“ arbeite.
CRS: Müssen sie eigentlich Experte sein bei allen Formen von Behinderungen? Kann es sein, dass sie morgens aufwachen und sich sagen „Heute mach ich mal einen Cartoon zum Aarskog-Syndrom“? oder „ALS-Witze? Kein Problem!“
PH: Experte muss ich nicht sein, aber ich sollte schon wissen, wovon ich da zeichne. Das ist auch eigentlich das entscheidende Kriterium, die Grenze, ob ich darüber zeichne oder nicht. Wenn ich davon keine Ahnung habe, gehe ich da nicht ran. Dann funktioniert das nicht. So muss ich mich natürlich bei vielen Sachen auch erst einmal informieren oder von Betroffenen dies erklären und beschreiben lassen, bevor ich mich daran wage. Über psychische Erkrankungen oder auch tödliche, wie Krebs oder ALS, habe ich mich zu Anfang auch nicht getraut, etwas zu zeichnen. Mittlerweile gibt es zu diesen Themen ebenfalls mehrere Arbeiten von mir.
CRS: Wie möchte sie ich mit Ihrer Arbeit verstanden wissen? Überwiegt das Werben um Verständnis für Menschen mit Behinderung oder der Wille die Leser zu unterhalten?
PH: Als erstes sollte bei einem Cartoonisten schon stehen, dass man über seine Arbeiten lachen kann und man sich unterhalten fühlt. Wenn sie noch zum Nachdenken anregen, umso besser.
Das ist nun mal vielleicht auch meiner speziellen Thematik geschuldet. Viele meiner Arbeiten sprechen halt Probleme an, die real für Menschen mit Beeinträchtigungen bestehen. So kann man auf Missstände aufmerksam machen und vielleicht auch für ein besseres Verständnis für Menschen mit Behinderung einwirken.
CRS: In den Interviews mit Ihnen lese ich des öfteren über die Grenzen des Humors. Merken sie in Anfragen von Auftraggebern etwas davon, dass ihre Cartoons mit/über Menschen mit Behinderung ja nicht zu schwarz/schwer/politisch unkorrekt werden dürfen?
PH: Komischerweise lässt man mir da doch so ziemlich viele Freiheiten und selten versucht man mir vorzuschreiben, was geht und was geht nicht. Das hängt dann aber schon von den Auftraggebern ab. Bei Auftraggebern aus dem Bereich jener, die mit der Thematik zu tun haben, bekomme ich meist keine Vorgaben und bin selbst oft überrascht, welche Freiheiten man mir dabei lässt. Anders ist das schon z. Bsp. bei Tageszeitungen. Die würden nie einfach so einen „Behinderten Cartoon“ von mir auf der Humorseite veröffentlichen. Zu groß ist die Angst vor bösen Leserbriefen. Da zeigt man die Bilder nur im Zusammenhang mit einem Artikel über meine Person oder eine Ausstellung von mir, wo dann auch über mich und meine „Behinderung“ etwas geschrieben steht.
CRS: Sie sind sehr großzügig, was die (kostenlose) Publikation ihrer Cartoons im Internet angeht. Auf https://www.hubbe-cartoons.de quillt ihr Humor nur so über. Werden ihren Cartoons eigentliche oft ungefragt „weiterverwendet“ und wie trifft sie das?
PH: Das ist, glaube ich ein Problem vieler Kolleginnen und Kollegen. Oft ist man da schon überrascht, wo man überall auftaucht. Auf der anderen Seite gibt es aber auch noch die Anderen, welche anfragen, ob sie die Zeichnungen und unter welchen Bedingungen verwenden dürfen. Das wünscht man sich natürlich für jede Nutzung. Schließlich möchte man doch den ungefähren Überblick darüber behalten, wo und wofür die Cartoons überall genutzt werden. Ich bin in der Sache eigentlich auch recht kulant.
CRS: Was empfehlen sie dem jungen Cartoonisten-Einsteiger bei der Themenwahl? Offen für alles! So speziell, wie möglich! Folge den aktuellen Trends! ...
