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Tamara Drewe :: Comic Radio Show :: Comics erfrischend subjektiv, seit 1992!  
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geschrieben von Peixe am Montag, 02. Mai 2011 (4109 Aufrufe) druckerfreundliche Ansicht
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Innovative Erzählweise



Tamara Drewe Die Engländerin Posy Simmonds versucht sich an einem Experiment, eine Erzählung aus Text und Comic miteinander zu verbinden. Inhaltlich ist es ein Teenie-Starkult-Abenteuer und eine Geschichte ums Fremdgehen in gehobenerem Alter, gesetzt in ein Schriftsteller-Milieu. In die Schriftsteller-Idylle Stonefield, die für die Einheimischen nur ein ödes Kaff darstellt, wirken schon die typischen Nickeligkeiten in Beziehungen und die verletzten Eitelkeiten von halbwegs und ganz berühmten Literaten. In diese Szenerie tappt die attraktive Tamara Drewe, die ihr Äußeres mittels Nasenoperation aufgepeppt hat, und bald eine Liebschaft mit einem Nicht-Literaten, einem ehemaligen Rockstar anfängt.

Eigentlich müsste ich schreiben, dass dies eine Teenie-Geschichte für unter 15 Jährige sei, denn die vielen, vielen, vielen Sternchen-Wörter (ver***) deuten auf eine Zensur hin, die man nur Kindern und US-Amerikanern zu ihrem eigenen Schutz angedeihen lässt. Auch der Starkult zweier Teenager ist eher für Gleichaltrige spannend denn für Erwachsene über 15 Jahren. Andererseits – allen Sternchen zum Trotz – wird explizit von Ficken, Scheiße, Schwanz, Arsch gesprochen, was auch je nachdem eher auf Teenies als Zielgruppe oder FSK ab 18 Jahren hinweisen könnte.
Ganz und gar nicht mehr von Interesse für Jugendliche sind die Eheprobleme zwischen Beth und ihrem berühmten Schriftstellergatten Nicolas – die fangen erst ab 40 Jahren aufwärts an von Interesse zu sein, etwa die Goldenen Regeln des Fremdgehens (es werden nur drei genannt). Ein ganz schönes Dilemma für jemanden, der vom Alter her so dazwischen liegt!

Tamara Drewe

Erfrischend provokant ist Simmonds’ Subtext bei der Einführung der maroden Beziehung von Beth und Nicolas: Er besagt, dass sich Nicolas’ Ausnutzen seiner Frau für den Haushalt und seine Arbeit nicht sehr vom Frauenbild der Taliban unterscheidet, nur die Wahl der Mittel sind nicht Gewalt, sondern subtile Kontrolle. Die faszinierende Wirkung der jungen Tamara wird eher textlich behauptet als spürbar dargestellt. In den Bildern sind es hauptsächlich und viel zu oft Augenklimperei, die Männer aller Altersklassen (nur innerhalb des Comics!) zu ihren Füßen liegen lässt. Auch mit dieser (freilich etwas männerfeindlich dargestellten) Spitze scheint Simmonds den Taliban Recht zu geben, dass Hotpants bei Männer zur reinen Triebhaftigkeit führen; Simmonds erörtert dann nicht mehr, ob sie eine Burka als angemessenen Schutz der Männer vor verführerischen Frauen befürwortet. Die ‚erotischen’ Teile sind eher prüde. Wer eine Verführung schon einmal miterlebt hat, bleibt hier unberührt. Schließlich wäre die fade Geschichte am aufgemotzten Schluss auch ohne Tote ausgekommen.

Tamara Drewe

Viel interessanter als diese Beobachtungen zur Geschichte ist die Erzählweise, diese ist ein mutiger Versuch, die üblichen Erzähl- und Lesegewohnheiten aufzubrechen, nämlich einerseits Text- und Bilderzählung zu mischen, andererseits multiperspektivisch eine Geschichte zu erzählen: In der Abfolge August – Herbst – Winter (!) wird die Geschichte aus drei Perspektiven erzählt, nämlich von
- Beth, Ehefrau und Frau im Hintergrund des berühmten Nicolas Hardiman, seit über 25 Jahren verheiratet, dann von
- Glen Larson, einem kleinen und dicken Schriftsteller, der noch auf seinen Durchbruch wartet; ferner
- Casey Shaw, einem Mädchen aus dem Dorf,
und kurz auch durch Nicolas in Rückblicken und andere Beteiligte.
Das Experiment ist noch unausgegoren, manchmal eine simple Dopplung von Text und Bild, manchmal ergänzend, manchmal illustrierend. Atmosphäre und Wirkung stehen im Text, sind aber in den Bildern bisweilen nicht zu spüren. Immer jedoch ist es für den Leser umständlich sich mal so, mal so zu orientieren – das kann sowohl herausfordernd als auch ermüdend sein..., denn nicht immer ist die Text-Bild-Folge klar, nicht immer von Anfang an deutlich, wer spricht. Diese Erzählweise verlangt dem Leser, der Leserin also einiges ab. Überhaupt ist der Kontext der Texte unklar: Handelt es sich um Tagebucheinträge? Rückblicke? An wen richten sie sich im Comic? Die Texte wirken in dieser Hinsicht kontextlos und blass. Außerdem ist die charakteristische Stilbildung bei Redeanteilen der einzelnen Personen spärlich (einem Gerücht nach liegt dies an der Übersetzung!), so dass man immer Posy Simmonds zu reden hören meint. Von Freisemestern und Professoren hat Simmonds offenbar keine Ahnung, treffend und amüsant sind vor allem die Eitelkeiten in der Schriftstellerszene charakterisiert.
Gelungen und ausbaufähig sind aber auch die Collagen, die neben der eigentlichen Geschichte Einzelelemente visualisieren: Zettel, Mails, SMS, Kolumnen, die anschaulich Zusatzinfos liefern. Tamara Drewe ist als Film in Form einer Komödie verfilmt (2010), obwohl der Comic an keiner Stelle wirklich zum Lachen reizt. Komisch, nicht?

Insgesamt ist vor allem die innovative Erzählweise interessant zu nennen. Diese wird Simmonds oder jemand anderes aber noch weiterzuentwickeln müssen, um Clint Eastwood zu widerlegen, der einmal sagte, man könne eine Geschichte einfach nicht aus mehreren Perspektiven erzählen und deshalb zum selben Thema zwei Kriegsfilme gedreht hat, einmal aus US-Amerikanischer Sicht in „Flags of Our Fathers“, einmal aus japanischer Sicht in „Letters from Iwo Jima“.

Bei einer solch subjektiven und sehr kritischen Rezension erlaube ich mir, darauf zu verweisen, dass der Band in Angoulême immerhin einen nicht unbedeutenden Preis gewonnen hat und viele andere Rezensenten voll des Lobes sind. Da hilft nur eines: Sich eine eigene Meinung bilden! Zum Beispiel über die Leseprobe bei Reprodukt: HIER

Im Mai 2011 erscheint bei Reprodukt auf Deutsch der Comic Gemma Bovery von Posy Simmonds, in dem sie sich der gleichen Technik bedient. Der Comic stammt von 1997, während Tamara Drewe im englischen Original 2007 erschienen ist.


Tamara Drewe
Text und Grafik: Posy Simmonds
136 Seiten, Broschur, Farbe
Reprodukt, Berlin, 20 Euro
2009


Tamara Drewe kann man auch hier kaufen


(c) der Abb.: Reprodukt und Posy Simmonds

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