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geschrieben von gruber am Dienstag, 25. März 2003 (5164 Aufrufe) druckerfreundliche Ansicht
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Agenten-Poker


Kampf den unfähigen Agenten
von wuk

Kein Jockey käme auf die Idee, er könnte ohne Pferd ein Rennen gewinnen. Anders ist das bei manchen Comic-Agenten: Sie glauben offenbar, ihr Pferd müsste sie pünktlich zum Start gefälligst von zu Hause abholen. Wenn Zeichner/innen beim Agenten-Poker auf Leute mit verschrobenen Geschäftspraktiken treffen, ist Zoff vorprogrammiert.


Erreichbar sind sie fast alle ohne Probleme: Kaum ein Agent für Comics oder Cartoons, der nicht spätestens nach dem dritten Telefonklingeln am Hörer klebt. Was diese Leute tagsüber sonst so treiben mögen – wenn sie nie in Konferenzen sind, nie in einem anderen Kundengespräch, nie auf Reisen, um Ausstellungen vorzubereiten oder auswärtige Aktionen für die oft illustre Schar ihrer Zeichner/innen – das ist womöglich ihr wahres Berufsgeheimnis.

Wer aber damit rechnet, bei einem ersten (vielleicht auch nur zufällig erfolgreichen) Anruf auf Kompetenz zu stoßen, hat sich als Anrufer meist schon die erste Fehleinschätzung geleistet.
„Agent“, so steht es im Lexikon, ist eine „Person, die für das eigene Land Staatsgeheimnisse eines anderen Landes ausspioniert“ – oder auch eine „Person, die eine Vermittlung für Künstler betreibt“. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Eine dritte Variante wird im Lexikon schamhaft unterschlagen. Vollständig wäre die Aufzählung mit einer Ergänzung, etwa in dieser Art: „Eine Person, die weder für ihr Land spioniert noch Künstler vermittelt, sondern im Verborgenen nach ureigenen Regeln Geschäfte betreibt, nennt man Comic- oder Cartoon-Agent.“

Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass man als Männchenmaler/in mit guten Ideen, womöglich gar mit zündendem Humor jahrelang vergebens nach rührigen Agenten suchen kann? Es gibt noch ein zweites Erklärungsmodell. So werden immer wieder Thesen laut, wonach die Spezie „agentus comicus, humoris causa“ in Wahrheit nachtaktiv ist – aber dazu später.


Fakt ist: Willkürlich ausgewählte Telefonate quer durch die rund zwei Dutzend einschlägigen Agenten-/Agenturadressen dieser Republik (nicht repräsentativ) können zu verblüffenden Ergebnissen führen. Sicher gibt es auch gute Agenten - unendlich fleißige Lieschen, die sich für ihre Schützlinge Woche für Woche einen Wolf laufen, die korrekt abrechnen und faire Bedingungen bieten. Doch bei den „anderen“, die in der Überzahl zu sein scheinen, läuft alles von Anfang an ganz anders. Der bisherige Spitzenreiter in einer inoffiziellen Hitliste der Unfähigkeiten war unter einer norddeutschen Rufnummer zu erreichen. Hier das Kurz-Gespräch in voller Länge:
„XY-Agentur für Comics, mein Name ist X, guten Tag!“ – „Ja, hallo, ich bin Zeichner und suche eine Agentur, die mich und meine Arbeiten vertritt.“ –„Aha. Und wieso?“ „Tja, allmählich hab‘ ich mit dem Zeichnen so viel zu tun, dass ich mich kaum noch um Vermarktung kümmern kann. Deshalb rufe ich jetzt bei Ihnen an.“ – (Der nordische Gesprächspartner ist kurz, aber spürbar irritiert) „Äh – und wie soll das gehen?“- „Naja, ich schicke Ihnen meine Arbeiten als Kopien zu und Sie verkaufen meine Sachen.“ – „Wie bitte?“ – „Hören Sie, ich rufe doch bei einer Agentur an, oder? Sie machen Geschäfte mit Comics, Cartoons, Karikaturen?“ –„Genau.“ – „Schön. Und ich bin Zeichner, ich könnte Ihnen einige meiner Arbeiten zuliefern.“ – Dann, nach einer weiteren nordischen Pause: „Naja, aber wie soll das funktionieren?“ Hier wurde das Gespräch mittendrin abgebrochen, der telefonhörer aufgelegt – und zwar vom entnervten Anrufer.


Offenbar sollte das Pferd dem Jockey noch erklären, was ein Rennen ist. Wer jetzt glaubt, dieses Gespräch wäre erfunden, hat nur das Glück gehabt, an dieser real existierenden Telefonnummer bisher vorbeigeschrammt zu sein.
Weitere Versuche bei anderen Adressen in Süddeutschland verliefen anders – aber wenig erfolgreicher. Einer der dortigen Agenten ließ sich gerne mit Material beliefern, gab sich rührselig, engagiert, kenntnisreich. Auch er hatte einen der üblichen Standardverträge parat, wonach zweimal pro Jahr (zur Jahresmitte und zum Jahresende) abgerechnet werden sollte. Parallel dazu dürfe während der Vertragszeit keine andere Agentur/Agent beauftragt werden. Ein absoluter „Alleinvertretungsanspruch“, nur anders formuliert. Bei einer zaghaften Anfrage nach acht Monaten Vertragsdauer, zuckte der Agent am Telefon fast hörbar mit den Schultern: „Nichts, keine Umsätze!“ – „Gar nix? Sind Sie sicher?“ – „Jaja, da war nichts zu machen, tut mir leid für Sie!“ Erst der Hinweis, dass einige der zugesandten Cartoons inzwischen in einem Taschenbuch abgedruckt worden waren – und das sogar mit ausdrücklichem Hinweis auf die süddeutsche Agentur – ließ den Mann vorsichtiger werden. Tage später kam per Post ein Scheck für den Zeichner-Anteil an dieser Veröffentlichung. Nach der Gutschrift des Betrages wurde das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt. Vom Zeichner, versteht sich.


