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geschrieben von Micha am
Montag, 13. Juli 2015
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Die Zähmung einer widerspenstigen Taubblinden
1887. Die 20-jähige Annie hat es schwer gehabt im Leben. Sehbehindert, Mutter und Bruder an Tbc gestorben, Vater abgehauen, im Armenhaus aufgewachsen. Nun aber hat sie einen guten Schulabschluss am Perkins-Institut für Blinde in Boston gemacht und geht in den tiefen Süden nach Alabama, um dort die taubblinde Tochter der Familie Keller zu unterrichten und ihr einen Zugang zur Welt zu verschaffen. Doch die 7-jährige Helen erweist sich als bockig und verzogen, und Annie muss ihr nicht nur das Taubstummenalphabet, sondern auch sozialverträgliches Benehmen beibringen. Das artet in handfeste Rangeleien aus, zum großen Missfallen von Helens Vater, einem ehemaligen Südstaaten-Hauptmann, der das Yankee-Mädchen aus der Unterschicht ohnehin kritisch beäugt.
Doch durch das Vertrauen von Helens Mutter und Annies Hartnäckigkeit macht Helen spektakuläre Fortschritte, die vom Leiter des Perkins-Instituts medial ausgeschlachtet werden. Annie muss sich nun auch noch mit Journalisten und ihrem Bild in der Öffentlichkeit auseinandersetzen. Schließlich kommt es zu einem Skandal, der ihre Integrität infrage stellt...
Auch wenn die deutsche Fassung dieser Graphic Novel den Untertitel „Die Geschichte von Helen Keller“ trägt, ist die zentrale Figur doch deren Lehrerin Anne Sullivan. Immer wieder gibt es Rückblenden über Annies Vorgeschichte, während Helens Leben nur im Rahmen ihrer Lehrer-Schüler-Beziehung vorkommt. Der Originaltitel lautet denn auch „Annie Sullivan and the Trials of Helen Keller“, und Zeichner Joseph Lambert stellt sie als vielschichtigen Charakter dar, von dem die idealisierte Darstellung in Literatur und dem preisgekrönten Spielfilm „Licht im Dunkel“ (1962) eben nur einen Ausschnitt darstellt.
Nichtsdestotrotz ist Hellen Keller der bekanntere Name, und Teile der Geschichte werden aus ihrer Perspektive erzählt. Dabei gelingt es Lambert, das Innenleben einer Taubblinden glaubwürdig grafisch darzustellen. Anfangs ist Helens Selbstbild sehr verschwommen und bekommt im Verlauf des Buches immer mehr Kontur. Für die deutsche Ausgabe hat Lambert außerdem die dargestellten Zeichen des amerikanischen Fingeralphabets für Taubstumme neu gezeichnet, so dass Helen P-U-P-P-E statt D-O-L-L und W-A-S-S-E-R statt W-A-T-E-R anzeigt.
Die immer wieder eingeschobenen Rückblenden verwirren zwar hin und wieder etwas, lockern die Erzählung aber auf und verleihen ihr Struktur. Insgesamt ein sehr gelungenes Werk!
Sprechende Hände
von Joseph Lambert,
96 Seiten,
Egmont Graphic Novel, 19,99 Euro
Am Besten kauft man sich das Comic beim Comichändler seines Vertrauens ...jedoch... Sprechende Hände kannst Du auch hier kaufen.
(c) der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Egmont Verlag 2015
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