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geschrieben von StefanS am
Dienstag, 12. März 2013
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Das übersehene, einsame Genie
Da hat sich Panini aber einen ganz großen Schnitzer erlaubt! Auf der Rückseite dieses schick gebundenen Comics des gefeierten Newcomers Jeff Lemire (Animal Man, Sweet Tooth, Superagent Frankenstein) ist zu lesen, auf welcher literarischen Vorlage diese Geschichte basiert. Das nimmt doch die ganze Spannung! Erwähnen darf man das ja, aber doch bitte erst auf der letzten Seite IM Buch und nicht AUF DER RÜCKSEITE!
Wird der Comic, davon abgesehen, dem Ruf des Kanadiers Jeff Lemire gerecht?
Einige Figuren sehen ähnlich aus wie in Sweet Tooth. Wer etwa die oft sehr unruhigen, teils wirren und hektischen Horrorbilder aus dem grandiosen Animal Man kennt (einer der besten Comics des DC-Neustarts!) wird überrascht. The Nobody sieht gänzlich anders aus. Zuerst fällt das Hardcover positiv auf. Hardcover = höherwertiger Inhalt? Hier durchaus! Die Kolorierung ist anfangs gewöhnungsbedürftig: schwarz, weiß und blau. Kühl, nüchtern, trist - die Farbpalette. Schwarz und Weiß sind keine Farben, sondern Kontraste! Ja, ja, Herr Kunstlehrer! Dieser Kniff gibt die Stimmung der Geschichte vor. Die sehr aufgeräumten, konservativen Panels sind, gerade nach der Achterbahnfahrt Animal Man, eine Wohltat: sanft, behutsam, sachlich und beruhigend. Das Comic-gewordene Gegenstück zu einem nachdenklichen, anspruchsvollen Kunstfilm.
Im kleinen Ort Large Mouth, mit seinen 754 Einwohnern, taucht, im Jahre 1994, ein Fremder auf. Das allein ist schon ungewöhnlich genug, in diesem Städtchen, noch dazu da die Angelsaison vorbei ist. Wer ist dieser John Griffen, warum ist er komplett bandagiert und warum verlässt er kaum sein gemietetes Zimmer?
Ist es wichtig, dass die Geschichte 1994 spielt? Muss man da etwas mit Kurt Cobain hineininterpretieren, weil der auch in einem tristen Ort in den USA zu Hause war und dort ein unverstandener Außenseiter war? Lemire ist Jahrgang 1976, er dürfte persönliche Erinnerungen an diese Zeit haben. Spekulieren darf man. Erklärungen gibt der Comic nicht, jegliches Bonusmaterial fehlt. Ein Vor- oder Nachwort gibt es nicht. Bleibt um so mehr Raum um die Geschichte selbst zu deuten. Oder man liest einfach noch die Vorlage, die ja auch verfilmt wurde und die wirklich ziemlich bekannt ist.
Selbst mit dem Vorwissen um welche Geschichte es hier geht bleibt The Nobody eine gut erzählte, gefühlvolle und spannende Graphic Novel. Ein wenig fühlte ich mich an Charles Burns Black Hole oder an den Film Winter's Bone erinnert - allerdings nur was die Stimmung anbelangt. Es kann sehr kalt und feindselig sein, wenn man zu sehr von der Norm abweicht - das ist vielleicht eine große Botschaft dieses Comics. Jeff Lemire ist seinem guten Ruf mal wieder gerecht geworden!
Wertung: 85 %
The Nobody
Autor & Zeichner: Jeff Lemire, Übersetzerin: Gerlinde Althoff,
148 Seiten, Hardcover, Farbe,
Vertigo / Panini Comics 2013, 19,95 Euro
Am Besten kauft man sich den Band beim Comichändler seines Vertrauens...jedoch...
The Nobody kann man auch gerne hier kaufen.
LESEPROBE
(c) der Abb. mit freundlicher genehmigung: Vertigo / Panini Comics.
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