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geschrieben von Maqz am
Dienstag, 03. September 2013
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"Ohne Uli Stein und dem einmaligen Erfolg seiner Bücher gäbe es den Lappan Verlag so nicht..."
Am dritten September 1983 entstand die Lappan Verlag GmbH aus der Asche
des in Konkurs gegangenen Stalling Verlags. Mitbegründer Dieter Schwalm
rettete nicht nur Manfred Schmidts legendären "Nick Knatterton" aus der
Konkursmasse, sondern veröffentlichte 1984 auch das erste (von vielen)
Büchern des ebenso legendären Uli Stein. Rund 200 Autoren und Zeichner
(wie Erich Rauschenbach, Peter Butschkow, Heinz Erhardt, Gerhard Glück,
Gerhard Haderer, Eva Heller, Oliver Kalkofe, Marunde, Til Mette,
Mordillo, OL, Martin Perscheid, Rattelschneck, Tetsche, ©TOM uvm) machen
den Lappan Verlag zu einem Cartoon- und Bilderbuch-Schwergewicht auf dem
Markt.
Wir haben bei Dieter Schwalm und Uli Stein einmal nach den letzen 30 bzw
29 Jahren Verlagsgeschichte gefragt und wie es so die nächsten 30 Jahre
weitergehen wird...
ComicRadioShow: Herr Schwalm, drei Jahrzehnte "Bücher, die Spaß bringen."
War das schon von Anfang an so? Wie haben Sie sich den Spaß aus den
80ern ins neue Jahrtausend "gerettet".
Schwalm: Der Spaß war von Beginn an da! Wir haben den Sprung in die Selbständigkeit gewagt und konnten die Bücher verlegen, die wir toll fanden! Dass sich dann noch Erfolg und spannende persönliche Kontakte mit Autoren dazu gesellten, erhöhte den Spaß hier zu arbeiten.
Der Spaß stellt sich bei mir bis heute ein, wenn ich neue Bücher mit Autoren entwickeln und zusammenstellen kann. Es gab Zeiten in den 30 Jahren, in denen ich als alleiniger Geschäftsführer des Lappan Verlages nur noch mit kaufmännischen und juristischen Dingen beschäftigt war – diese Erfahrung war gut aber weniger unter dem Begriff „Spaß“ zu buchen …
CRS: Herr Stein, wenn Sie sich an die Veröffentlichung von "Ach du
dicker Hund!" zurückerinnern, hätten Sie gedacht auch heute noch beim
gleichen Verlag zu sein?
Uli Stein: Es war mir damals sowas von wurscht was in 30 Jahren sein würde! Ich war einfach nur unglaublich happy, dass ich einen kleinen Verlag gefunden hatte, der mein erstes Buch herausbrachte! Dass diese Zusammenarbeit in der Rückschau über ein ganzes Leben mit Freude, Vertrauen, Freundschaft und Erfolg Bestand gehabt hat – ist dann schon was Besonderes und Seltenes.
Aus Uli Stein “Das schwarze Buch”, Lappan Verlag
CRS: Herr Schwalm, wie würden Sie heute Herrn Steins Bücher
veröffentlichen, wenn sie erst 2013 zusammengefunden hätten?
Schwalm: Ich würde sie so veröffentlichen, wie wir heute die Bücher von Uli herausbringen!
CRS: Herr Stein, Ihr Kollege Peter Butschkow hat bei Lappan rund 140
Titel einbringen können. Macht das neidisch?
Uli Stein: Ein Begriff, der mir völlig fremd ist, weswegen ich auch in der Neidrepublik Deutschland ein argwöhnisch beeäugtes Außenseiterdasein friste. Peter Butschkow ist ein liebenswerter und unglaublich kreativer Mensch, ein grossartiger Zeichner, dem ich von Herzen noch weitere 140 Bücher wünsche!
CRS: Herr Schwalm ist Die wahre Geschichte von allen Farben von Eva
Heller immer noch das erfolgreichste Buch in Ihrem Verlag? Und wenn ja,
warum?
Schwalm: Der erfolgreichste Einzeltitel bei Lappan ist „Fröhliche Weihnachten“ von Uli Stein mit einer Gesamtauflage von über 1 Million verkaufter Exemplare. Danach folgen etwa zwanzig andere Titel von Uli in unserer ewigen Bestsellerliste. Das Farbenbuch ist das erfolgreichste Buch in unserer Kinderbuchsparte, mit einer Gesamtauflage von 150.000 Exemplaren.
