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geschrieben von Maqz am
Samstag, 07. Mai 2011
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Brigitte Smith: Lurchi wird zum Flower-Power-Helden
von Werner Fleischer
Nach dem großen Heinz Schubel widmen wir uns nun seinen direkten Nachfolgern. Ihre kurzen Intermezzi hatten für die LURCHI-Serie zwar keine große Bedeutung, dennoch lohnt sich eine nähere Betrachtung. Insbesondere das Engagement von Brigitte Smith – der einzigen Frau, die sich an der Werbefigur versuchte – ist spannend, da sie den Lesern eine völlig andere Art LURCHI vermitteln wollte. In den Beitrag flossen wieder etliche neue, gründlich recherchierte Informationen. Besonders schwierig war es, ein Foto von Enrique Puelma aufzutreiben.
1972 erschien mit der Nummer 52 das letzte LURCHI-Heft aus der Feder von Heinz Schubel. Schubel war gut 20 Jahre für Salamander als Illustrator und in seiner späten Schaffensphase auch als Autor tätig gewesen. Er war es, der LURCHI geprägt hat. Während Schubels aktiver Zeit brachte Salamander regelmäßig zwei bis drei Hefte im Jahr heraus, zuletzt Nr. 52 (1952). Das Ausscheiden Schubels dürfte Salamander vor ein ernsthaftes Problem gestellt haben, da man es versäumt hatte, einen Nachfolger aufzubauen. Um diesen zu finden, rief man einen Zeichnerwettbewerb aus.
Frau Weipert, Leiterin des renommierten Verlages Belser, wurde darauf aufmerksam und regte eine junge Künstlerin an, ihr Glück zu versuchen: Brigitte Smith. Gerade aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt, versprach Smith die Mitarbeit bei Salamander eine existenzsichernde berufliche Perspektive. Salamander zeigte sich zunächst recht experimentierfreudig, denn der Lurchi der talentierten jungen Künstlerin spiegelte ein ganz und gar anderes Verständnis der Figur wieder, als jenem von Schubel.
Brigitte Smith wurde am 26.06.1938 geboren. Sie lernte ihr Handwerk an grafischen Schulen in Wiesbaden, München und Montreal. Als gefragte Illustratorin arbeitete sie für diverse Schulbuchverlage und Werbeagenturen. Elf Jahre verbrachte Smith im Ausland, davon sieben in San Francisco, wo sie ein eigenes Studio unterhielt. Ihr Werk wurde durch die sogenannten Hippiejahre geprägt. Durch ihren Entschluss, mit ihrem Mann und den drei kleinen Kindern nach Deutschland zurückzukehren, musste sie sich eine neue Existenz aufbauen.
Smith fand den Inhalt der Schubel-Geschichten „psychologisch sehr unentwickelt“. Es herrschte ihr zu viel Gewalt in den Heften vor, die sie durch positive Inhalte, wie z.B. Völkerverständigung, ersetzen wollte. Zu der Zeit war Herr Pfitzer Werbeleiter bei Salamander. Sie schlug ihm ein neues Konzept vor. In einem von mir geführten Interview erläutert sie dies wie folgt: „Diese Veränderung wurde von mir mit Nachdruck initiiert und mit Freude. Der alte Muff, der uns Deutschen ja gar nicht gut getan hatte, musste weg. Auch wenn es vielleicht unwichtig erscheint, mit so einem kleinen Heftchen eine Veränderung anzustreben, war ich mir der Verantwortung bewusst, wie viele Kinder diese Inhalte lesen würden. Auch bin ich stets der Meinung, auf allen Niveaus, auch den unscheinbar erscheinenden, sich selbst treu zu bleiben.“
Und im Interview mit Johannes Rüster sagt sie: "So wie bisher der Lurchi dargestellt war… das war ja vom Psychologischen her bisher eben so, dass er jemanden niedertrat mit seinen tollen Schuhen. Ich habe den Standpunkt vertreten, dass die Zeit in der Gewalt verherrlicht wird, für unsere Kinder in dieser Generation vorbei ist. Es geht nur noch um gesunden Wettbewerb. Er soll ruhig immer gewinnen, mit seinen wunderbaren Salamanderschuhen, aber weil er schneller ist, nicht weil er jemanden tritt. Das war mir ganz wichtig."
Bei all den gravierenden Veränderungen, hielt Smith, die ihre Geschichten selber schrieb, auch an den Vorgaben Schubels fest. So ließ sie Lurchi und seine Freunde in fernen Ländern ihre Abenteuer erleben. Ihr erstes Heft, Nr. 53, führte in die Volksrepublik China. Aber schnell geraten unsere Freunde in die Welt des kaiserlichen Chinas und verhelfen den dortigen Frauen zu bequemen Schuhen. Das zweite Heft präsentiert uns Lurchi in Afrika. In diesem Abenteuer möchte er Tiere beobachten, stößt jedoch auf Wilderer und nimmt diese mit Hilfe der Tiere gefangen. Im dritten und letzten Heft betreten Lurchi und Co das Land der Indianer, genauer gesagt das der Cherokesen. Wie in den beiden anderen Heften ist es Brigitte Smith ein großes Anliegen, Lurchi als kommunikativen Charakter darzustellen, der seine Konflikte weniger mit Wagemut und Gewalt löst, als vielmehr mit hilfreichen Gesprächen. Aus dem „Hans Dampf in allen Gassen“ ist ein pazifistischer Flower-Power-Held geworden, durch dessen Abenteuer und Taten die jungen Leser für die Probleme der modernen Welt sensibilisiert werden sollten. Dieser Richtungswechsel war erstaunlich und wurde nicht immer richtig interpretiert.
Soviel zu diesem Textauszug.
Mehr dazu ist dann im umfangreichen Sprechblase #221-Beitrag zu lesen.
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