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geschrieben von M.Hüster am
Freitag, 18. September 2009
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„THE STAFF“ und „JULIUS“
Comicon ist in Deutschland ein bekannter Begriff als Comic-Schmiede. Personell verbindet man mit dem Zeichenstudio Namen wie Peter Wiechmann und Pepe Ferré, die das Studio im Sommer 1988 als COMICON S.L. in Barcelona gründeten. Wiechmann (vormals langjähriger Redaktionsleiter und Programmchef im renommierten Kauka-Verlag) brachte den Namen in das Unternehmen mit ein. Unter demselben Label hatte er bis dahin bereits 10 Jahre lang gemeinsam mit Alfred Kipka ein Produktionsstudio in München geführt. In kürzester Zeit nahm das junge Studio in Spanien Fahrt auf und spezialisierte sich schnell auf den mitteleuropäischen Kinder- und Jugendmarkt mit einem Schwerpunkt bei deutschsprachigen Kiosk-Publikationen.
Kontinuierliches Wachstum führte schließlich dazu, dass weitere Unterstützung nötig wurde: 1996 holte man daher Christof Ruoss (freischaffender Allrounder im deutschen Comic-Geschehen der Mit-Neunziger) an Bord. Als Studioleiter kümmert er sich fortan um Organisation und Optimierung der Produktionsabläufe und schafft Raum für kreative Neuorientierung. Auch der Pressemarkt im Ganzen durchläuft im ausgehenden Jahrtausend wichtige Umwälzungen. COMICON baut in den kommenden Jahren die Servicepalette massiv aus, um dieser komplexen Marktentwicklung zu begegnen.
Ende 1997 nimmt Wiechmann dann, nach mehr als 35 Jahren bewegten Comic-Schaffens, seinen Abschied. Christof Ruoss übernimmt in fliegendem Wechsel und führte das Studio gemeinsam mit Pepe Ferré ins neue Jahrtausend. Zunehmende Automatisierung und ein dynamisch wachsender Mitarbeiterstab machen COMICON schließlich zu dem, was es heute – gut 20 Jahre nach seiner Gründung – ist: ein Kreativ-Produktionsstudio, das aus dem aktuellen deutschsprachigen Kinder- und Jugendpresse-Geschehen kaum wegzudenken wäre.
Comic-Macher Christof Ruoss liefert im nachfolgenden Interview Infos zu seiner Person, über das Zeichenstudio COMICON und die zwei Online-Strips „THE STAFF“ und „JULIUS“ auf der Studio-Homepage. In „The Staff“ parodieren die Autoren in witziger Weise den Alltag in ihrem Zeichenstudio und in „Julius“ erlebt ein Kalmar und seine tierischen Freunde jede Menge Abenteuer in eisigen Regionen.
Hallo Christof! Wie bist du zu den Comics gekommen, was hast du vor Comicon gemacht, wie bist du zu Comicon gekommen und welches sind deine aktuellen Aufgaben bei COMICON?
Christof Ruoss: Zu den Comics kam ich aus Spaß am Lesen und aus Lust am Zeichnen. Meine ersten, auch heute noch nachvollziehbaren Schritte in der Welt der bunten Bilder tat ich in den frühen Neunziger Jahren. Zuerst als Redaktionsverantwortlicher des eher kurzlebigen aber ambitionierten Edel-Zines CAISERS SEHR FEINE COMICS und kurz darauf als Mit-Initiator und Herausgeber des auch heute noch aktiven COMIC-Kostenlos-Projekts MOGA MOBO.
Beide Projekte gingen aus der Stuttgarter Szene dieser Jahre hervor. Ich stamme aus der Schwaben-Metropole und dort erreichte mich auch im Herbst 1995 das Angebot von Peter Wiechmann und Pepe Ferré, mich als ‚Produktionsleiter’ dem Studio im katalonischen Barcelona anzuschließen. Was genau uns damals eigentlich zusammen gebracht hatte, das kann ich gar nicht mehr so genau rekonstruieren. Der professionelle Markt in diesem Geschäft ist nach wie vor – selbst auf internationaler Ebene – recht überschaubar. Da kommt auf lange Sicht einfach zueinander, was zueinander gehört.
Was meine aktuellen Aufgaben bei COMICON anbelangt, so ist das eine lange Liste die so ziemlich alles umfasst, was in einem solchen Studio eben zu tun anfällt. Die organisatorisch-planerischen Aufgaben haben dabei zwar eindeutig den Vorrang, darüber hinaus trage ich aber auch kreative Verantwortung für etliche unserer Produktionen. Und ab und zu komme ich sogar noch zum Schreiben von Story-Manuskripten und Serienkonzepten oder auch zum Scribbeln einzelner Comic-Episoden. Als Kreativer steht mein eigenes Wirken jedoch weit hinter dem jedes einzelnen unserer künstlerischen Mitarbeiter zurück.
Wer aufmerksam die COMICON-Homepage liest, der wird feststellen, dass euer Team unglaublich vielseitig ist. In welchen Bereichen seid ihr im Rahmen eurer Studioarbeit tätig?
