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Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder :: Comic Radio Show :: Comics erfrischend subjektiv, seit 1992!  
26.04.2024, 16:01 Uhr
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geschrieben von Peixe am Samstag, 18. Juli 2009 (7618 Aufrufe) druckerfreundliche Ansicht
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Eine Graphic Novel nach dem Film von Fritz Lang


Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder Jon J Muth aktualisiert den berühmten Filmklassiker von Fritz Lang "M - Eine Stadt sucht einen Mörder", ein Film, der heute immer noch zu fesseln versteht, als ganz besonderen Comic.

Die Geschichte erzählt von den Nöten der Frauen, deren Kinder nicht heimkehren, weil sie von einem Serienmörder umgebracht werden. Erzählt von der indizienlosen Suche der Polizei nach ihm und vom Mörder selber, beschreibt die Hysterie der Stadt, die unschuldige Opfer sucht und findet, um mit dem Grauen fertig zu werden. Dann beschreibt die Geschichte das Eintreten der Untergrundorganisationen, deren Geschäfte durch die gehäuften Polizeirazzien gestört werden. Gleichzeitig machen Staatsgewalt und Verbrecherbanden den Mörder ausfindig, doch den professionellen Mördern, Räubern und Dieben bleibt genug Zeit, um im Untergrund ein gespenstisches Gericht über dem Kindermörder abzuhalten. Schon diese Inhaltsangabe macht deutlich, es geht in "M" nicht um einen Helden oder genialen Verbrecher, sondern um die Reaktion einer ganzen Stadt, eines Gemeinwesens auf die schrecklichen Gräultaten. Den Schlusssatz ("Man muss halt auf die Kleinen besser aufpassen.") übernimmt Muth vom Film. Eine Deutung auf die Weimarer Republik (= die "Kleinen"), sprich die junge Demokratie, die von ihren Bürgern (= "man") besser vor Populisten beschützt werden müsse, erscheint mir die stimmigere, sei aber nach fachwissenschaftlichem Diskurs nicht korrekt (wie gut, dass die ComicRadioShow subjektive Meinungen erlaubt!!). Folglich bleibt sie auf Kinder bezogen im Comic als Lösung so platt und hilflos wie im Film.

Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Und unterstellt man nicht nur Kindesmord, sondern Kindesmissbrauch, dann wäre die Anlage der Geschichte für heute gänzlich ungeschickt gewählt, denn Kinder werden von "fremden Onkels" statistisch nur selten missbraucht - die überwiegende Zahl an Missbräuchen findet in der Familie und im näheren Bekanntenkreis statt, also: "Vertraue den Fremden, aber hüte Dich vor Deinen Eltern und unseren Bekannten, mein Kind!"

Das Vorwort schreibt Georg Seeßlen, eine gute Wahl, denn Seeßlen ist einerseits dem Medium Comic als Maler nicht ganz fern, andererseits hat er sich als Kritiker (und Lobender) des Films "M" von Lang schon intensiv mit der Materie befasst. Die Aufmachung von CrossCult ist gewohnt exzellent, die zahlreichen Vor- und Nachworte passend (Ich habe sie verschlungen!) - ein Kompliment an die deutschen Herausgeber!

Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Wie hat sich Muth den lange zurückliegenden Stoff angeeignet? Er hat mit Freunden und Bekannten die Szenen nachgestellt und fotografiert, diese Fotos dann zeichnerisch verfremdet und zusammengefügt, ein intensiver Prozess, der ein Eintauchen in die Materie nötig macht, die auch überraschende Ergebnisse hervorbringen kann, anders als Comickünstler, die ihren Plan vollständig im Kopf haben und ihn nur noch umsetzen müssen. So macht Muth deutlich, dass er als Amerikaner nicht ein deutsches Zeitdokument von 1931 einfangen möchte, sondern die immer noch aktuellen Inhalte und immer noch beeindruckenden Techniken für das Medium Comic und die gegenwärtige Zeit neu erschaffen möchte. Durch das stilistische Mittel der Verfremdung der Fotos vermeidet er zudem, ein US-amerikanisches Zeitdokument von 1990 zu kreieren. Stattdessen schafft er Identifikationsmöglichkeiten, die auch in Deutschland 2008 und auch 2035 noch erfahrbar sein werden. Dazu setzt er geschickt eigene Akzente in der Symbolsprache, muss die Musik (Langs erster Tonfilm , aber immer noch mit Stummfilmpassagen) zeichnerisch einfangen und kann mit Farbeffekten wunderbare und grausame Akzente setzen, also die Vorteile seines eigenen Mediums voll ausschöpfen. (Auf einen intensiven Vergleich von Comic und Film verzichte ich, das Vor- und Nachwort erfüllen diese Aufgabe viel umfassender und fachkundiger als ich es hier könnte.)

Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Inhaltlich drängen sich eine ganze Reihe von aktuellen Bezügen förmlich auf: Die neuen Debatten um Folter, Todesstrafe, Wegsperren von Kinderschändern, manchmal der Ruf nach einem autoritären Regime in Deutschland, von dem sich manche mehr versprechen als vom langsamen und konsenssuchenden Diskurs einer Demokratie (klar, dass die Diktatur die eigenen Ansichten und Einstellungen umsetzen würde...). Lang machte deutlich, dass er sich nicht mit Tricks vor den kniffeligen Fragen drücken wollte und deshalb ganz bewusst die Frage nach Lynchjustiz und Rechtsstaatlichkeit 1931 angesichts eines tatsächlichen Kindermörders ausführt. In den USA verbat ihm die Zensur eine ähnliche Konstruktion: Aus einem Film gegen Lynchjustiz, in dem ein Afro-Amerikaner tatsächliche eine weiße Frau vergewaltigt haben sollte, wurde ein unschuldig verdächtigter Weißer, der knapp der Lynchjustiz entgeht.

Eine Aktualisierung für Europa im 21. Jahrhundert hätte dem Schränker als Wortführer des Lynchmobs der Unterwelt und Chef-Ankläger im Pseudo-Gericht Ähnlichkeit mit den großen Populisten unserer Tage gegeben, etwa Geert Wilders oder Jean-Marie Le Pen; durch das Fehlen solcher zeitbezogener Parallelen bleibt der Fokus auf den Inhalten und lässt sich in 10 oder 20 Jahren auf die dann in diesem Duktus aufwiegelnden Rechtspopulisten münzen. Besonders deutlich wird dies bei dem, auch von Muth nicht korrigierten semantisch fehlerhaften Satz "Einen Menschen wie Dich muss man ausrotten!" "Ausrotten" kann man aber keinen Einzelnen, sondern nur Gruppen von Mitmenschen. Besonders perfide wird diese Argumentation, wenn man sich vor Augen führt, dass das Hauptmotiv der Verbrecherorganisation für die geplante Ermordung des Kindermörders der ist, dass die intensive Suche der Polizei ihre "Geschäfte" stört. In ganz ähnlicher Weise werden heute Ausländer, Religionsangehörige und andere benutzt, um aus der populistischen Stimmung politisches Kapital zu schlagen.

Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Der große Vorteil von Film und Buch gemeinsam ist, dass beide zum Kern der zentralen ethischen und gesellschaftlichen Frage rasch vorstoßen und den Umgang mit gefährlichen Menschen sowohl als Gefahr für Kinder (der Mörder) als auch die Gesellschaft und ihrer Rechtsstaatlichkeit (der Lynchmob) so thematisieren, dass beide Positionen mit bestmöglicher Form dargestellt werden - ganz im klassischen rhetorischen Muster, nur, dass die Konklusion dem Leser bzw. Zuschauer überlassen bleibt. Diese Offenheit erklärt auch, warum Thea Harbou als die eine Drehbuchautorin sich später den Nationalsozialisten und ihrer menschenverachtenden Ideologie verschrieb, während Fritz Lang - der andere Drehbuchautor - aufgrund seiner immer deutlicher werdenden Kritik am Nazi-Regime schließlich ausgewandert ist. Auch die Identifikation von Schränker mit heutigen rechtsextremen Populisten, wie ich sie naheliegend finde, trägt die Gefahr in sich, dass heute Bürger und Bürgerinnen ihre Meinung dort besser vertreten finden. Folterverbot, Abschaffung der Todesstrafe, Menschenrechte für Verbrecher - solche Fundamente unserer Zivilisation haben in mancher öffentlichen Meinung zumindest Risse bekommen. Gerade darum ist dieses Comic (und weiterhin Fritz Langs Film, den ich mir zu Ehren des Comics erstmalig angeschaut habe!) uneingeschränkt empfehlenswert.

Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder


M.

Eine Graphic Novel nach dem Film von Fritz Lang

Drehbuch: Thea Harbou und Fritz Lang Grafik: Jon J Muth mit Vor- und Nachworten von Georg Seeßlen, Jon J Muth und Jochen Ecke

208 Seiten, Hardcover, s/w mit Gelbstich und Farbeffekten

CrossCult, Ludwigshafen, 25 Euro Empfohlenes Lesealter: 16+

2008




Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder kannst Du gerne hier kaufen.

LESEPROBE zu M – Eine Stadt sucht einen Mörder





Der Cross-Cult Verlag schreibt über den Künstler: JON J. MUTH

Jon J Muth Der Amerikaner Jon J. Muth gehört zu den Pionieren der Graphic Novel und hat sich schon Zeit seines Künstlerlebens für einen artistischen Zugriff auf das Medium Comic eingesetzt. Die New York Times beschrieb seine Wasserfarben-Illustrationen als "unaufdringlich bahnbrechend". Muth schrieb und bebilderte zahlreiche Kinderbücher. Unter anderem illustrierte er "A Family of Poems", einen Gedichtband für Kinder von der John F. Kennedy-Tocher Caroline Kennedy, eines der meist verkauften Kinderbücher der letzten Jahre.


Jon J Muth: M – Eine Stadt sucht einen Mörder


(c) der Abb: Autoren und Cross-Cult

Quelle Zeichnerinfo: Cross-Cult

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