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geschrieben von M.Behringer am
Sonntag, 01. Juli 2012
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Fußball, Indianer und Kommunisten
Die Russen führten den ersten bemannten Flug ins Weltall durch. Die Angst vor den Kommunisten stieg danach an. Doch genauso übte der Kommunismus danach eine Anziehungskraft aus. In Barus Serie 'Die Sputnik-Jahre' wird der letztgenannte Aspekt aufgegriffen. Die Serie erschien zwischen 2002 und 2004 bereits auf Deutsch bei Carlsen in vier Bänden. Nun hat Reprodukt eine Gesamtausgabe herausgebracht.
1957: der begnadete Fußballer und Bogenschütze Igor will der Chef seiner Nachbarschaft werden. Doch der bisherige Anführer ('Der Dicke') genießt den Schutz seines älteren Bruders. Damit nicht genug: der obere Stadtteil befindet sich in einer Dauerfehde mit dem unteren Stadtteil. Führen die Keilereien und Indianerkriege nicht mehr weiter, wird ein Fußballspiel arrangiert. Mit dem Erfolg der Sputnik-Rakete ziehen die Kommunisten vor Ort ein. Die Jungs werden vom Weltraumabenteuer gepackt und wollen selbst eine Rakete bauen.
Die Sputnik-Jahre erinnert an das Jugendbuch 'Das fliegende Klassenzimmer' von Erich Kästner. So steht hier vor allem der Alltag der keineswegs unschuldigen Kinder im Zentrum des Geschehens. Doch Baru fügt dem Lausbubengenre eine dezente Portion Sozialkritik hinzu, indem er Themen wie Migration, Arbeiterrecht und Parteiarbeit aufgreift.
Igor fungiert gleichzeitig als Protagonist und als Erzähler. Baru lässt ihn zu Beginn nicht aus dem Off erzählen, sondern positioniert den Rabauken vor die Panels. So geschieht es, dass der unzuverlässige Erzähler eine Sequenz noch einmal kommentieren muss, um den Leser einzuweihen, wofür Baru die Panels nochmal einblendet. Dann erfolgt wieder die konventionelle Erzählweise.
Die stilvollen Zeichnungen wirken sehr ausdrucksvoll und dynamisch. Baru schafft das bemerkenswerterweise ohne auf Speedlines (dt. 'Bewegungslinien') zurückzugreifen. Dafür verwendet er filmische Einstellungen und betont Körperbewegungen durch kontrastreiche Wechsel. Rennende Kinder mit aufgerissenen Armen in Flugstellung oder Brüllende sind typische Motive. Während der Hintergrund schlicht und realistisch erscheint, sind die Charaktere antinaturalistisch und typisiert dargestellt: kennzeichnende Körperpartien werden beispielsweise betont.
'Die Sputnik-Jahre' begeistert durch die ganz eigene Perspektive der Kinder. Die selbstverständlichen Regeln und die authentisch inszenierte Lebenswelt des detailliert ausgemalten Mikrokosmos wirken unschlagbar einnehmend ohne dabei nostalgisch zu sein. Leider leuchten die Farben auf dem glatten Papier sehr stark, was sehr untypisch für Baru ist, wenn man seine anderen Arbeiten im Vergleich betrachtet, die blassere Kolorierungen aufweisen. Ansonsten ist 'Die Sputnik-Jahre' sehr gut verarbeitet mit kartoniertem Klappenbroschur.
Die Sputnik-Jahre
Von Baru
Softcover, Seiten
Reprodukt 2012
Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Die Sputnik-Jahre kann man auch gerne hier kaufen.
LESEPROBE zu Sputnik-Jahre
(c) der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Reprodukt Verlag und Autoren
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