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geschrieben von Maqz am
Donnerstag, 14. Februar 2008
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Hannoveraner Comics
Er zeichnert Superhelden für ein Stadtmagazin in Hannover, kreiert sympathische Pümpel für die Stadtentwässerungswerke und hat einiges an erotischen, politischen oder ganz abgedrehte Geschichten auf der Pfanne: Michael Fredrich erzäht uns in diesem Exklusivinterview, u.a. warum Hannover kreativer ist, als sein Ruf.
ComicRadioShow: Hallo Michael! Siehst Du dich selber eigentlich eher als Comiczeichner, Cartoonist oder Illustrator?
Michael Fredrich: Am ehesten als Cartoonist, obwohl ich genau das zurzeit am wenigsten mache. Für Comics zeichne ich zu ungenau, und als Illustrator sind meine technischen Fertigkeiten und Kenntnisse eigentlich zu gering. Bei Cartoons hingegen sind meine Gagideen ein echter Mehrwert, und die optische Umsetzung kriege ich auch ganz gut hin. Seltsamerweise kann ich mir dafür fast nichts kaufen; Geld kommt durch die Illustrationen herein, und der Comic "Hanoman", den ich für das hannoversche Stadtmagazin "Stadtkind" zeichne, frisst die meiste Zeit.
CRS: Für welche Arbeit/Kunst/Musik sollten Dich Deine
aktuellen/zukünftigen Fans am ehesten (er)kennen?
Michael Fredrich: Am liebsten für die Cartoons...
CRS: Wirst Du oft Michael Friedrich genannt?
Michael Fredrich: In 90% der Fälle. Ich danke dir sehr für diese Frage, denn sie gibt mir die Gelegenheit, noch einmal klarzustellen, dass ich "Fredrich" heiße, nicht "Friedrich".
CRS: Wie umschreibst Du Deine Comics und Cartoons am ehesten?
Michael Fredrich: Klassischer Stil?
CRS: Wann und aus welchem Grund hast Du angefangen zu zeichnen?
Michael Fredrich: Als Kind und Jugendlicher habe ich immer viel gezeichnet, Comics vor allem, aber als ich dann kurz vorm Erwachsenwerden begann, gewisse Mindestanforderungen an die Qualität meiner Zeichnungen zu stellen, wurde mir das zu mühsam. Dann habe ich nur noch gezeichnet, wenn ich irgendetwas Langweiliges über mich ergehen lassen musste, z.B. bestimmte Vorlesungen im Studium. Was ich da gezeichnet habe, war dann aber immer zum Lachen gedacht, nie einfach nur dekorativ. (Dekorativ eher gar nicht.) Meine Mitstudentinnen haben damals schon gesagt, ich sollte sowas mal ernsthaft machen, aber ich habe das nie ernst genommen. Ernsthaft was Lustiges machen???
In einem ernsthaften Beruf habe ich aber nie Fuß fassen können, und dann landete ich irgendwann in einem Arbeitsamt-gesponserten Fortbildungskurs mit dem Titel "Redakteur/Online-Redakteur". Da habe ich mal einen Übungsartikel zum Thema Karikaturen geschrieben und zum Spaß selber zwei Cartoons dazu gemacht. Und die Dozenten, allesamt echte Journalisten, meinten: "Versuch das doch mal!" Die letzten 6 Wochen des Kurses waren wir angehalten, jeden Tag etwas zu produzieren, einen Printartikel oder einen Hörfunkbeitrag, und da habe ich eben täglich einen Cartoon gemacht und merkte, dass ich das tatsächlich kann. Bis zum Geldverdienen war es aber von da noch ein langer, zufallsgestützter Weg...
CRS: Kannst Du vom Zeichnen Deine Miete zahlen, oder musst Du nebenbei Taxi fahren?
Michael Fredrich: Im Moment ja, denn für die Stadtentwässerung Hannover zeichne ich ihr Maskottchen "Paul Pümpel", das ich auch mitentwickelt habe. Die Stadtentwässerung will damit Kindern, aber auch Erwachsenen mit einem Schmunzeln ökologisch vorteilhaftes Verhalten nahelegen. Das größte Projekt dabei war ein Malbuch, sonst sind es Postkarten und Poster.
Dass es dazu kam, benötigte es eine irrsinnig lange Kette von Zufällen, die vor 10 Jahren begann, einen platten Fahrradreifen an einem ganz bestimmten Tag vor 9 Jahren notwendig erforderte, und aus der man fast einen Roman machen könnte. An deren Ende steht ein Kumpel von mir namens Pedro Prüser, der Comedy-Künstler ist und bei einem Auftritt den PR-Zuständigen der Stadtentwässerung Helmut Lemke kennenlernte. Pedro hatte dann die Idee zu einem sprechenden Pümpel als Maskottchen, und die gezeichnete Form habe ich dann entwickelt. Ideen entwickeln Pedro und ich zusammen, mit recht weit gefassten Vorgaben durch die Stadtentwässerung. Was dabei herausgekommen ist, kann man auf www.paulpuempel.de besichtigen.
