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geschrieben von StefanS am
Mittwoch, 09. Juli 2014
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Sherlock Holmes und Inspektor Canardo und Steam Punk
Sherlock Holmes Interpretationen gibt es viele. „Grandville Mon Amour“ ist eine, die besonders liebevoll und schön gezeichnet ist! Frankreich hat sich Großbritannien einverleibt, die Monarchie auf der Insel wurde endgültig abgeschafft und Sherlock ist ein Dachs – Grund genug mal genauer hinzuschauen und zu prüfen, ob die Geschichte den wundervollen Zeichnungen ebenbürtig ist.
Detective Inspector LeBrock, ein Dachs mit frappierender Ähnlichkeit mit einem Ermittler aus der Baker Street, und sein Assistent Roderick Ratzi, eine Ratte, haben einen neuen Fall zu lösen. Aus dem Tower von London ist „Mad Dog“ Mastock entkommen, ein zum Tode verurteilter Mörder.
Napoleon hatte die Schlacht von Waterloo gewonnen, die Sozialistische Republik Britannia gehört nun zum französischen Empire – so ist es zumindest in dem Steam-Punk-Paralleluniversum dieser Geschichte. LeBrock beginnt seinen Tag mit Kaffee statt mit Tee, liest Voltaire und bewegt sich in einem London mit französisch gekleideten Bürgern.
Revolutionswirren, Freiheitskämpfer / Terroristen, etwas Jack the Ripper, „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ und ganz viel Inspektor Canardo – so der erste Eindruck dieses dunklen, aber auch für junge Leser geeigneten Comics. Durchaus raffiniert vermischt und mit überraschenden Wendungen, aber auch genügend Verbeugungen vor der (Comic-)Geschichte, so sehen wir etwa einen Donald Duck im Gefängnis. Und im Interview im Anhang des Comics werden weitere Hintergründe und Inspirationen besprochen.
Steam Punk hat was faszinierendes! Die deutsche Comic-Reihe „Steam Noir“ von Felix Mertikat, Benjam Schreuder und Verena Klinke etwa ist zeichnerisch und erzählerisch sehr gelungen. Noch mehr Reiz geht von einem Videospiel wie „Bioshock Infinte“ aus, auch weil man dort viel intensiver Teil einer, gleichzeitig beklemmenden als auch schaurig-schönen, Welt ist.
„Grandville Mon Amour“ wirkt wie eine schwächere Version von Canardo. Die Geschichte ist zu wenig originell, zu vieles ist schon zu oft durchgekaut worden – das Rotlichtviertel von Paris wurde in „Die Liga“ von Alan Moore erheblich fulminanter in eine grandiose Story eingebaut. Talbot bietet phantastische Zeichnungen, aber seine Figuren bleiben eindimensional, es fehlt an Pepp. Spannung kommt nicht auf – dafür wurden die Elemente schon viel zu oft und unterhaltsamer von Sir Conan Doyle erzählt.
Die Idee mit der französischen Besetzung Englands funktioniert als Lockmittel – man möchte mehr darüber erfahren, aber bekommt kaum etwas zum Thema geboten.
Das es in dieser Welt Tiere mit menschlichen Zügen, gleichzeitig aber auch Tiere, wie von der Realität gewohnt gibt – lässt schmunzeln. Da wird dem Dachs in Menschengröße von einer Maus in Mäuse-Größe das Brot stibitzt – ohne weiter darauf einzugehen, warum diese Welt so ist, in der es im übrigen auch Menschen gibt. Diese werden „Teig-Gesichter“ genannt.
Im Interview am Ende des Comics ist mehr über die bisherigen vier Teile der „Grandville“-Serie zu erfahren. Gut möglich, dass hier eine Konkurrenz für Inspektor Canardo entsteht, fürs erste bleibt die Humphrey-Bogart-Ente mit Fluppe und Trenchcoat die stimmigere Reihe. Zeichnerisch liegen sie aber bereits gleichauf.
Wertung: 72 %
Grandville Mon Amour
Text & Zeichnungen: Bryan Talbot
Übersetzung aus dem Englischen: Resel Rebiersch
Extras: Skizzen und Interview mit Bryan Talbot
104 Seiten, Hardcover, farbig
2013 Schreiber und Leser, 24,80 Euro
Am Besten kauft man sich das Comic beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Grandville kann man auch hier bestellen
Grandville 2 Mon Amour kann man auch hier bestellen
(C)opyright der Abbildungen mit freundlicher genehmigung: Bryan Talbot 2011 / 2013 Schreiber und Leser
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