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geschrieben von Aleks A. am
Freitag, 29. Oktober 1999
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Opulent und ansprechend
Kurioserweise entstanden in München nahezu zeitgleich zwei Goethe-Comics: Christian Moser brachte beim Knaur Verlag "Goethe - Die ganze Wahrheit" heraus. Hierbei handelt es sich um eine gefällig gestaltete Klamauk-Biographie. Der Stuttgarter Ehapa Verlag hat mit seinem zweiteiligen Goethe-Projekt hingegen ein sehr viel höher gehängtes Ziel: "Die Popularisierung von Leben und Werk Johann Wolfgang Goethe im Medium der illustrierten graphischen Erzählung."
Der erste Teil der Goethe-Biographie erschien bereits im Frühjahr unter dem Titel "Zum Sehen geboren". Bei diesem Album hakte der Illustrator Christoph Kirsch die wichtigsten Stationen der ersten Hälfte des Dichterlebens eher brav und bieder ab. Das Buch konnte sich auf einigen Bestsellerlisten plazieren und erntete auch einige gute Kritiken. Trotzdem wünschte sich das Goethe-Institut, welches das Projekt anregte und finanzierte, für die Fortsetzung eine etwas filmischere Erzählweise.
Für diesen Auftrag war Thomas von Kummant genau der Richtige, denn er sieht das Medium Comic nicht nur als Möglichkeit für eine Aneinanderreihung von schönen Bildern, sondern ist genauso stark daran interessiert durch diese Bildern auch zu erzählen. Daher zeigte er dem Autor Friedemann Bedürftig, der schon für den Carlsen Verlag eine ebenso textlastige wie umstrittene Hitler-Comic-Biographie verfaßte, zunächst erst einmal einige Comics von Hermann ("Comanche", "Andy Morgan"), dem bildstarken Comic-Erzähler schlechthin.
Dies öffnete dem Germanisten und Historiker Bedürftig die Augen und dadurch sah er nun völlig neue Möglichkeiten zu erzählen. Im Gegensatz zum ersten Goethe-Comic bestand er nicht mehr auf überfüllten Sprechblasen und ständigen mit Jahreszahlen versehenen Szenenwechseln. Gemeinsam mit Thomas entwickelte er, mit einer Theateraufführung des Faustes als Rahmenhandlung, längere Szenen. Diese sollen nun die wichtige Aspekte im Leben Goethes, wie etwa seine Freundschaft zu Schiller oder seine Begegnung mit dem sehr viel weniger angepaßten Beethoven, verdeutlichen und könnten so manchen Comicleser wirklich dazu verleiten auch einmal zu einem Werk Goethes zu greifen.
Ein großes Problem war der Zeitdruck unter dem das Projekt entstand. Thomas hatte für die vierzig Comic-Seiten nur wenige Monate Zeit, denn der Comic sollte noch im Goethejahr 1999 (der Dichter feiert gerade seinen 250. Geburtstag) erscheinen. Zum Glück fand Thomas in dem ebenfalls in der Artillerie beheimateten Benjamin von Eckartsberg (noch ein Adliger!) einen eigenwilligen Coloristen, dessen nicht am Computer erzeugte Farbgebung ihn sehr oft angenehm überraschte. Sogar die ansonsten nicht gerade für ein opulentes Layout bekannte "Süddeutsche Zeitung" druckte bereits zweimal Goethe-Seiten in Farbe ab. Nicht unerwähnt bleiben muss in diesem Zusammenhang auch das einfühlsame Handlettering von Robert Platzgumma. Hierdurch fügt sich die vom Goethe-Institut geforderte eigentlich comic-untypische Groß- und Kleinschreibung trotzdem gut ins Gesamtbild ein.
Obwohl Thomas ganz schön unter Zeitdruck stand, ließ er es sich trotzdem nicht nehmen nach Weimar zu fahren und eigene Recherchen durchzuführen. Dort suchte er auch nach authentischen Hintergründen für seine Zeichnungen. So fand er zum Beispiel vor dem Goethehaus einen markanten Baum, den er für eine längere Dialogszene zwischen Goethe und Schiller einsetzten konnte. Hierdurch wirken die Bilder des Comics sehr viel lebendiger, dichter und auch "echter" als wenn als Vorlage für die Bildhintergründe nur auf allgemein zugängliche Fotos des Hauses benutzt worden wären. So entstand unter dem schönen und auch passenden Titel "Zum Schauen bestellt" eins der optisch ansprechensten deutsche Comicalben. (hl)
Goethe - Bd.2: Zum Schauen bestellt
Text: Friedemann Bedürfig
Zeichnungen: Thomas von Kummant
Farben: Benjamin von Eckartsberg
56 Seiten, Hardcover, DIN A4
Ehapa, 19.80 DM/sFr, 145.- öS
November 1999
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