CRS: Was willst Du mit einen Comics erreichen? (Spass machen, Frauenabschleppen, die Welt retten?)
Michael Fredrich: Na, Geld verdienen natürlich, harhar, I'm only in it for the money! Aber wenn ich's schon mache, dann will ich die Leute auch amüsieren und zum Lachen bringen. Frauen kann man damit sowieso nicht abschleppen, und die Welt ist, glaube ich, trotz Islamismus, Scientology und Artensterben auf einem ganz guten Weg. Wie fürchterlich die Leute vor ein paar Tausend Jahren noch drauf waren, kann man in griechischen Sagen und der Bibel nachlesen. Da ist die Menschheit doch um einiges humaner geworden.
CRS: Wer ist (ausser Lewis Trondheim) Dein zeichnerisches Vorbild?
Michael Fredrich: Der unerreichbare Franquin. Kann man an der Art und Weise sehen, wie ich Gesichter zeichne. Obwohl, neulich habe ich zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder Hergés "Flug 714 nach Sidney" gelesen und dort einen Gag und ein ganz bestimmtes Geräusch entdeckt, die ich in "Hanoman" verwendet habe - ganz offensichtlich unbewusst geklaut.
Trondheim ist eher inhaltlich Vorbild, durch seine Produktivität und das unglaublich hohe Niveau. Die Charaktere sind bei ihm so nachvollziehbar dargestellt, viel realer als bei Franquin. Bei Trondheim denke ich immer : "Solche Leute kenn ich auch!"
Ralf Ruthe meinte sogar, ich hätte die Art meiner Unterschrift von Franquin geklaut. Ich dachte eigentlich, ich hätte sie von Fournier geklaut. Später stellte ich überrascht fest, dass ich sie von Hermann (Huppen) geklaut habe.
CRS: Magst Du in Zukunft einmal so zeichnen wie z.B. Uli Stein, Ralf König oder Jean Giraud?
Michael Fredrich: Na ja, wie Uli Stein zeichne ich doch fast... Ralf Königs Stil spricht mich nicht so an, so dass ich kaum etwas von ihm gelesen habe, aber das wenige war inhaltlich wirklich großartig, sein Erfolg ist absolut verdient. Jean Giraud ist fast so beeindruckend wie Franquin, aber da gibt's zu wenige Lacher drin.
CRS: Warum machst Du derzeit weniger Musik und mehr Comics/Cartoons?
Michael Fredrich: Für die Musik habe ich derzeit keine Zielsetzungen. Es gibt keine Leute, die meine musikalischen Vorstellungen teilen und mit mir an einem Strang ziehen würden. Zuhause spiele ich schon mal zur Entspannung alleine was, und auf Partys machen Pedro und ich auch immer Spontanmusik, und das reicht mir eigentlich auch.
CRS: Was ist beliebter bei Deinen Fans Die Musik, oder die Comics?
Michael Fredrich: Die Musik ist ja nur so nebenbei auf der Seite, da krieg ich gar kein Feedback, aber es ist immer interessant, dass es so was wie Charts gibt, weil natürlich auch ausgewertet wird, wie oft die einzelnen Stücke angeklickt werden.
CRS: Ist es schwer witziges aus/in Hannover zu zeichnen?
Michael Fredrich: Nein, sollte es? Die Stadt ist auch längst nicht so langweilig wie ihr Image. Ich wüsste nicht, wie Hannover allgemein der Kreativität im Wege stehen könnte. Ich bin allerdings auch nicht von hier.
Bei "Hanoman", der Comicserie im Stadtkind, die auch in Hannover spielt, ist das sogar besonders leicht! Der Herausgeber vom Stadtkind Hannovermagazin schlug mir vor, eine Superheldenparodie zu machen, die in Hannover spielt. Von der Idee war ich zuerst überhaupt nicht begeistert, weil ich Superhelden eigentlich nicht mag. Aber dann hatte ich so viele Ideen, die ich gut fand, dass ich Lust bekam, den Comic zu lesen. Das Problem dabei war, dass ich, um ihn zu lesen, den Comic auch *zeichnen* muss...
CRS: Was/Wer inspiriert Dich für Deine Gags?
Michael Fredrich: Alles mögliche - seltsamerweise habe ich oft gute Ideen beim Fönen...
CRS: Wie kommen Deine politischen Zeichnungen (z.B. der Fussballschädel-Spiel in Afghanistan) bei Deinen Lesern an?
