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geschrieben von Micha am
Donnerstag, 29. Oktober 2009
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Illustrierte Klassiker (gewissermaßen)
Wer hat heute schon noch Zeit zum Lesen? Wer hat noch die Muße, 1000-seitige Romane zu lesen? Damit das literarische Erbe der Menschheit dennoch nicht verloren geht, hat der Ehapa Verlag ein zeitsparendes Kompendium herausgegeben, in dem 100 wichtige Romane auf je einer Seite in 8 Bildern als Comic zusammengefasst werden. Und zwar von 100 verschiedenen KünstlerInnen in ebenso vielen verschiedenen Stilen. Die halbe deutschsprachige Comic-Elite ist dabei: Breitschuh, Fearn, Fil, Kleist, Kreitz, Leowald, Mahler, Mawil, Michalke, Ulf K. und noch manche mehr, dazu einige wenige internationale Zeichner.
Manche versuchen, die Handlung zusammenzufassen, andere die Stimmung der Vorlage in eher abstrakten Bildern auszudrücken, und einige wenige weichen sogar augenzwinkernd vom Originalplot ab. Manche gehen mit Ernst an die Bearbeitung heran, andere humorvoll, und das Niveau der Beiträge schwankt zwischen „brilliant“ und „Hä?“ Im Widerspruch zum eingangs Behaupteten ist jedoch die Kenntnis der Vorlage i.d.R. nötig, um den Comic zu verstehen; der Band eignet sich also nicht zur Schnellerstellung von Schulreferaten. Es hat aber durchaus einen großen Reiz, dicke Schmöker wie „Buddenbrooks“ oder „Herr der Ringe“ absolut treffend auf 8 Bilder reduziert zu sehen.
In großer stilistischer Vielfalt wird der „Mann ohne Eigenschaften“ zur Playmobilfigur, findet die Reise um die Welt in 80 Tagen in Webseiten-Frames statt, und die Geschichte von Christiane F. zeigt sich allein in ihrem von Bild zu Bild degenerierenden Gesicht. Und so sind natürlich nicht wirklich die literarischen Vorlagen im Mittelpunkt, sondern die unendlichen Möglichkeiten, wie man mit Bildern ein Thema kreativ aufarbeiten kann.
Ursprünglich 2002 als Kostenlos-Heft der Reihe Moga Mobo erschienen und mit dem Max-und-Moritz-Preis geehrt, ist die überarbeitete Hochglanz-Neuausgabe bei Ehapa außerdem ein weiterer löblicher Versuch, den Buchhandel auf die literarischen Qualitäten aufmerksam zu machen, die das Medium Comic mittlerweile vorzuweisen hat. Schließlich ist zurzeit die „Graphic Novel“ en vogue (m.E. völlig zu Recht), und dieses Experiment rückt den Comic zumindest ideell weiter in die Nähe „herkömmlicher“ Literatur. Unverzichtbar für jeden Bild-ungsbürger!
100 Meisterwerke der Weltliteratur
Hrsg. von Titus Ackermann, Jonas Greulich und Thomas Gronle,
112 Seiten,
Ehapa-Verlag, 9,95 Euro
100 Meisterwerke der Weltliteratur kannst Du gerne hier kaufen.
(c) der Abb.: Ehapa und Autoren
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