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geschrieben von Anfue am
Donnerstag, 06. November 2025
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Prädikat besonders wertvoll
Bei den Dreharbeiten eines Spielfilm über den fremdenfeindlichen Brandanschlag auf ein von Türken bewohntes Haus in Solingen aus dem Jahr 1993 wird ein verbrannter Koran gefunden. Während dies für den Regisseur ein Requisit ist, hat dies für die bei den Dreharbeiten als Komparsen eingesetzten Muslime eine tiefer gehende Bedeutung und damit Konfliktpotential.
Im Mittelpunkt der weiteren mysteriösen Entwicklungen steht dabei die Praktikantin Elif (hervorragend: Devrim Lingnau), die vor allem dem Regisseur Ygit (Serkan Kaya) und der Produzentin Lilith (Nicolette Krebitz ) beweisen will, dass sie mehr Verantwortung am Set übernehmen will und kann. Durch ihr Agieren mit dem primären Focus auf ihre eigene Karriere gerät sie dabei immer stärker zwischen die Fronten.
Im Laufe der Geschichte, in deren Mittelpunkt Elif steht und die Zuschauenden nicht mehr wissen als sie, kommen immer mehr Fragen auf und es kommt zu Vermutungen, Verdächtigungen und Verleugnungen. Die bestehenden Machtpositionen und immer wieder wechselnde Fronten der Protagonisten entwickeln sich zu einem spannenden Verwirrspiel, in dem nichts so zu sein scheint wie es aussieht und so werden auch die Kinobesucher*innen immer wieder auf falsche Fährten geführt und mit auf überwunden geglaubten Vorurteilen ihrer eigenen Haltung konfrontiert.
Der zweite Film des Kölners Mehmet Akif Büyükatalay (Oray) ist ein packendes „Whodunit“ mit Anklängen von Polanski oder Hanke, wie er beim Q&A nach der umjubelten Vorführung beim Filmfestival Cologne selbst erläuterte. Klug geschrieben und stark inszeniert zeigt HYSTERIA, dass nach wie vor das Zusammenleben und scheinbare Miteinander von kulturellen Sichtweisen und individuellen Ansichten stark geprägt ist.
So äußert z.B. auch Mustafa (Aziz Çapkurt), Yigits Film sei ein weiteres Beispiel für einen Film, der kein wirkliches Interesse daran hat, die Probleme aus der Sicht der Betroffenen deutlich zu machen, sondern nur „das eigene Gewissen zu beruhigen“. Und ist ein verbrannter Koran dann nicht auch (für den Regisseur) willkommen, da er eine höhere Aufmerksamkeit für den Film bedeutet?
Der Film ist ein sehenswerter doppelbödiger und intelligenter Spagat zwischen gesellschaftskritischem Drama und Thriller und ganz nebenbei auch ein durchaus satirischer Blick auf die Filmproduktion. Dass der Film im Film analog auf Zelluloid und nicht digital gedreht wurde, wird auch immer wieder Thema und hat eine zentrale Funktion, die bis zum Ende konsequent gezeigt wird. HYSteria unterhält auf hohem Niveau und wirkt mit den Fragen nach Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Religiosität auch lange nach Filmende nach. Dass dieses leider etwas plakativ (da unglaubwürdig) ausfällt, ist hier aber Kritik auf hohem Niveau.
Über allem steht die Frage nach dem Miteinander von Deutschen, Migranten und Flüchtlingen: Wie gehen wir als Gesellschaft mit den unterschiedlichen Sichtweisen und Bedeutungen eigentlich um?
Zum Ende des Abspanns kommt der Hinweis: „Während der Dreharbeiten zu „Hysteria“ wurde kein Koran verbrannt“ und auch hier stellt sich die Frage nach der Bedeutung: „Satire oder notwendiger wichtiger Hinweis“?
Hysteria wurde produziert von der Kölner „filmfaust“ und startet im Verleih von Rapid Eye Movies am 6.11 in den Kinos (104 Min FSK 12).
Die Jugendfilmjury der FBW empfiehlt „den aktuellen Thriller allen Kinobegeisterten ab 16 Jahren“
(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: (c) filmfaust 2025
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