Michael Fredrich: Da gibt's manchmal ein geteiltes Echo. Der mit dem CIA-Entführungsvideo hat mal eine Debatte auf irgendeinem Forum ausgelöst, ob man sowas machen kann oder nicht. Meine Mutter sagt immer, über Islamisten dürfe ich keine Cartoons machen, weil die sonst eines Tages kämen...
Meistens gibt's aber gar kein Echo. Vielleicht sollte ich mal eine Kommentarfunktion einbauen wie auf www.zwarwald.de .
CRS: Werden Deine Comics/Cartoons mit sexuellen Themen häufiger angeklickt,als Die anderen.
Michael Fredrich: Nicht dass ich wüsste... hab ich aber auch nie ausgewertet.
CRS: Welches Feedback bekommst Du von Deinen Fans?
Michael Fredrich: Unspezifisches ("Deine Sachen sind toll!" und so), aber zum Glück nur positives, denn die Leute, die's nicht mögen, ignorieren meine Seite dann einfach.
CRS: Was sagen eigentlich Deine Eltern über Deine Cartoons?
Michael Fredrich: Wenn ich sie ihnen zeige, müssen sie auch oft lachen, sonst nichts. Und meine Mutter erschrickt immer, wenn Islamisten drin vorkommen: "Das *darfst* du nicht!"
CRS: Wo sind Deine Werke überall zu sehen?
Michael Fredrich: Auf meiner Website, dem Hannovermagazin "Stadtkind" und auf Postkarten und Plakaten der Stadtentwässerung. Als Cartoonist war mein größter Erfolg ein Cartoon, den ich beim letzten Carlsen-Cartoon-Wettbewerb eingereicht habe und der auf der Buchmesse in Frankfurt ausgestellt wurde. (Bei dem Wettbewerb kannte ich allerdings auch eine der Jurorinnen, aber sie schwört, mein Cartoon wäre nicht wegen ihr ausgewählt worden, und denselben Gag hätten auch noch andere eingereicht...)
CRS: Was ist Dein Lieblings-Cartoon? (Dein eigener und der eines anderen Zeichners?)
Michael Fredrich: Von mir ist es dieser hier:
Der ist erstmal schön durchgedreht und völlig absurd, und eigentlich reicht die Pointe "Das ist gar kein Gehirn, sondern Kartoffelbrei" schon. Aber dann wird die Humorschraube mit "Schwester, Gabel!" noch einmal angezogen!
Von anderen ist es dieser von Joscha Sauer:
Der ist um so viele Ecken herum gedacht, wie kein andere Cartoon. Ich könnte immer noch drüber lachen. Aber bisher hat noch keiner gelacht, dem ich diesen Cartoon gezeigt habe. Seltsam, wahrscheinlich habe ich gar keine Ahnung von Cartoons, denn wenn ich irgendwo Cartoons anbiete, werden immer die genommen, die ich am schlechtesten finde.
CRS: Wann gibt's das erste gedruckte Werk von Dir und was wird drin zu finden sein?
Michael Fredrich: Gibt's schon, nämlich das Paul-Pümpel-Malbuch:
Und der Chefredakteur vom Stadtkind behauptet, er wolle "Hanoman" als Album rausbringen, Weihnachten 2008. Aber das glaub ich erst, wenn ich's sehe. Ich müsste dafür den ganzen Comic auch komplett ummontieren. Auch kurios: Superhelden mag ich eigentlich gar nicht, aber der erste lange Comic von mir, der abgedruckt wird, handelt von einem solchen.
CRS: Was können wir in Zukunft noch von Dir erwarten?
Michael Fredrich: Keine Ahnung, ich kann nicht in die Zukunft sehen. Ich habe zwar mehrere Ideen für lange Comics, aber ob ich jemals dazu komme, die auch zu machen, weiß ich nicht. Auch "Hanoman" hatte ich ja nicht geplant. Hätte man mir diese Frage einen Monat, bevor die erste Foge von Hanoman erschien, gestellt, wäre das Letzte, was ich geantwortet hätte, "eine Superheldenparodie" gewesen.
Ich bin schon überfordert, wenn ich der Künstlersozialkasse meine Einkünfte im kommenden Jahr wahrsagen muss. Ob die Wahrsager überhaupt aufnehmen?!?
CRS: Was magst Du den Lesern der ComicRadioShow noch zurufen?
Michael Fredrich: Hallo Leute, schaut mal auf meine Website www.michael-fredrich.de und mailt mir, wie's euch gefällt!
CRS: Vielen Dank für das Gespräch.
Michael Fredrich: Hä? Wieso, wir haben doch das Interview per E-Mail geführt! ;)
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