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geschrieben von StefanS am
Dienstag, 05. Januar 2021
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Deutlich lustiger und gehaltvoller als erwartet
Wenn ich in meinem Supermarkt am Zeitschriftenregal vorbeigehe, dann könnte ich mich als Comic-Begeisterter eigentlich freuen, dass das „Lustige Taschenbuch“ als einer der ganz wenigen noch verbliebenen Comics auch heute noch in „ganz normalen“ Geschäften erhältlich ist, so wie es früher bei den Marvel- und DC-Comics ganz normal war, aber das LTB ist doch lahmer Kinderkram, oder? Mit dem ARD-“Tatort“ ist es ganz ähnlich. Wenn beim „Tatort“ der Zusatz „reiniger“ fehlt, dann schalte ich für gewöhnlich gar nicht erst ein, es sei denn, er ist ein weiteres Trash-Fest mit Til Schweiger oder aus Münster. Nun kann aber sowohl der „Tatort“ als auch das „LTB“ ab und an auch mal wirklich gelungen sein und das ist dann tatsächlich angenehmer zu rezensieren, denn empfehlen macht mehr Freude als Ironie im Dauerbetrieb.
Zehn Geschichten bietet das LTB 539 und die Titelstory hat mich davon am wenigsten überzeugt. Zwar hat es mich zum Schmunzeln gebracht, dass der Kommissar „Schimauski“ heißt und die Zeichnungen sind so gekonnt, dass ich die Ermittler aus Münster und Köln sofort wiedererkannt habe, ansonsten ist die Geschichte aber recht langweilig und belanglos. Alle Ermittler werden in ein Gebäude eingesperrt, damit die Verbrecher in Ruhe auf Beutezug gehen können. Donald soll das verhindern. Wie schon im TV bleibt vor allem die Borniertheit von Gerichtsmediziner Boerne im Gedächtnis, der Rest ist Slapstick und Klamauk, vor allem für Kinder und „Tatort“-Fans.
Deutlich besser ist die Geschichte „Das Imperium des Konditors“. Hier wird zwar das Klischee der Liebe der Italiener für gutes Essen ziemlich überstrapaziert, aber der Witz springt hier aus jedem Panel über. Beeindruckend leichtfüßig, sympathisch und filmreif. Es bestätigt sich erneut: die Italiener kennen sich perfekt damit aus, eine „bella figura“ zu machen. Sehr lustig und eine kindgerechte Erzählung über das organisierte Verbrechen in Sizilien und Las Vegas.
„Die Farben der Zukunft“ ist eine sehr poetische Parabel über den Kampf gegen den Klimawandel, den die Menschheit nur vereint gewinnen kann. Als Metapher für die Katastrophe wählt Minnie Maus einen Vulkanausbruch, der die meuternde Besatzung eines Schiffs, unter dem Kommando von Kapitän Micky, bedroht. Matteo Venerus und Paolo De Lorenzi haben hiermit ein echtes Meisterwerk geschaffen, das nicht plump belehrend oder moralinsauer ist, sondern tief berührt und überzeugt, auch als Unterhaltungsgeschichte mit an Urlaub gemahnendem Flair von Meer, Seefahrerromantik und Abenteuern im 19. Jahrhundert.
Ebenfalls wunderbar leichtfüßig, verspielt und poetisch ist „Der Mentalist“. Dussel besucht eine Zaubershow und kommt durch Zufall an den Hut des Mentalisten, der wie eine Art Wunschfee funktioniert. Ein Comic ohne Worte. Richtig schön!
„Die Wippschwänzige Wirrschopfschnepfe“ ist eine Story mit Dagobert Duck, die selbst verwöhnte Fans von Carl Barks und Dr. Erika Fuchs begeistern dürfte. Der Geiz, für eine Tageszeitung zu bezahlen, bringt Dagobert in schlimmste Schwierigkeiten. Eine kluge Geschichte über die destruktive Wirkung von „Fake News“ und den daraus erwachsenen absurden Schlüssen von Blasco Pisapia.
So viele, richtig gut gelungene Comics für läppische 6,99 Euro! Und neben manchen Graphic Novel leider auch einer der ganz wenigen verbliebenen Comics mit korrekter Groß- und Kleinschreibung. Ich kann mich bis heute nicht damit anfreunden, dass die meisten Comics die Dialoge komplett in Großbuchstaben schreiben.
Zugreifen! Das „Lustige Taschenbuch 539: Zurück am Tatort Entenhausen“lohnt sich richtig, auch für Erwachsene mit höheren Erwartungen an einen guten Comic und das ist gänzlich ironiefrei gemeint.
Stefan Svik.
Wertung: 86 %
Lustiges Taschenbuch 539: Zurück am Tatort Entenhausen
Genre: Humor
Text: Peter Höpfner, Gorm Transgaard u.a.
Zeichnungen: Flemming Andersen, Giampaolo Soldati u.a.
Übersetzung: Susanne Walter
250 Seiten, Softcover, farbig
2020 Egmont Ehapa Media, 6,99 Euro
Leseprobe
(c)opyright der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Egmont Ehapa Media 2020
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