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L'état Morbide :: Comic Radio Show :: Comics erfrischend subjektiv, seit 1992!  
26.04.2024, 15:47 Uhr
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geschrieben von M.Behringer am Samstag, 01. Oktober 2022 (1116 Aufrufe) druckerfreundliche Ansicht
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Vielschichtiges Mystery-Labyrinth: hypnotisch, morbid, makaber


L'état Morbide Der belgische Comicautor Daniel Hulet verstarb mit 55 Jahren leider viel zu früh. Da er erst spät zum Comic fand, hat er uns deshalb ein überschaubares, aber umso außergewöhnlicheres Werk hinterlassen. Seine Trilogie „L'état Morbide“ ist seine erste persönliche Arbeit, die er in komplett in Eigenregie und ohne inhaltliche Grenzen realisierte. Bisher gab es die außergewöhnliche Trilogie lediglich in Softcover-Einzelalben (Feest). Der Splitter Verlag hat eine gebundene Gesamtausgabe herausgebracht, die dem Werk gerecht wird und ein umfangreiches redaktionelles Bonusmaterial enthält.

Brüssel: Der Comiczeichner Charles Haegeman bezieht eine dunkle und unwohnliche Mietswohnung, weil er sich von dem außergewöhnlichen Flair Inspiration erhofft. Doch nicht nur das Erscheinungsbild ist ungewöhnlich: Auch die Bewohner verhalten sich seltsam. Charles Freundin Alma rät ihm, auszuzuiehen, aber Charles fühlt sich von den rätselhaften Geschehnissen umso mehr angezogen und gerät in einen exzessiven Strudel.

Zunächst fällt auf, dass die Trilogie nicht nur in drei Alben unterteilt ist, sondern auch in drei Hauptakte und mehrere Szenen. Dadurch ist schon allein formell klar, dass man hier keinen gewöhnlichen Comic in der Hand hält. Vielmehr erinnert schon der Aufbau an ein Theaterstück. Daneben verwendet Hulet eingangs Zitate aus der Literatur: Rilke oder Baudelaire sind nur zwei Beispiele.

L'état Morbide

Und dann kommen wir auch schon zum Inhalt. Die Zitate reißen die Stimmung schon an: Rilke kommt aus der schwarzen Romantik und Baudelaire ist für seine (dem Absinth geschuldeten) rauschhaften Ausschweifungen bekannt. Der Erzählton ist makaber, die Motive sind morbide, die Story wird spätestens ab dem zweiten Akt hypnotisch. Verweise auf Francis Bacon und David Lynch kommen einen in den Sinn.

Der Protagonist taumelt angestachelt durch seine unersättliche Neugier in ein alptraumhaftes Labyrinth, in ein morbides Rätsel. Einerseits spielt sich das alles hauptsächlich in einem Mietshaus ab, wodurch es einem Kammerspiel ähnelt, auf der anderen Seite erlebt der Protagonist ein makabres Theater, das geistig, aber auch äußerlich stattfindet. Daneben gibt es aber auch Szenen, die in Brüssel spielen, wodurch ein urbanes Flair entsteht. Das verstärkt die Verwendung von Figuren aus er Punkszene, die durch ihren Slang und durch ihre Kleidung für Urbanität sorgen.

L'état Morbide

Auch Hulets Artwork ist einzigartig: Passend zu Form und Sujet sind die Farben insgesamt düster gehalten, aber er setzt auch gezielt Rot und Grün ein (die Farben von Brüssel), was einen grellen, surrealen Effekt hat. Hulets größte Stärke sind die morbiden und alptraumhaften Motive, die wie kein zweiter meisterlich beherrscht.

Als belgischer Künstler steht er hier unverkennbar in der kunsthistorischen Tradition von Bosch und Bruegel, die für ihre detailversessenen Wimmelbilder aus der Hölle bekannt sind. Daneben steht sein Strich in der Comictradition von Hermann. Die Hintergründe sind realistisch, ein Brüssel-Kenner dürfte die Schauplätze erkennen. Die Figuren sind auch realistisch gehalten – mit eindeutigem Hermann Einschlag. Mittendrin variiert er seinen Stil für eine Sequenz, was inhaltlich geschuldet ist und zeigt, dass der Belgier auch andere Stile beherrscht.

Auffällig und gewissermaßen innovativ sind auch die ungewöhnlichen Panelformen, die nicht rechtwinklig, sondern gezackt geformt sind. Die Panelrahmen sind sehr dick und schwarz, wodurch die düstere Stimmung betont wird. Die gezackten Formen und die ungewöhnlichen Seitenlayouts, die schief, dynamisch und expressiv aufgebaut sind erinnern an den expressionistischen Stummfilm. Überhaupt ist Hulet nicht nur stark von der Literatur, sondern eben auch vom Kino inspiriert worden. Nicht nur von David Lynch, sondern auch Einflüsse von Roman Polanskis „Der Mieter“ und andere Vorbilder kann man in „L'état Morbide“ erkennen.

L'état Morbide
(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung, Splitter Verlag 2022


Für Hulet war es der Durchbruch als Comicautor mit individueller Handschrift und ermöglichte ihm, zwei weitere unvergleichbare Trilogien zu realisieren („Immondys“ und „Extra Muros“). Der Splitter Verlag hat mit der Gesamtausgabe eine würdige Edition der Trilogie veröffentlicht, die einen ausführlichen redaktionellen Teil enthält, der Hulets Gesamtwerk und Leben detailliert und interessant nachzeichnet.

Hulets außergewöhnliche Trilogie ist nichts für Zartbesaitete mit schwachen Nerven und auch nichts für diejenigen, die geradlinige Genrecomics bevorzugen. Vielmehr ist es ein innovatives polyphones Rätsel, das den Leser unweigerlich in den Bann zieht und eine eigene Interpretation zulässt. „L'état Morbide“ ist ein kafkaeskes hypnotisches Labyrinth, das einen nachhaltig beschäftigt und beeindruckt und zum mehrfachen Lesen einlädt, weil man immer wieder Neues entdecken kann.

10 Jahre CRS - A Tribute
Dies zeichnete uns Hulet zum 10jährigen Jubiläum der ComicRadioShow

L'état Morbide

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