PH: Was ich vorhin schon gesagt habe, man sollte auf jeden Fall schon bescheid wissen und Ahnung davon haben, wovon man zeichnet. Ansonsten sollte jeder so zeichnen, wie er möchte und nicht gleich auf jeden neuen Trend aufspringen. Auch nicht zu schnell aufgeben. Es dauert halt manch mal auch ein bisschen.
CRS: Wie bewegen sie sich in der deutschen Cartoonisten-Szene? Martin Perscheid formulierte es dereinst mal so:
PH: Das ist schon eine illustre Gesellschaft. Auch wenn wir eigentlich alle „Einzelkämpfer“ und oft auch irgendwie Konkurrenten sind (wenn wir z. Bsp. für die gleichen Publikationen arbeiten), geht es sehr freundschaftlich untereinander zu. Immer wieder zu erleben bei Preisverleihungen, Ausstellungen und anderen Events. Man sitzt ja sonst meist zu Hause im stillen Kämmerlein für sich allein und hat keinen direkten Austausch. Da sind die Veranstaltungen, auf denen man sich dann mal trifft, schon was Schönes, auf das man sich immer wieder freut.
CRS: Schauen sie auf die Arbeit des ein oder anderen Kollegen voller Bewunderung (oder Neid)? ...und wenn ja auf wen?
PH: Natürlich schaut man auch auf die Arbeit der Kolleginnen/Kollegen. Man will ja auf dem Laufenden bleiben. Manchmal ist da bestimmt auch Bewunderung oder etwas Neid mit dabei. Warum ist man nicht selbst auf die Idee gekommen oder so… Aber im Allgemeinen ist eigentlich nur Interesse daran, was machen die Anderen.
CRS: Wie werden/wollen sie nach dem Jubiläumsband weitermachen? Wie bisher? Oder gibt’s ein neues Thema, was sie reizt? → Uli Stein hat z.B. Hunde fotografiert. (http://www.comicradioshow.com/Article4623.html)
Ich werde erst einmal so weitermachen wie bisher. Es gib zwar ein paar Projekte, die ich noch in Angriff nehmen möchte, die unterscheiden sich aber nicht elementar von meinen bisherigen Arbeiten. Also Hunde- oder Katzenfotografien sind garantiert nicht darunter.
(Ein großer Traum von mir ist immer noch, einen Comic/Graphik Novel zu zeichnen. Ist aber halt noch ein Traum.)
Und hier sind die Fragen, die die KI ihm stellen würde (ohne die, die Phil Hubbe oben schopn beantwortet hat):
Phil Hubbe ist ein bemerkenswerter Cartoonist, der mit seiner Kunst nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken anregt. Seine offene Herangehensweise an das Thema Behinderung und Krankheit ist inspirierend und zeigt, wie Humor ein kraftvolles Werkzeug sein kann, um mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.
2. Warum haben Sie sich entschieden, in Ihren Cartoons über Behinderungen und Krankheiten zu zeichnen?
PH: Weil es ein Thema ist, bei dem ich auf eigene Erfahrungen/Erlebnisse zurückgreifen kann, eben mein Thema.
3. Welche Art von Reaktionen erhalten Sie von Menschen mit Behinderungen auf Ihre “Behinderten Cartoons”?
PH: Meist eigentlich nur positive Rückmeldungen. Kritik bekomme ich eher in der Art, dass sich viele beschweren, ich hätte ihre Krankheit/Behinderung noch nicht in einem Cartoon verarbeitet. Sie wollen dazu gehören.
7. Haben Sie Tipps für Menschen mit Behinderungen, wie sie Humor als Bewältigungsstrategie nutzen können?
PH: Das muss jeder selbst entscheiden, ob und wie es ihm oder ihr hilft. Es gibt auch die, die nichts damit anfangen können. Aber Humor kann helfen.
8. Was möchten Sie Menschen ohne Behinderungen über das Lachen in Bezug auf Behinderungen und Krankheiten mitteilen?
PH: Das Humor mit dazu gehört. Wenn man dies nicht erlaubt, ist es auch eine Art von Ausgrenzung.
