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geschrieben von stephan am
Montag, 10. Juli 2000
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Farbige Schattenspiele
In Halle 9 der Expo 2000 in Hannover (wen es interessiert: ein Besuch der Expo lohnt schon, die Organisation außerhalb des Ausstellungsgeländes ist zwar eine einzige Katastrophe, doch wer sich davon nicht allzu doll ärgern lässt bekommt innen wirklich tolle Dinge zu sehen) gibt es die Ausstellung "Planet of Visions" zu sehen. Hier sollen die "Sehnsucht nach einer besseren Welt sowie die Angst vor dem Untergang" visualisiert werden.
Die Entwürfe zu diesem möglicherweise beeindruckendsten Teil der ganzen Expo lieferte der belgische Comiczeichner Francois Schuiten. Am gelungensten ist seine Umsetzung des Paradieses: Da der Garten Eden nur noch als Abbild vorhanden ist, spiegelt er sich von der Decke hängend in einem See. Der Eindruck von großer Tiefe hierbei ist schon ziemlich einmalig.
Doch auch als Comiczeichner war Schuiten nicht untätig. Gemeinsam mit seinem Stammtexter Benoit Peeters hat er eine weitere Geschichte zu Papier gebracht, die wieder, wie etwa schon "Der Turm" oder "Der Archivar", in den "geheimnisvollen Städten" spielt. Es gibt zwar Anspielungen und Verknüpfungen zu den anderen Geschichten, aber "Der Schattenmann" kann auch ohne Vorkenntnisse problemlos gelesen werden.
Während bei den anderen Geschichten aus den geheimnisvollen Städten die Figuren vor den beeindruckenden Jules Vernes-Kulissen meist ein wenig blass blieben, erzählen Peeters und Schuiten diesmal eine auch emotional gut nachvollziehbare und auch nachfühlbare Geschichte: Albert Camisso müsste eigentlich glücklich sein, denn er ist erfolgreich in seinem Beruf bei den Allgemeinen Versicherungen und er ist frisch mit der hübschen Sarah verheiratet.
Doch ihn quälen Alpträume, die er mit einem neuen Medikament zu kurieren versucht. Die Alpträume hören nun zwar auf, dafür verändert sich sein Schatten. Dieser wird immer farbiger und schließlich sogar ganz zu Alberts Spiegelbild. Dies isoliert ihn immer mehr, er verliert seinen Job, seine Frau und zieht in eine heruntergekommene Gegend.
Dort lernt er Minna kennen, die vorgibt eine Schauspielerin zu sein, aber in einem Striplokal arbeitet. Gemeinsam entwickeln sie eine Schattentheater-Nummer für ein Varieté. Gerade als sie ganz große Erfolge feiern, wird Alberts Schatten wieder dunkel und farblos. Mit Minnas Hilfe gelingt ihnen trotzdem ein großer Triumph auf der Bühne und zum Abschluss des Bandes verschmelzen die Schatten der beiden Liebenden.
Für mich ist dieser Comic ein wunderschön gestaltetes Gleichnis über einen scheinbaren Nachteil, der auch zugleich ein Vorteil sein kann. Empfehlenswert. (hl)
Der Schattenmann
Text: Benoit Peeters
Zeichnungen: Francois Schuiten
88 Seiten, Album
Feest, 49.- DM, 358.- öS
Juni 2000
ISBN-No.: 3-89343-462-3
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