CRS: Herr Stein, Ihre verkaufte Auflage bei Lappan nach 30 Jahren geht
in den zweistelligen Millionenbereich. Ist das eher Ansporn für Sie noch
mal 30 Jahre dranzusetzen oder denken sie an eine zweite Karriere z.B.
als Fotograf? "Goslar" läuft doch recht gut
Uli Stein: Die Frage nach weiteren 30 Jahren schrammt etwas debil an der Statistik vorbei, was die Lebenserwartung in Neidland betrifft. Was meine Fotografie anbelangt – belassen wir es mal bei der unbändigen Freude Bilder zu machen. Karriere interessiert mich herzlich wenig. Schöne Bücher zu machen schon – unser Goslarbuch ist in der Tat toll geworden!
Aus: Uli Stein “ Uli Steins Haustiere”, Lappan Verlag
CRS: Herr Schwalm befürchten Sie schon ihren erfolgreichsten
Cartoonisten zu verlieren?
Schwalm: Nein!
Uli Stein: Wie jetzt: „Nein?“ Ein bisschen Sorge fände ich schon angemessen wenn ich auf der Autobahn unterwegs bin und vor mir ist ein dänischer Wohnwagen und hinter mir ein rumänischer Schrottlaster…
CRS: Hinsichtlich der Entwicklung, wie würden Sie beide den Stellenwert
von Cartoons (und Comics) in Deutschland einschätzen. Und natürlich der
Anteil, den sie dazu geleistet haben?
Schwalm: Ohne Uli Stein und dem einmaligen Erfolg seiner Bücher gäbe es den Lappan Verlag so nicht und damit hätte es für viele Cartoonisten nie eine Möglichkeit gegeben, ihre Arbeiten in Büchern zu veröffentlichen. Wir haben, im Weltmaßstab gesehen, damit eine einzigartige Breite von Cartoonbüchern geschaffen.
CRS: Haben Sie beide eigentlich im Blick wo ihre Werke in den neuen
Medien lizenzfrei verwertet werden und wie reagieren Sie darauf?
Schwalm: Ein Thema, mit dem Seiten zu füllen wären! Ich mache es kurz: wir stehen auf dem Standpunkt, dass es ohne Bezahlung der Künstler auch keine Kunst geben würde. Wer umsonst etwas kommerziell verwerten möchte, sollte selbst etwas kreieren und sich nicht bei anderen bedienen!
CRS: Ist das Internet vor allem für den einseitigen Cartoon ein Fluch
oder ein Segen (und warum)?
Schwalm: Es kann sehr nützlich sein, z.B. können sich Autoren heute ganz anders selbst bekannt machen, ohne in großen Zeitschriften zu veröffentlichen und sie können mit ihren Fans kommunizieren. Es kann schädlich sein, wenn reihenweise geklaute Sachen durchs Netz gehen.
CRS: Herr Stein, wie hat sich Ihr Humor im Laufe der letzten 30 Jahre
verändert? Würden Sie heute noch den Gag "Die Entwicklungsgeschichte vom
Wolf zum Hund..." aus "Ach Du dicker Hund" bringen?
Uli Stein: Alles hat sich selbstredend in 30 Jahren verändert. Ich mich natürlich erfreulicherweise auch! Wie gruselig wär das denn, von jemandem zu hören, den man nach 30 Jahren unerwartet wiedergetroffen hat: „Das muss ich Ihnen mal sagen - Sie haben sich überhaupt nicht verändert!“? Andererseits: Ja, ich mag die „Entwicklungsgeschichte vom Wolf zum Hund…“ auch heute noch nach 30 Jahren ;-)
CRS: Können Sie sich beide eigentlich nach 30 Jahren Zusammenarbeit
gemeinsam ein Spiel Werder Bremen vs. Hannover 96 in einem Zimmer
anschauen und danach noch weiter zusammenarbeiten?
Schwalm: Ich finde es toll, dass wir uns das noch für den Moment aufgespart haben, wo ein zweites deutsches Endspiel der Champions League stattfinden wird. Natürlich können wir danach weiter zusammen arbeiten, aber wer will das in dem dann erreichten Alter schon?
