|
geschrieben von jochen am
Montag, 12. Dezember 2011
(6028 Aufrufe)
|
(*)
Ein Blick nach Osten
Mit 'Berichten aus der Ukraine' begibt sich der italienische Comickünstler Igort in die Gefilde der Comic-Reportage. So verbrachte er mehrere Monate in der Ukraine, und sprach mit Zeitzeugen aus verschiedenen Jahrzehnten. Insbesondere beschäftigt er sich mit der Zeit des Holodomor, einer extremen Hungersnot in der Ukraine in den 30er Jahren, die von vielen als eine systematische und vom Regime Stalins organisierte Hungersnot beschrieben wird. Erzählerisch bilden die Geschichten von vier ganz normalen Personen den Kern des Comics.
Wenn man von Comic-Reportagen schreibt kann man Joe Sacco nicht nicht erwähnen. In seinen Reportagen über Palästina oder Bosnien hat er eine sehr persönliche Sichtweise über die Geschehnisse wiedergegeben, dabei aber nie versäumt die fast zwangsläufige vorhandene Subjektivität seiner Darstellung zu erwähnen. Igort geht in seinem Comic einen anderen Weg und folgt der in der Ukraine heutzutage wohl gängigen Sichtweise, dass diese Hungersnot 1932-33 einen Völkermord an den Ukrainern, es wird von ca. 3,5 Millionen Toten geschrieben, durch das stalinistischen Regime darstellt. Andere Forschung sieht, laut Wikipedia, den Holodomor als eine Verkettung von Folgen und Nebenfolgen äußerst rücksichtsloser und brutaler Politik der Zwangskollektivierung, Herrschaftskonsolidierung und Widerstandsunterdrückung sowie zusätzlich hinzukommender wetterbedingter Ernteausfälle. Eine Reportage hätte zumindest diese unterschiedliche Sichtweise erwähnen können, zumal diese ja genauso das stalinistische Regime zu letztendlich in der Verantwortung sieht.
Abgesehen von diesen Aspekten, wie hält sich der Comic ? Ich weiß nicht, ob es das bedrückende Thema oder die Zeichnungen Igorts waren, aber ich hatte Mühen den Comic zu lesen. Nur für sich genommen findet man einiges an wie gewohnt gekonnten Zeichnungen Igorts. Er nutzt zwei verschiedene Stilformen, zum einen mit schwarz-weißen Bildern illustrierte Texte, in denen er die Fakten, zumindest aus seiner Sicht, darstellt. Die mit feinem Strich erstellten Bilder erfüllen die Aufgabe von Photos, sollen also eine gewisse Objektivität widerspiegeln. Die Lebensgeschichten der vier eher zufällig getroffenen und ausgewählten Personen sind als Comic in festem 6-Panel Layout gestaltet und in einer zurückhaltenden und erdigen Kolorierung gehalten. Sie sind das besondere an diesem Band, hier begnügt sich Igort mit der Rolle des Erzählers für andere, und wirkt weniger als Künstler, denn als ausgezeichneter Handwerker. Man kriegt einen persönlichen Einblick in das Leben zu Zeiten des Stalinismus, der deutschen Besetzung, und anderen Zeiten in der UdSSR. Mehr davon, weniger Belehrung, und ein Auslagern der historischen Fakten in einen kommentieren Anhang hätte mehr aus diesem Comic machen können, hätte mehr Interesse an der Geschichte der Ukraine wecken können, ein Land und dessen Bewohner der Mensch Igort offensichtlich sehr zugeneigt ist.
Berichte aus der Ukraine: (Erinnerungen an die Zeit der UdSSR)
von Igort
180 Seiten, Klappenbroschur
Reprodukt Verlag, 24 Euro
Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Berichte aus der Ukraine: (Erinnerungen an die Zeit der UdSSR) kann man auch gerne hier kaufen.
LESEPROBE zu Berichte aus der Ukraine
(c)opyright der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Reprodukt Verlag und Igort
Sie können uns unterstützen! (*)Als Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.
|
|
| |
|