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geschrieben von M.Behringer am
Montag, 23. Juli 2012
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Atmosphärisch dichter Noir-Thriller
Al Pacino spielte sich 1983 durch Brian de Palmas gewaltfixierter Filmadaption von 'Scarface' wieder in die obere Etage Hollywoods. Und Howard Hawks legte 1932 mit seiner temporeichen und schwarzhumorigen Filmversion einen Klassiker des Genres vor. Nun hat sich der Comicautor Christian DeMetter die gleichnamige Vorlage von Armitage Trail aus dem Jahr 1930 angenommen, um einen Comic daraus zu machen.
Der italienische Einwanderer Tony Guarino wandelt sich zu dem gefürchteten und skrupellosen Gangsterboss Tony Camonte, der aufgrund einer Kriegsnarbe den Spitznamen 'Scarface' erhält. Tony fackelt nicht lange herum, entledigt sich Schritt für Schritt seiner Gegner und besticht wichtige Funktionäre von Polizei und Justiz – bis er das Sagen über Chicago hat. Doch je höher er steigt, desto stärker schwindet sein Vertrauen in seine unmittelbare Familie.
De Metter erzählt den Gangster-Mythos temporeich und in düsteren Bildern. Ohne Erzähltext und viel Erklärung reiht er seine gleichförmig erscheinenden Sequenzen einander, die er nur minimal variiert: Drei gleichhohe Panelsequenzen bilden eine Seitenarchitektur, wodurch ein sehr filmischer Eindruck bei der Lektüre entsteht. Nur auf der ersten und der letzten Seite – die eine narrative Klammer bilden – wird die schematische Seitenstruktur und Erzählweise aufgebrochen. Hier gibt es einen Ich-Erzähler (Tony) und fünf seitenbreite Panels.
Die Charaktere werden nur unzureichend skizziert. Allein Tony wird als eindimensionaler, kruder Gangster dargestellt, der kaum Zeit für Frauen hat und dessen einziger Widerspruch seine Sorge um die sozial benachteiligten Kinder ist. Vor allem die Beziehung zu seinem Bruder, der - auf der 'anderen Seite' - als Polizist Recht und Ordnung vertritt, nur durch wenige Rückblenden charakterisiert wird.
Die düsteren Illustrationen enthalten intensive, oft antinaturalistische Farben, die viele Nuancen aufweisen. Grün, Gelb, Blau und Braun sind die dominierenden Farben. Die detaillierten Zeichnungen wirken realistisch und plastisch, weil der Zeichner auf eine starke Konturierung verzichtet – aber auch fotografisch und deshalb statisch. Aufblitzende Bleistiftstriche verströmen einen dezenten Hauch von Skizzenhaftigkeit. Dadurch erzeugt De Metter eine ungemein dichte und eigenwillige Atmosphäre.
De Metters 'Scarface' erweist sich als düstere und atmosphärisch dichte Comicadaption, die weder dem Genre noch dem Mythos des Gangsters als tragischem Held eine neue Dimension hinzufügt. Die Zusammenhänge werden aufgrund von Sprüngen und der Komprimierung der ursprünglichen Handlung nicht gut herausgearbeitet. Kein Wunder, denn die über 200 Seiten starke Vorlage wird auf knapp die Hälfte der Seitenzahl gekürzt. Dennoch dürften gerade Genre-Fans (die großen Wert auf stilvolle Illustrationen legen) bestens mit der Adaption bedient sein.
Scarface
Von Armitage Trail und Christian De Metter
Hardcover, 112 Seiten
Schreiber&Leser 2012
Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Scarface kann man auch gerne hier kaufen.
(c) der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Verlag Schreiber&Leser + Autoren
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