Uli Stein: Das zusammen anzuschauen wäre wunderbar: Ich könnte Dieter anschliessend in den Arm nehmen, versuchen ihn wieder aufzurichten und tröstende, aufmunternde Worte zu finden wie: „Na, sowas kommt halt mal vor. Das wird schon wieder. Neues Spiel, neues Glück! Komm, die Saison ist noch lang! Jeder hat mal einen schwarzen Tag an dem er sein Potential nicht abrufen kann….“ (Die ganze Palette, die wir Hannoveraner so viele Jahre gehört haben…)
CRS: Herr Schwalm, wenn Sie mal von den Werken von Herrn Stein absehen,
welche Titel können Sie uns aus Ihrem Verlagsprogramm derzeit empfehlen.
Schwalm: Alle anderen! Wenn die Novitäten nach und nach im Verlag eintreffen, bin ich immer begeistert, besonders habe ich mich in diesem Herbst über die Titel die unter unserem neuen Label „LappanART“ erschienen sind gefreut.
CRS: Und gibt es Titel, die nicht bei Ihnen erscheinen, die sie liebend
gerne verlegen würden, wenn sie könnten?
Schwalm: Na klar, wenn wir das Rad zurückdrehen könnten, hätte ich gern die Bücher von Walter Moers, Ralph Ruthe und Joscha Sauer verlegt.
CRS: Herr Stein, im Comicbereich gibt es derzeit einen Trend zur
Gesamtausgabe. Schon mal über Uli Stein in Bibel-Dicke nachgedacht,
einen Folianten mit allen Ihren Cartoons auf einmal?
Uli Stein: Lappan hat sich in all den Jahren nie um Trends geschert, sondern Trends gemacht. Wenn Dieter Schwalm eine neue Idee hat, wird er sie mir schon mitteilen. Und sie wird – wie immer in den 30 Jahren – super sein!
CRS: Herr Schwalm, wo liegen Ihre Verlags-Ziele für die nächsten
Jubiläen? Wird es den Lappan Verlag am Ende des nächste Jahrzents noch
auf Papier geben?
Schwalm: Offen gestanden bin ich da der falsche Ansprechpartner! Ich wünsche mir, dass der Lappan Verlag sich dessen bewusst bleibt, dass er eine einmalige Rolle in der Verlagslandschaft als Zentrum für Humor und Satire einnimmt! Ich bin überzeugt, dass es vor allem der gezeichnete Humor ist, der auch in zehn Jahren noch in Büchern erhältlich sein wird, da unsere Bücher gern verschenkt werden.
CRS: Am liebsten wäre mir natürlich nun, wenn Sie beide mir Ihren
liebsten/besten/lustigsten Cartoon aus 30 Jahre Lappan nennen könnten.
Doch da das in der Fülle sicherlich auch für Sie nicht so einfach sein
wird, würde mir schon ihr aktueller Lieblingscartoon reichen. :-)
Schwalm: „Er hat in die Suppe gepinkelt!“ von Uli steht auf Platz 1 seit ich diesen Cartoon kenne. Die Mimik des Weißen im Suppentopf der Kannibalen ist einfach zu großartig. Aktuell habe ich mich sehr über einen Perscheid-Cartoon beömmelt: Frau steht im Handtuch vor dem Spiegel „Findest du, dass ich aussehe wie ein dicker weißer Wal? Mann sagt: „Nö.“ Die Unterzeile lautet „Wenn Männer Komplimente machen!“
Uli Stein: Ich mag es einfach nicht, einen Cartoon auf eine Beschreibung mit Worten zu reduzieren. Könnte Ihnen aber zwei oder drei meiner Lieblingscartoons zur Veröffentlichung im Rahmen dieses Interviews mailen?
Aus: Uli Stein, “Das neue Tierleben”, Lappan Verlag
CRS: Wie werden Sie beide denn Ihr 30tes bzw 29.tes Jubiläum feiern (und
kann man da als Fan des Verlags, der Cartoons irgendwo mitfeiern)?
Schwalm: Es wird am Freitag, den 13.09. im Ostseebad Prerow eine große Party geben, zu der sich über 70 Cartoonistinnen und Cartoonisten angesagt haben! Ab 21.30 h spielt die Cartoonisten-Allstar-Band, das ist der öffentliche Teil der Jubiläumssause!
CRS: Herr Schwalm, Herr Stein ich danke Ihnen beiden recht herzlich für
dieses Gespräch!
(c) Foto mit freundlicher Genehmigung: Dirk Plasberg 2013.
(c) der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Uli Stein, Martin Perscheid & Lappan Verlag 2013
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