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Hipster Hitler :: Comic Radio Show :: Comics erfrischend subjektiv, seit 1992!  
19.04.2024, 23:10 Uhr
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geschrieben von StefanS am Sonntag, 02. Februar 2014 (1236 Aufrufe) druckerfreundliche Ansicht
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Vegetarier, Tierfreund, Eigenbrödler – und weitere Gemeinsamkeiten


Hipster HitlerDie Sammlung von Onlinecomics in Buchform namens Hipster Hitler erinnert mich an mein Studium in den 1990ern: da las ich zum einen in Büchern von den Menschen, die das 20. Jahrhundert extrem beeinflusst haben: NS-Führungskräfte wie Joseph Goebbels und Albert Speer. Eine andere Lektüre, wenn ich mich recht erinnere, stand es in der Encyclopaedia Britannica oder im Time Magazine, besagte, dass es typisch für das 20. Jahrhundert sei, dass sich die Menschen unbedingt von anderen abgrenzen und abheben wollen: durch individuelle Kleidung, Musik- und Literaturgeschmack, Sprache etc. Hipster und Hitler liegen also gar nicht so weit auseinander?!

Wie auch der Bestseller Er ist wieder da von Timur Vermes nutzt Hipster Hitler Zitate aus Mein Kampf und anderen historischen Dokumenten, um Hitlers Denken vorzuführen. Da Hitler in seinem berühmten Buch tatsächlich berichtet wie er im Wirtshaus Milch trinkt und Brot isst, während sich andere mit Bier voll laufen lassen oder das ihm die Gewerkschaften nicht per se schlecht sind bieten schon mal einiges an Grundlage.
Hipster Hitler
Zeichnerisch ist diese Sammlung von Cartoons / Comics schlicht und damit besonders gut auf den Punkt getroffen. Zu Beginn werden die handelnden Personen vorgestellt: Goebbels, Göring, Rommel und Hitler. Andere Figuren, wie etwa Eva Braun, haben ebenfalls Gastauftritte im Buch. Historisch gebildete Leser dürften wichtige Personen wie Martin Bormann und Adolf Eichmann vermissen. Ebenfalls erfahren wir nur wenig über Nietzsche und Richard Wagner – zwei sehr wesentliche Einflüsse der Figur Hitler. Aber es herrscht eben der Humor vor. Und wie der Titel bereits sagt, es gebt um zwei Dinge: um Hitler und um Hipster. Also finden wir uns in einer Parallelwelt wieder, in der Hitler eben vor allem ein Hipster und nur begrenzt die historische Figur Hitler ist. Der Humor des Buches ist nicht dumm, aber auch nicht übermäßig tiefgründig. Amüsant ist es schon, wenn Hitler die Insignien der vermeintlich Coolen und Unangepassten aufträgt: er hört nicht angesagte Indie-Bands wie Arcade Fire, sondern trägt T-Shits mit der Aufschrift: Arcade Führer. Ähnlich wie die verdrehten Kalendersprüche aus Marc-Uwe Klings „Känguru-Geschichten“ sind diese Shirt-Slogans hier einer der, eher oberflächlichen, Running Gags über die auch Leser lachen können, die den Rest des Buches nicht checken.
Hipster Hitler
Timur Vermes widmet sich in seinem Er ist wieder da eher der Frage: warum verehrten und verklären so viele Menschen die Person Hitler? Man mag ihm vorwerfen, in seinem Buch einen viel zu sympathischen Führer zu zeigen – das ist durchaus zwiespältig und deshalb und sicher auch aus anderen Gründen (z. B. Kalauer wie „Blitzreinigung“ und Witze gegen Türken) hat etwa Denis Scheck in „Druckfrisch“ regelmäßig nichts Nettes über dieses Werk zu sagen. Hipster Hitler ist da durchaus anders – vor allem wird vorgeführt, wie trotzig und wie wenig authentisch Hipster rüberkommen. Warum nicht einfach dazu stehen, langweilig zu sein? Warum ewig grübeln, was cool sein könnte und was nicht? Entweder man hört Helene Fischer, weil man sie mag oder man lässt es bleiben, wenn man nichts mit ihren Gesangsdarbietungen anfangen kann – aber sie „ironisch gut finden“?! Schon recht kindisch. Hipster tun so als wären sie Sonderlinge, obwohl sie es nicht sind

