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geschrieben von Micha am
Dienstag, 02. April 2013
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Die andere Seite einer Insel
Auf Mallorca gibt’s nicht nur Ballermann – sondern auch Comiczeichner, und zwar welche mit Niveau. Von zwei von ihnen stammt dieser Band. Gabriel „Gabi“ Beltrán erzählt darin aus seinen Jugenderinnerungen von Anfang der 80er Jahre, von einer dem teutonischen Touristen völlig unbekannten Seite des 17. Bundeslandes.
Der vierzehnjährige Gabi und seine Freunde fangen die Matrosen auf Landgang am Hafen von Palma ab, um ihnen gegen Bares Señoritas zu vermitteln. Sie kommen ins Gespräch. „Wir verlassen nie unser Viertel, das Nuttenviertel.“ Die Matrosen fragen nach: „Mit 14 wisst ihr schon, was Nutten sind?“ „Das wussten wir schon mit acht.“ Kein Wunder, arbeiten doch die meisten Mütter der Freunde Gabis in diesem Gewerbe. Daher ist auch besondere Auswahl geboten, als es darum geht, erste Erfahrungen mit Frauen zu gewinnen – Gabi verliert seine Unschuld an eine Prostituierte.
Aus diesem Milieu gibt es kaum Entkommen, die Karriere scheint vorgezeichnet (ungewolltes Wortspiel): Wird am Anfang nur gesoffen und gekifft, liegt später Spritzbesteck herum. Beltran verzeichnet gewissenhaft, wann die Freunde, von denen er erzählt und die nicht schon früh verschwinden, einmal ihre Überdosis schießen werden.
In ihrer Sehnsucht nach Flucht von ihrem Eingesperrtsein im Viertel und auf der Insel schwimmen die Jugendlichen immer wieder weit hinaus ins Meer, nur um doch wieder umzukehren. Nur „der Zeichner“, wie ihn seine Freunde damals schon nennen, wird den Absprung schaffen.
Gezeichnet wird dieser Comic allerdings von Beltráns Kollegen Seguí, ebenfalls Mallorquiner. Dessen Zeichenstil ist sehr gefällig und angenehm anzusehen. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist, denn das Bittere und Düstere kommt dadurch wohl etwas zu harmlos herüber, andererseits erspart es einem so aber auch einiges an Schrecken.
Einziger Kritikpunkt ist ansonsten, dass es als eine Sammlung von zusammenhanglosen Geschichten keinen dramaturgischen Höhepunkt gibt, die das Ganze noch bewegender hätte machen können. Wahrscheinlich war es Beltrán bei dieser Innenansicht wichtiger, nichts hinzuzufügen und bei der Wahrheit zu bleiben. Aber auch so ist dieser Band wirklich sehr gelungen. Um so schöner zu erfahren, dass das Team an einem zweiten Teil arbeitet, der die nächsten zwei Jahre mit der Wirkung von Gewalt und der Verbreitung von Heroin behandelt. Diesen ersten Teil bitte schon mal beim nächsten Mallorca-Urlaub mitnehmen!
Geschichten aus dem Viertel
von Gabriel „Gabi“ Beltrán und Bartolomé Seguí,
152 Seiten,
avant-verlag, 19,95 Euro
Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Geschichten aus dem Viertel kann man auch gerne hier kaufen.
(c) der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Avant-Verlag
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