Christof Ruoss: Diese Vielseitigkeit ergibt sich aus unserem Vorsatz, zunächst einmal JEDER Kundenanforderung professionell gerecht werden zu können. Erreicht wird so eine Bandbreite aber einzig und allein mit Hilfe eines großen, erfahrenen und motivierten Mitarbeiterstabs. Selbst der bestausgebildete Allround-Künstler kann nicht jeden Stil umsetzen. Absolute Top-Illustratoren tun sich manchmal schwer mit den Gesetzmäßigkeiten grafischen Erzählens und so mancher Comic-Profi hat Schwierigkeiten, die Besonderheiten effizienter Werbe-Illustration zu durchschauen. Das Geheimnis liegt daher im Miteinander. Aus einem großen Kreis von Kollegen versuchen wir stets diejenigen zu einem schlagkräftigen Team zusammenzuschweißen, deren unterschiedliche Talente sich für das jeweilige Projekt- oder Serienprofil am besten ergänzen.
Trotz aller Vielseitigkeit unseres kreativen Angebots liegt der Schwerpunkt und die Grundlage all unserer Projekte jedoch stets im Erzählen mit Bildern. Egal ob wir an der Kreation einer Werbefigur, Artwork für Nintendo-Games, Online-Auftritten oder Pappen-Bilderbüchern, Activity-Konzepten und Bildergeschichten für ein Vorschul-Magazin, einem Style-Guide für ein neues Merchandising-Thema oder an Comic-Episoden für John Sinclair, TKKG oder Digimon arbeiten – es geht dabei immer um die Umsetzung bildhafter Erzählwelten!
Auf eurer Homepage präsentiert ihr mit „THE STAFF“ und „JULIUS“ aktuell zwei witzige Online-Comic-Strips. Stell doch bitte beide Comic-Strips inhaltlich und deren Macher vor!
Christof Ruoss: THE STAFF ist sozusagen unsere ‚Haus-Serie mit autobiografischem Hintergrund’. Die Autoren Alexis Capera und Sergi San Julian erzählen darin Anekdoten und kleine Insider-Gags aus unserem Studio-Alltag. Natürlich tun sie das mit einem gerüttelt Maß an erzählerischer Freiheit und so manch pointierter Übertreibung. Das Meiste aus den knapp 70 Folgen hat allerdings durchaus einen realen Hintergrund und wir Kollegen im Studio können jeden neuen Gag der ihm zugrunde liegenden Situation zuordnen. Alexis und Sergi haben sich und vielen anderen Kollegen mit diesem Strip ein kleines, verschlüsseltes, Denkmal gesetzt (und auch ich selbst komme nur selten ungeschoren bei dem turbulenten Geschehen im STAFF-Studio KOMIKONG davon).
JULIUS ist das ganz persönliche Projekt unseres langjährigen Mitarbeiters Julian Jordan und seines Inkers Tran. Auf der Bühne eines imaginären antarktischen Phantasieparadieses agiert eine Vielzahl tierischer Charakterköpfe - vom Namensgebenden und leicht philosophischen Kalmar Julius über skurrile Robben, Pinguine, Seelöwen, Albatrosse, Seesterne und allerhand sonstiger Schalentiere bis hin zum etwas naiven Einsiedlerkrebs Tran - als Spiegel einer allzu menschlichen Gesellschaft. Auch in dieser Serie haben Julian und sein Inker Luis Jose Beltran allerlei Anspielungen auf sich selbst und zahlreiche Kollegen eingebaut. Der augenzwinkernde Humor des unterhaltsamen Family-Strips ist aber auch ohne jegliches Hintergrundwissen zugänglich.
Alle vier Autoren der beiden Strips sind seit vielen Jahren für Comicon aktiv und haben auch abseits unserer Studio-Strukturen bereits eine vielschichtige Biografie als Comic-Profis vorzuweisen:
Alexis Capera ist Anfang 30 und seit gut 10 Jahren für Comicon aktiv. Mit uns hat er unter anderem jahrelang Comics, Covers und Activityseiten für das renommierte EGMONT-Magazin ‚Disney&Me’ (‚Disney und Du’ in Deutschland) sowie einen Großteil des Artworks für ‚Diddl’s Käseblatt’ in seiner einfühlsamen handgemachten Farbgebung koloriert. Neben seiner Arbeit für das Studio schreibt, entwirft, zeichnet und malt er Bilderbücher nach eigenen Ideen, von denen bereits zwei bei verschiedenen spanischen Verlagen erschienen sind. Alexis ist für die meisten Gag-Ideen von ‚The Staff’ verantwortlich.