Hitler hat es als Realschüler, ohne Studienabschluss und ohne Berufsausbildung bis an die Spitze der Staatsführung gebracht. Plötzlich durfte jeder Uniform tragen und sich wertvoll, wichtig und besonders fühlen, nur weil er arischer Deutscher war. Hipster haben sicher meist eine ziemlich durchschnittliche Vergangenheit und erfinden sich später einfach neu, statt ein Buch wie Mein Kampf zu verfassen, werden dann Vintage-Shirts, Schallplatten und Umzüge nach Berlin genutzt, um sich als interessanter und besser als der Mainstream zu inszenieren.

Sehr clevere Ideen, weil lustig UND kenntnisreich: Hipster Hitler wollte ursprünglich Mitglied dieser Vereinigung werden, der NSDAP = Nürnberger Schule für Design, Architektur und Performance. Künstler zu sein erscheint oberflächlich betrachtet viel verlockender und prestigeträchtiger als Krankenpfleger, Mechatroniker oder Elektriker zu werden und dort vielleicht am zu schwierigen Stoff und zu anstrengenden Job zu scheitern. Posen und klug tun ist wesentlich einfacher als Verantwortung zu übernehmen und sich etwa ehrenamtlich zu engagieren. Und na klar: Posen! Bei den Stichworten Hitler und Hipster wird natürlich auch diese Region im Osten im Buch verwurstet. Zitat: „Mit Posen hatte ich eh nie was am Hut“.

Besonders erschreckend an diesem Buch: Ich habe auch Hipster-Seiten an mir entdeckt. Dabei ist es gar nicht so toll ein echter Nerd zu sein, besonders dann, wenn man wie Bart Simpsons Kumpel Milhouse ein Nerd ist, der kein guter Schüler und nicht gut in Mathe ist – da ist der spätere Ausweg IT-Milliardär verbaut.
Hipster Hitler
Nilz Bokelberg fasst, auf der Buchrückseite, Hipster Hitler perfekt zusammen: „Mehr Meta als Hipster Hitler geht nicht.“. Etwas sonderbar der Kommentar von „Die Welt“, der dort ebenfalls zitiert wird: warum soll es denn bitte verboten sein, so etwas mit Mitteln der Komik anzugehen? War da nicht was mit freier Meinungsäußerung und Freiheit der Kunst? Seit Charlie Chaplins Der große Diktator wird das Thema mit den Mitteln der Satire und öfter noch als billiger Klamauk bearbeitet. Chaplin wird dafür übrigens in Hipster Hitler gewürdigt.

Ich stelle mal diese Verbindung zwischen Hitler und Hipstern zur Diskussion: wenn Männer und Frauen bereits gleichberechtigt wären, dann könnte auch ein Mann Gleichstellungsbeauftragter sein. Und ohne die NS-Zeit wären Begriffe wie Ehre, Stolz und Anstand heute nicht befremdlich, sondern ganz normal. Wäre nicht alles so extrem verlaufen vor 1945 dann könnten jungen Männer und Frauen heute ganz unverkrampft einen Kaffee zum Mitnehmen bestellen und Schlager gut finden, statt einen Frappuchino to go zu ordern und von Scooter voll geflasht zu sein. Dann wäre ein Nerd weiterhin ein Sonderling und ein Hipster, wie früher, ein Spacken oder ein Adabei.

Eine besonders schlimme Schmach für die Hauptfigur dieses kurzweiligen Comics und ein besonders gelungener Gag: Die Leute nehmen den Zweiten Weltkrieg nicht als eigenständige Leistung in Kauf, sondern als Sequel. Das sind mal Sorgen! Kluges Buch.

Wertung: 84 %

Hipster Hitler
Text & Zeichnungen: James Carr & Archana Kumar
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Stephan Kleiner
Originalausgabe: Hipster Hitler, Feral House 2012
128 Seiten, Softover, s/w
Extras: Bisher unveröffentlichte Comics und exklusive Einführungstexte für die deutschen Leser
ISBN 978-3-8321-6238-2
2013 DuMont, 14,99 €



Am Besten kauft man sich das Comic beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Hipster Hitler kann man auch gerne hier kaufen



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