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geschrieben von jochen am
Montag, 28. Dezember 2009
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Wege ins Unglück
Mit der Serie Jeronimus erscheint bei Schreiber & Leser ein für Comics eher ungewöhnliches Genre. Es handelt sich im Grunde um einen historischen Bericht über die Fahrt und den Schiffbruch des niederländischen Schiffes "Batavia". Autor Christophe Dabitch hat die historischen Quellen und die neueren Bücher zu den Geschehnissen in ein lesenswertes Szenario umgesetzt welches vom Zeichner Jean-Denis Pendanx mit malerischen Bildern, passend zu der damaligen Zeit, illustriert wurde.
Ich muss vorweg sagen das ich diesen Comic nicht ohne Vorwissen lesen kann, ich habe vor einiger Zeit das äußerst empfehlenswerte Buch Der Untergang der Batavia von Mike Dash entdeckt, dies wird auch im Comic als eine der Inspirationen vom Autor Dabitch erwähnt. Ich weiß noch so ungefähr was alles passieren wird und kann somit nicht darauf eingehen ob und wie Dabitch und Pendanx es schaffen Interesse an der Geschichte zu wecken, das hatte ich schon vorher.
Diese historischen Begebenheit ist äußerst bewegend, aber hat auch viel von einem spannenden Roman vor exotischer Kulisse. Das Besondere sind die bestürzenden Geschehnisse nach dem Schiffbruch vor der australischen Küste im Jahre 1629. Dort fängt der Comic auch mit einer erstmal unverständlichen Szene an. Auf diesen zwei Seiten, wie in der ganzen Geschichte, spielt Jeronimus Cornelisz eine wesentliche Rolle. Der Rückentext des Comics lautet nicht ohne Grund "Das mehrteilige Epos erzählt die wahre Begebenheit vom Unterkaufmann Jeronimus Cornelisz, dem gläubigen Bürger, der zum Monster wird."
Der Comic ist also auch ein Versuch die Hintergründe und den Weg zur Katastrophe darzustellen. Das es eine gab wird hier am Anfang klar gemacht. Was genau geschehen ist, und wie das Schiff mit seiner Besatzung und den Passagieren dort gelandet ist, wird versucht zu erhellen. So wird geschildert wie ein gut bürgerlicher Apotheker, jener Jeronimus Cornelisz, seine Existenz verliert nachdem er mit dem Tod seiner kleinen Tochter und den Umständen ihrer Erkrankung nicht klarkommt. Nach einiger Zeit wagt er einen Neubeginn an Bord eines Handelsschiffes. Denn wer aus Holland zu der Zeit fliehen wollte ging an Bord eines der Schiffe der Vereenigden Oostindischen Compagnie VOC, der ersten Aktiengesellschaft der Welt.
Cornelisz landete auf der Batavia, in nicht unwichtiger Position als Unterkaufmann, gebildete Männer werden an Bord und am Ziel für die Geschäfte gebraucht. Die Fahrt dieses stolzen "Retourships" Schiffes bis zum Kap der guten Hoffnung wird dann im Rest des ersten Bandes dieser mehrteiligen Serie erzählt. Da geht es um den Beinahe-Untergang ganz am Anfang der Reise, um die anderen Passagiere, auch die weiblichen, aber auch die Eintönigkeit einer solch langen Reise. Die schwierigen bis miserablen Zustände an Bord, besonders für die einfachen Soldaten. Man sieht regelmäßig wie Leichensäcke über Bord gebracht werden.
Dargestellt wird dies von Pendax in realistischen Bildern, die durch ihre Farbgestaltung an Ölgemälde anlehnen und dadurch eine passende historisierende Wirkung haben. Die Seitenaufteilung in Panels ist sehr abwechslungsreich, aber immer der Geschichte dienend. Es wechselt zwischen breiten und hohen Panels, kleinen und großen. Pendax vermag es dadurch sehr geschickt die Zeit den Geschehnisse entsprechend zu dehnen oder zu komprimieren. Auch mit der Auswahl der Perspektiven und Bildausschnitten in den Panels überzeugt der Zeichner.
Auf ähnlich hohen Niveau arbeitet der Szenarist Dabitch hier. Er nutzt zum einen direkte Dialoge, laut Mike Dash sind diese oft in historischen Dokumenten zu finden, bei denen sich Dabitch sicherlich auch bedient hat. Zum anderen aber erläutert er als objektive und historisch einordnende und beschreibene Stimme die Geschehnisse und gibt weitere Hintergrundinformationen. Ab und an scheint auch direkter der Autor durch, so zum Beispiel wenn klar gemacht wird, dass dies oft nur Deutungen und Erklärungsversuche sind, und manches nie geklärt werden kann, oder wenn die Faszination anderer Autoren mit der Geschichte der Batavia erwähnt wird.
Ich bin dem Reiz dieser Reise ins Unglück schon länger erlegen. Aber ein solcher Bericht in Form eines Comic kann durch die graphische Umsetzung ein richtiges "Bild" der historischen Ereignisse liefern, was ein Buch alleine so nicht kann. Insbesondere wenn es eine so gelungene Kombination von Szenario und Zeichnungen ist.
Jeronimus - Erster Teil – Ruhe vor dem Sturm
Autor Christophe Dabitch
Zeichner Jean-Denis Pendanx
80 Seiten, gebunden, Farbe
Schreiber & Leser, 18,80 Euro
Jeronimus sollte man natürlich direkt beim Verlag bestellen!
Jeronimus - Erster Teil – Ruhe vor dem Sturm kannst Du aber gerne auch hier kaufen
Leseprobe zu Jeronimus
(c) der Abb.: Schreiber und Leser + Jean-Denis Pendanx
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