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geschrieben von Peixe am
Sonntag, 08. Februar 2009
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Düstere Killerserie mit fatalen Aussetzern!
 „Torpedo“ ist eine rabenschwarze, von düsterem Humor durchzogene spanische, 80er-Jahre-Reihe über einen italienischen Auftragskiller in den Vereinigten Staaten zur Zeit von Al Capone, auch wenn Al keinen persönlichen Auftritt bekommt. Unverzeihlich, dass gerade die neueren Bände einige Episoden enthalten, die Ideenlosigkeit kaschieren, indem sie ihren Zynismus und ihre Menschenverachtung ins Widerwärtige steigern.
Dem Verlag Crosscult kommt die Ehre zu, von 2006-2008 die spanische Gesamtausgabe ins Deutsche übersetzt und dadurch viele, hier nie bekannt gewordene Episoden erstmals in deutscher Sprache zugänglich gemacht zu haben. Wer wissen will, welche Episode wo untergebracht wurde, weil er frühere Ausgaben schon besitzt, der findet im Forum von Crosscult eine Übersicht Bei der Gesamtausgabe wurde das Bildformat im Verhältnis zur Carlsen Pocket Ausgabe um 25 % verkleinert um 6 statt 4 Panels auf eine Seite platzieren zu können; noch kleiner wäre beim bestem Willen nicht zumutbar gewesen.
Hervorragend ist die Aufmachung. Sie bietet nicht nur in jedem Band Informationen zu den Autoren an, sondern liefert (über die spanische Ausgabe hinaus) in allen 5 Bänden Hintergrundberichte mit: ein Gespräch mit Abuli (Bd. 1), Torpedo in einer Bühnenadaption (Bd. 2), Torpedo in der Zeit von Al Capone (Bd. 3), Luca Torelli in der Reihe der „hard boiled“-Typen (Bd. 4) und Berufskiller im Vergleich (Bd. 5). Besonders in den letzten dreien verortet Jens R. Nielsen, Verfasser dieser Anhänge, die Hauptfigur exzellent in ihrer Zeitgeschichte und ihrem Genre.
Inhaltlich stehen alle Episoden für sich. In loser Reihe erfährt man ab und an etwas zur Kindheit und zum Werdegang von Torelli und wie sein „Diener“ (Torelli) bzw. sein „Partner“ (Rascal selber) Rascal angeheuert wurde. Eine Mini-Serie mit einer Gaunerin, die Torpedo gleich dreimal in Folge ganz gewaltig hereinlegt, ist der einzige Episoden übergreifende Zusammenhang. Ansonsten haben sich die Autoren nicht die Mühe gemacht, sich ergänzende Geschichten zu konzeptionieren und damit eine Metageschichte oder andere Entwicklungen in ihr Gesamtwerk einzuweben. Man kann in die Reihe mit jedem Band ein- und wieder aussteigen.
Die ersten beiden Episoden im ersten Band hatte 1981 noch der US-Amerikaner Alex Toth gezeichnet, sich dann aber wegen der Härte der Geschichten Abulis zurückgezogen. Seither führt der Autor und Texter Enrique Sánchez Abulí die Reihe um Luca Torelli, genannt „Torpedo“ mit dem Zeichner Jordi Bernet fort. Und tatsächlich erfassen die Zeichnungen von Bernet mit den tieferen Falten in Torellis Gesicht mehr von den inneren Zerwürfnissen der Hauptfigur und einem düsteren Szenario, das jedem „Film noir“ Ehre machen würde.
Torpedo ist kein Bänker, zu dessen Tagewerk es gehört, seinen Kunden faule Kredite aufzuschwätzen. Luca Torelli verdient seinen Lebensunterhalt als Killer. In jeder Episode gehört es zu seinem Berufsalltag wenigstens ein, zwei Menschen zu ermorden. Er ist in keiner Weise ein strahlender, nicht einmal schillernder Held, sondern verdorben und ohne Wertmaßstäbe. Wer sich daran grundsätzlich stört, hat sich ins falsche Genre verirrt.
Dabei schaffen es Zeichner und Autor, dieses immer gleiche Thema auf beeindruckende Weise zu variieren. Die 5 Bände enthalten jeweils zirka 11 kürzere Episoden, die der immer gleichen Thematik Leben einhauchen. Grob gefasst gibt es zwei Varianten: Entweder schafft es Torpedo mit seinem Assistenten Rascal, den Auftrag mit einiger Raffinesse zu erledigen oder die Gegenseite beweist noch mehr Raffinesse und Torpedo ist der bis auf die Knochen Blamierte. Vor allem dieser Variationsreichtum trägt den Leser (bis auf einige scheußliche Aussetzer, s. unten) in flottem Tempo durch die Reihe und das Leben des Luca Torelli. Amüsant ist zum Beispiel, dass der stets korrekt gekleidete und auf sein feines Äußere bedachte Torpedo durch die verdrehte Benutzung von Fremdwörtern seinen inneren Bauerntölpel nach außen kehrt. Im Laufe der Geschichte zeichnen sich seine Wortspiele und Wortverdreher von eingeschliffenen Phrasen zunehmend durch ihren Hintersinn aus. Dieser herrliche Humor verkehrt sich ab Band 4 leider oft ins Kindische. Die neueren Bände enthalten zudem auch mäßig originelle Geschichten.
Die vernichtendste Kritik betrifft die Darstellung von Kindesmissbrauch als Zwangsprostitution, Inzest zwischen Mutter und Sohn, Nötigung zu sexuellen Handlungen zwischen Minderjährigen und Vergewaltigungen. Dass diese Szenarien als Hintergrund für billige Scherze so nebenbei eingespielt werden, ist diesen Themen gegenüber nicht nur unsensibel und grenzwertig, sondern gänzlich überflüssig. Ein besonders widerliches Beispiel ist die Art, wie sich Torpedo an einer Frau rächen will, die ihn wiederholt mit ihrem überlegenen Witz überlistet hat. Er entführt sie und ihren kleinen Jungen, liefert sie Vergewaltigern aus und stellt ihr Kind einem Kinderschänder zur Verfügung. Die Tatsache, dass wenigstens der Junge ohne Missbrauch entkommt, rettet die Konzeption nicht, ist nicht nur düster-noir, sondern widerwärtig. An diesen Stellen wünsche ich mir einen Frank Miller, der bei aller Härte in seinen Sin City-Comics Kindesmissbrauch nicht mal eben als billigen Hintergrund für eine läppische Episode verwendet und keinen Spielraum für dessen Akzeptanz lässt.
Torpedo. Gesamtwerk in 5 Bänden
Text: Enrique Sánchez Abulí, Zeichnungen: Jordi Bernet
151 Seiten, Hardcover, s/w
Amigo Grafik, Asperg (crosscult), 18 Euro
Torpedo 1 kannst Du (trotz aller Kritik, oder gerade deswegen) HIER kaufen.
Torpedo 2 kannst Du HIER kaufen.
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Weitere (ältere) Meinungen zur Serie Torpedo könnt ihr hier und hier nachlesen.
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