Sergi San Julian ist ebenfalls gerade erst 30 Jahre alt. Er zeichnete alle STAFF-Episoden und liefert auch so manche Gag-Idee dazu. Für Comicon arbeitete er u.a. an HIRO, POKI & ITO, TECHNOMAGE und TKKG. Derzeit befindet sich ein komplett neues Serienkonzept aus meiner Feder und Sergis Zeichenstift für einen unserer Verlagskunden in Vorbereitung. Die Arbeit für Comicon ist bei Sergi allerdings stets nur ‚Nebensache’. Er hat viel zu viele eigene Projekte am Laufen, um sich durch unsere ‚kommerzielle’ Arbeit die Zeit stehlen zu lassen: vor etwas mehr als 10 Jahren machte er sich in spanischen Fan-Kreisen einen Namen mit dem durchgeknallten Fantasy -Funny GORKA. In den letzten Jahren sorgte vor allem sein Artwork in Zusammenarbeit mit dem französischen Autor Dominique Latil für die Dargaud-Serie INTERFACE und seine Ende vergangenen Jahres erschienene Graphic-Novel LA CUENTA ATRÁS (Der Countdown) für Aufsehen.
Es ist sicher legitim, Julian Jordan und Luis Jose Beltran – beide Ende 40 - in einem Atemzug zu nennen. Die künstlerische Symbiose zwischen dem erfahrenen Penciller und seinem langjährigen Inker reicht bereits vor die Zeit der Comicon-Gründung zurück: in den gut 25 Jahren ihres gemeinsamen Schaffens arbeiteten sie gemeinsam an so bekannten und erfolgreichen Serien wie Disneys Micky Maus und Donald Duck, Pingu, Biene Maya, Bibi Blocksberg, Sesamstraße und last but not least auch Fix & Foxi. Das meiste davon entstand unter der Flagge von COMICON, aber auch abseits des Studios blieb den beiden stets noch genug Zeit, um eigene Buch- und Serienprojekte für spanische Verlagskunden und schließlich das freie Projekt JULIUS zu erarbeiten.
Wie sind die Ideen zu den beiden Strips entstanden?
Christof Ruoss: ‚The Staff’ entstand auf meine Anregung im Herbst 2004, als wir dabei waren, den Launch unserer ersten COMICON-Webseite vorzubereiten. Alexis und Sergi nahmen den Gedanken begeistert auf und führen ihn seither mit dankenswerter Beharrlichkeit fort. Der Studioalltag ist einfach eine unerschöpfliche Quelle neuer Gags und schräger Erlebnisse.
‚Julius’ hingegen ist das persönliche Projekt von Julian Jordan, mit dem er sich vor einigen Jahren ein kleines Steckenpferd neben der Vielzahl seiner Auftragsarbeiten geschaffen hat. Die Idee entstand wohl an einem der seltenen Tage, an denen im Atelier von Julian und Tran gerade mal nichts allzu Dringendes auf den Zeichentischen vorlag. Die beiden begannen, ein Paar wenige Gags um sich selbst und den Freundes- und Familienkreis ihrer Ateliergemeinschaft herum aufzuzeichnen und rasch wurde daraus ein Comic-Strip-Projekt welches es bis heute auf gut 150 Strip-Folgen gebracht hat.
Die Strips sehen noch klassisch gezeichnet aus …
Christof Ruoss: Das sind sie auch! Wie übrigens fast alles, was bis heute aus dem Hause Comicon kommt! Nur beim Colouring und beim Lettern nehmen wir für diese Strips den Rechner zu Hilfe. Das halte ich – bis auf ganz wenige Ausnahmen bei Serien, welche ganz bewusst für eine rein digitale Produktion entworfen und gestaltet wurden - zum derzeitigen Zeitpunkt auch weiterhin für die beste und einzige Möglichkeit, wirklich lebendige, dynamische und persönliche Comics zu machen. Mancher Zeichner nimmt zwar inzwischen durchaus auch für die verschiedenen Strich- oder Entwurfs-Schritte digitale Grafik-Tabletts zur Hilfe, dass Ergebnis dabei ist und bleibt jedoch ein ‚handgemachtes’.
Welchen Einfluss haben Online-Comics deiner Meinung nach ggf. auf den Comic-Markt?
Christof Ruoss: Ganz gewiss einen größeren als sich die meisten Akteure des ‚konventionellen’ Marktes gerne eingestehen möchten. Das Internet macht es möglich, dass Leute zu Shooting-Stars werden welche nach den konventionellen Auswahlkriterien der marktbeherrschenden Verlage u.U. ’durch den Rost’ gefallen wären. Wenn diese Leute dann kurz darauf von eben diesen Verlagen unter Vertrag genommen werden und somit auch im herkömmlichen Printmarkt Auflage machen, so beeinflusst das nachhaltig sowohl die künftige Programmpolitik der Verlage als auch die darauf folgenden Künstlergenerationen und ihre Arbeit. Trotzdem werden die meisten im Internet mit eigenen Comic-Sites aktiven Künstler bestätigen, dass das Netz zwar eine fantastische Spielwiese, nie dagewesene Verbreitungsmöglichkeiten und direktes Feedback der Fans bietet, rein wirtschaftlich gesehen aber immer noch kaum jemand OHNE den herkömmlichen Printmarkt überleben könnte.
Christof, vielen Dank für die Infos rund um Comicon und die lustigen Online-Comic-Strips!
Mehr zu sehen gibt's auf der Homepage: http://www.comicon-barcelona.com/
LESEPROBE zu The Staff
LESEPROBE zu Julius"
(c) der Abb.: Comicon und Autoren
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