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geschrieben von Peixe am
Donnerstag, 23. Dezember 2010
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Mittelalterliche Potenzmittel
 Trotz des fantastischen Titels basiert „Auf der Suche nach dem Einhorn“ auf einer wahren Begebenheit im 15. Jahrhundert, die Juan Eslava Galán im gleichnamigen Roman niedergeschrieben hat; letzterer war in Spanien ein riesiger Publikumserfolg (ausgezeichnet mit dem renommierten spanischen Literaturpreis Prix Planeta). Die Lebensgefährten Ana Mirallès und Emilio Ruiz Zavalas haben diesen historischen Roman nun für Comickenner und Spanienliebhaber adaptiert.
Zu Zeiten als der demografische Wandel und die Zukunft des Landes noch allein von der Fruchtbarkeit des Königgeschlechts abhing, bekommt Juan de Olid aus Kastilien einen pikanten Auftrag. Um die Erektions- und Zeugungsfähigkeit des Königs Heinrich wiederherzustellen, bedarf es einer medizinischen Zutat: Pulver vom Horn eines Einhorns! (Wer jetzt lacht, sollte unsere medizinischen Selbstverständlichkeiten mal mit der Medizin in anderen Ländern Europas und anderswo vergleichen: Was des einen Vorschrift, ist des anderen Verbot!) Die heikle Mission, an der das Landesschicksal hängt, beginnt mit einer Internetbestellung Viagra bei DocMorris und der Lieferung per Billigflieger, halt, nein, damals, im 15. Jahrhundert, steckte die Globalisierung ja noch in den Kinderschuhen und ein solcher Auftrag bedurfte eines großen Teams, inklusive Jungfrau, um das Einhorn anzulocken, und es brauchte einige entbehrliche und abenteuerliche Jahre, wofür heute ein Internetklick und eine Kreditkarte ausreichen (für das, was per Spam unablässig beworben wird).
Diese Expedition beschreiben die Autoren mit Hingabe ans Detail und sanft koloriert. Das mittelalterliche Denken und Empfinden spielen hinein, die diversen Charaktere der Expeditionsteilnehmer, Christentum und Islam im 15. Jahrhundert, Begegnungen in Ostafrika und auch der langsam nagende Zweifel am Sinn des ganzen Unternehmens, der Juan bei aller Loyalität zu König Heinrich langsam beschleicht.
Eine ungewöhnliche Erzählung, die bisweilen auch übliche Erzählgewohnheiten durchbricht, da sie auf einer wahren Begebenheit basiert und historisch geerdet ist. Diese Hintergründe führen dazu, dass viele Skurrilitäten der damaligen Zeit erhalten geblieben sind: schon allein die Suche nach dem Einhorn, die letztendlich auch gelingt (!), ohne dass der Roman ins Fantasy-Genre abgleitet! Die historische Erzählung führt auch dazu, dass klassische Erzählgewohnheiten und Lesererwartungen gebrochen werden, was ich genossen habe: wenn nicht jede auffällige Begebenheit im Gesamtkonzept wieder aufgegriffen werden muss (erstaunlich, wie genormt doch konstruierte Geschichten immer sind...). So kann der Verräter Erfolg haben, in der Ignoranz der damaligen Zeit politisch Unkorrektes gesagt und Grausamkeiten verübt werden und sogar eine Frau sich in den ‚falschen’ Mann verlieben – und alles ist keine bewusste Provokation der Leserhoffnung, sondern schlichtweg Zufall und Willkür, so wie das wirkliche Leben eben.
Die Aufmachung ist schön, sogar mit historischer Karte, auf der die Marschroute der Expedition eingetragen ist. Und das 8-seitige Interview mit der Zeichnerin und dem Szenaristen ist angereichert mit Bleistiftzeichnungen und Skizzen, sehr fein! Nur eines: Mir persönlich hätte das ursprünglich geplante Titelbild (s. Rückseite des Buches und Beispiel) besser gefallen.
2009 wurde Ana Miralles (spanische Schreibweise) als erste Frau mit dem Preis "Gran Premio del Salón" auf dem Comic Festival in Barcelona geehrt.
Ana Mirallès (französische Schreibweise), mittlerweile 51-jährige Comiczeichnerin aus Spanien, die schon seit 1982 veröffentlicht und stets erotische Akzente in ihren Werken setzt, wurde bekannt durch ihre Trilogie Eva Médusa, ebenfalls historisch in den 20er-Jahren in Brasilien angesiedelt. Aktuell erscheint in ihrer Reihe Djinn bereits der 10. Band. Mit ihrem Lebensgefährten Emilio Ruiz hat sie bereits 1990 ihr erstes Schwarz-weiß-Album El Brillo de una Mirada (später koloriert, in Frankreich Corps à corps) veröffentlicht.
Auf der Suche nach dem Einhorn
Grafik: Ana Mirallès / Emilio Ruiz
Szenario: Juan Eslava Galáns gleichnamiger Roman
mit einem Interview mit den Autoren als Nachtrag
158 Seiten, Hardcover, Farbe
Ehapa Comic Collection, Köln, 39,95 Euro
2009
Auf der Suche nach dem Einhorn kannst Du hier gerne kaufen.
(c) der Abb.: Ehapa und Mirallès / Ruiz
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