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geschrieben von StefanS am
Sonntag, 02. August 2020
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Ästhetisch wie inhaltlich gehaltvolle Biographie der Superman-Erfinder
„Joe Shuster: Der Vater der Superhelden“ lässt den betagten Joe Shuster auf sein Leben zurückblicken. Bei unserer ersten Begegnung mit ihm in der Story treffen wir auf einen sowohl körperlich als auch finanziell schwer angeschlagenen Mann, der 1975 von einem Polizisten auf einer Parkbank in Queens in New York aufgelesen wird.
Thomas Campi verwendet Aquarellmalerei, um die Geschichte von Zeichner Joe Shuster und Autor Jerry Siegel in Szene zu setzen. Das wirkt sehr stimmungs- und würdevoll. Teilweise wird der Stil verändert. Und, leider zu selten, werden auch Comicbilder gezeigt und kluge Anspielungen verwendet, wie etwa die Gegenüberstellung des Jokers und des Batman-Zeichners Bob Kane, in diesem Fall zur Demonstration dessen schäbigerer Charakterseiten, unterschlug dieser der Öffentlichkeit doch lange, dass Bill Finger die Geschichten schrieb und anonyme Zeichner, die Bilder lieferten. Auch gegenüber Shuster und Siegel verhielt er sich illoyal.
Der Comic ist ähnlich faszinierend und melancholisch, beflügelnd, gleichermaßen ermutigend wie ernüchternd wie andere Biographien großer Unternehmensgründer, sei es der Film „The Founder“ über McDonalds oder der Comic „The Moneyman“ über Roy und Walt Disney. Die USA bieten für fleißige, talentierte und ehrgeizige Menschen enorme Aufstiegschancen, aber es geht ganz schnell und raffiniertere, skrupellosere Konkurrenten oder Geschäftspartner ziehen einen über den Tisch.
Der Großteil der Story widmet sich der Kindheit und Jugend der beiden Freunde Shuster und Siegel. Beide entdecken früh ihr Talent, der eine fürs Zeichnen, der andere fürs Schreiben. Eltern und Lehrer erkennen und unterstützen den jungen Shuster. Siegel hingegen ist offensichtlich noch weit mehr von der Idee besessen, es mit seinen Figuren und Geschichten so weit wie möglich zu bringen. Die Beiden veröffentlichen in Schülerzeitungen, selbst herausgegeben Heften und wenig erfolgreichen „Science Fiction“-Magazinen. Es sind junge Leute, die Geschichten für eine neue Generation erfinden und es letztlich schaffen mit „Superman“ ein ganzes Genre, die Superheldencomics“, zu begründen. Der Verleger beherzigt was jeder Kaufmann früh lernt: man kauft möglichst billig ein und verkauft dann so teuer wie möglich weiter. Und so erhalten Shuster und Siegel 130 Dollar für ihre Arbeit, das war selbst 1938 keine Riesensumme, und treten mit einem Vertrag sämtliche Rechte an der Figur und ihrem Werk ab. Comics, Fernsehserien, Filme, Spielzeuge etc. brachten Millionen Dollar ein. Diese Ungerechtigkeit und die Versuche ihre künstlerische und eine faire finanzielle Anerkennung für ihre Erfindung zu erhalten füllt die zweite Hälfte des Comics.
Der Comic ist größtenteils recht melancholisch. Die Männer stammen aus jüdischen Verhältnissen, Shuster aus ärmlichen, Siegel aus wohlhabenden. Die erste Liebe, Schikanen in der Schule und Einblicke in den Familienalltag erzeugen eine Bindung der Figuren mit dem Leser. Richtig inspirierend und hochinteressant, gerade für Comicfreunde, sind dann die Szenen, in denen der Arbeitsprozess gezeigt wird. Sehr charmant: die beiden jungen Männer bezahlen ein junges Fotomodell, um für die Figur Lois Lane zu posieren. Die wiederum basiert auf einen Mädchen, das Siegel während der Schulzeit immer schüchtern bewunderte, ohne sie je für sich gewinnen zu können. Ähnliche Erfahrungen dürften die meisten Leser selbst gemacht haben und so sind sowohl „Superman“ als auch Shuster und Siegel universelle Identifikationsfiguren für jeden Menschen und ihre Geschichte steht stellvertretend für den Amerikanischen Traum.
Stefan Svik.
Wertung: 92 %
Joe Shuster: Vater der Superhelden
Genre: Biographie
Texte: Julian Voloj
Zeichnungen: Thomas Campi
Übersetzung: Julian Voloj
176 Seiten, Hardcover, farbig
2018 Carlsen Verlag, 19,99 Euro
(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigh
ung: Carlsen Verlag 2018
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