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geschrieben von Micha am
Samstag, 17. März 2012
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Ich sehe u.a. tote Menschen
„Du bringst nur Unglück, Ralph...“ Diese harte Einschätzung teilt leider das ganze Bergdorf, da Ralph die Angewohnheit hat, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Dabei war er als Kind die große Hoffnung des Dorfes. Er besitzt die Fähigkeit zu sehen, ob und von wem eine Frau schwanger ist und wie viele Kinder ein Paar haben wird. Und da das Königreich Astolia gerade einen „Auserwählten“ sucht, der es vor den Horden des barbarischen Vom Syrus schützt, wurde Ralph von einem Gesandten aus der Hauptstadt abgeholt. Leider hat das Orakel ihn wieder ins Dorf zurückgeschickt. Nach dieser Enttäuschung und weil Ralphs Wahrheiten immer wieder das Sozialgefüge der Dorfgemeinschaft erschüttern, ist er nun als schlaksiger junger Mann die Hassfigur des Dorfes. Seine übliche Strafe ist es, wochenlang im Schweinepferch angekettet zu werden.
Dann, als die beiden Monde der Welt von Astolia in Konjunktion treten, fällt die Horde ins Land ein. Der sich für weise haltende Ältestenrat des Dorfs ist uneins, ob man kämpfen oder kapitulieren soll. Und Ralph erhält unvermittelt auch noch die Gabe, die Toten zu sehen und zu hören, und erfährt, dass das damals mit dem Orakel wohl doch ganz anders war.
Lewis Trondheim zeigt sich mit seiner neuen Serie „Ralph Azham“ in Bestform. Es ist brillant erzählt, wie Trondheim nach und nach die Zusammenhänge sichtbar werden lässt. Eigentlich ist das ja eine tausendmal gesehene Grundsituation: Ein besonders Begabter ist der gehasste Außenseiter und wird irgendwie zum Held. Aber dieser Held ist doch anders: Er weigert sich stoisch, auf die Pressalien, Anfeindungen und gewalttätigen Übergriffen mit sichtbarem Leiden zu reagieren. Stattdessen nimmt Ralph die Strafen hin und kontert gelassen mit Zynismus, Sarkasmus und intelligentem Spott. Das verhindert, dass die Geschichte rührselig wird, ist Ralph doch als einzige ehrliche und authentische Figur in dieser völlig verlogenen Gemeinschaft auf hoffnungslos verlorenem Posten. Da er den Dörflern auch nicht die Genugtuung gibt, ihn leiden zu sehen, hassen sie ihn um so mehr.
Trondheim ist auch so produktiv wie in besten Zeiten: Erst im vorigen Jahr gestartet, erscheint in Frankreich in diesem Jahr bereits der vierte Band der Serie. Der vorliegende erste Band hat jedenfalls die Spritzigkeit, die den letzten Donjon-Bänden ein bisschen abging, obwohl „Ralph Azham“ in einer ähnlichen Fantasywelt spielt. Vielleicht ist das so eine Art Befreiungsschlag von den Zwängen des 300-Bände-Mammutprojekts „Donjon“. Obwohl es ein paar Gemeinsamkeiten zwischen Donjon-„Held“ Herbert und Ralph gibt (z.B. sind beide Enten), ist die Grundsituation doch zu anders, als dass die Geschichte um Ralph Azham sich ins Donjon-Universum hätte einpassen lassen. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass Trondheims Frau Brigitte Findakly zum ersten Mal seit dem ersten „Herr-Hase“-Band die Zeichnungen ihres Gatten wieder mit Aquarell koloriert statt am Computer.
Ralph Azham 1: Belügt man jene, die man liebt?
von Lewis Trondheim,
48 Seiten,
Reprodukt, 12 Euro
Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Ralph Azham 1: Belügt man jene, die man liebt? kann man auch gerne hier kaufen.
LESEPROBE
Das zweite Band wird so aussehen:
(c) der Abb.: Reprotukt Verlag und Trondheim
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