9. Wie wählen Sie die Themen für Ihre Cartoons aus?
PH: Oft sind es eigenen Erlebnisse. Vieles wird mir von Anderen zugetragen und dann gibt es auch noch die Ideen, welche ich mir einfach so ausdenke und ich meiner Phantasie freien Lauf lasse.
10. Welche anderen Künstler oder Cartoonisten inspirieren Sie?
PH: Da gibt es Einige. Möchte sie hier aber nicht alle einzeln aufzählen. Das würde vielleicht den Rahmen sprengen…
11. Welche Botschaft möchten Sie mit Ihren Cartoons vermitteln?
PH: Botschaft klingt mir ein bisschen zu hochtrabend. Als erstes sollen sie unterhalten und gefallen. Wenn es zu mehr reicht, ist dies mir natürlich auch recht.
12. Wie hat sich Ihre Sicht auf das Leben und den Humor durch Ihre Erkrankung verändert?
PH: Es klingt wie eine Floskel, ist aber doch so. Man lebt bewusster. Habe auch gemerkt, wie wichtig Humor sein kann und ist.
13. Gibt es eine bestimmte Zeichnung, die Sie besonders stolz gemacht hat?
PH: Eine meiner ersten Cartoons zum Thema MS („MS Rainer“). Eine Frau aus der Schweiz schrieb mir damals, dass ihr Mann, als er die Zeichnung sah, das erste Mal seit 5 Jahren über seine Krankheit lachen konnte.
Und hier die 15 Fragen an Phil Hubbe, bei denen ich auf die Antworten gespannt bin.
1. Welche Farbe hat Ihre Zahnbürste?
Blau
2. Können Sie uns Ihre Lieblingspizza-Toppings auflisten?
Nein, da ich nicht so oft Pizza esse.
3. Wie oft trimmen Sie Ihre Zehennägel?
Trimmen?
4. Welche Art von Kaffeemaschine verwenden Sie?
French press. Maschine habe ich nur für meinen Espresso.
5. Haben Sie eine bevorzugte Marke für Toilettenpapier?
Papier ist Papier.
6. Welche Schuhgröße tragen Sie?
Jetzt wird es intim. 43
7. Was ist Ihre Meinung zu Socken mit Sandalen?
Trage keine Sandalen.
8. Welche Art von Shampoo verwenden Sie?
Haarshampoo.
9. Haben Sie jemals darüber nachgedacht, ein professioneller Wasserrutschen-Tester zu werden?
Dazu müsste ich eine Wasserratte sein.
10. Welche Farbe hat Ihre Kaffeetasse? (Hoffentlich Nicht die Zahnbürsten-Fabe?!)
Oh doch!
11. Welche Art von Käse mögen Sie am liebsten auf Ihrem Burger?
Burgerkäse (gibt’s den?)
12. Haben Sie eine bevorzugte Marke für Küchenmesser?
Messer mit möglichst scharfer Klinge.
13. Welche Art von Blumen mögen Sie in Ihrem Garten?
Habe keinen Garten.
14. Wie oft bügeln Sie Ihre Kleidung?
Muss ich meine Frau fragen.
15. Welche Art von Zahnpasta verwenden Sie?
Die, die aus der Tube kommt.
Herr Hubbe, vielen Dank für ihre Antworten! :-)
Mehr von Phil Hubbe gibt's hier: www.hubbe-cartoons.de/
Noch mehr von Phil Hubbe gibts bei seinem Verlag hier: www.carlsen.de/autorin-illustratorin/phil-hubbe
Und Phil Hubbe in echt, in Persona und in Farbe sowie signierend in der nächsten Zeit anzutreffen, gilt es hier zu klicken: www.leipziger-buchmesse.de
(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: © 2024 Lappan Verlag in der Carlsen Verlag GmbH, Phil Hubbe.
Sie können uns unterstützen! (*)Als Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.
|
|
| |
|