Dies scheint ein Paradebeispiel zu sein für die These, wonach es sich bei Comic-Agenten in Wahrheit um nachtaktive Geschöpfe handelt, die sich im Dunkeln auf das Sammeln von Nüssen spezialisiert haben. Das wäre nicht zu kritisieren. Millionen von Feldhamstern tippeln ja allnächtlich auf ihren Beutezügen quer durch die Botanik. Wenn sich aber Comic-Agenten klammheimlich die Backen vollstopfen, während alle anderen schlafen – und hinterher behaupten, sie wären leer ausgegangen – dann wird die Sache kritisch. Staatsanwälte nennen sowas „Untreue“ oder auch „Betrug“.

Wer sich nach solchen Erfahrungen auf die neuerliche Suche nach anderen, besseren Agenten/Agenturen macht, wechselt aber höchstens die Ansprechpartner. Der morastig-schwankende Untergrund bleibt der alte.
So gelang es einem anderen Agenten (zufällig ebenfalls in Süddeutschland) tatsächlich zwölf Monate lang nicht, auch nur eine einzige Zeichnung zu vermitteln. Jedenfalls hat er das behauptet. Juristisch formuliert, liegt die Beweislast immer beim Zeichner: Erst wenn irgendwo doch eine Veröffentlichung ruchbar werden sollte, vermittelt von diesem speziellen Agenten, würde das Vertragsverhältnis zum Fall für Rechtsanwälte und Gerichte. Bis dahin sind Zeichner den Auskünften der Agenten/Agenturen grundsätzlich ausgeliefert – auf Treu und Glauben.
Auch bei namhaften deutschen Profi-Agenturen ist es leicht, als Zeichner sämtliche Rechte an einzelnen Cartoons aus der Hand zu geben – und dafür mit peanuts abgespeist zu werden. So gibt es ein spezielles Unternehmen, das ausgesuchte Cartoons zum Stückpreis von 20 Euro anzukaufen bereit ist. Dafür lassen sich die Damen und Herren gerne sämtliche Vermarktungsrechte an diesem Cartoon ohne zeitliche Begrenzung übertragen, also für alle Zeiten. Wer sich darauf einlassen will, hat aber noch längst nicht das Geld für die strikt reservierten Cartoons auf dem Konto. Bezahlt werden die ausgesuchten Blätter nämlich erst, wenn sie in einer verlagseigenen Publikation abgedruckt worden sind. Und das kann Monate dauern, je nach Gutdünken des Verlages. Das sei so üblich, heißt es dort lapidar.


Amerikanische Großkonzerne , die sich der teils weltweiten Vermarktung von Comics, Cartoons, Karikaturen widmen, bezeichnen sich auch als „Syndikate“. Allein dieser Begriff mag zwar an Al Capone erinnern oder an festgefügte, familienähnliche Bandenstrukturen italienischen Ursprungs – und an „Angebote, die man nicht ablehnen kann“. Doch lässt sich diesen so bezeichneten Comic-Agenturen wenigstens nicht vorwerfen, sie würden unter falscher Flagge segeln.
Wer sich als Zeichner/Zeichnerin von Agenten/Agenturen beuteln/hinhalten/ausnehmen lässt, könnte an der Qualität der eigenen Arbeit zweifeln. Aber das wäre ein provozierter Fehler. Schließlich bestehen die geschilderten Strukturen seit Jahren – und werden nicht je nach Zeichner/Zeichnerin geändert. Entscheidend ist nicht, ob trüber Mist abgeliefert wird oder hochklassige Arbeit. Entscheidend ist allein, ob man sich wirklich auf unfaire Regel mancher Agenten/Agenturen einlässt. Wie gesagt: Es gibt sicher Ausnahmen. Aber von Geschäftsleuten der oben beschriebenen Kategorie als „guter Geschäftspartner“ eingestuft zu werden, grenzt eigentlich an üble Nachrede. Bedeutet ein solches „Lob“ doch nicht anderes als die nackte Botschaft: „Dieser Zeichner/diese Zeichnerin lässt sich prima an der Nase rumführen.“ Anders mag das sein, wenn man es zu einem Namen gebracht hat in der Branche, womöglich zu einer gewissen Berühmtheit. Dann fällt es wohl nicht schwer, Agenten/Agenturen aufzutun, die tatsächlich zusätzlichen Umsatz bringen. Was Wunder, gelten die Blätter namhafter Kollegen/Kolleginnen dann ja als „Selbstläufer“. Aber wozu bräuchte man dann noch einen Agenten?

Das wäre ja, als würde ein Rennpferd den lauffaulen Jockey pünktlich zum Start noch von zu Hause abholen.

<wuk>


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Tipps für angehende Comiczeichner | Benutzeranmeldung | 1 Kommentar
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Re: Tipps für angehende Comiczeichner (Wertung: 1)
von millus (info@millus.de)
am 25.03.2003, 03:22 Uhr
(Benutzerinformation | Nachricht senden) http://www.millus.de
Sehr schöner (Erfahrungs)Bericht und nachvollziehbar.
Aus dem TelefonGespräch könnte man direkt ein kleines Comic machen.

gruß