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geschrieben von ReinholtReitberger am
Mittwoch, 10. Januar 2001
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PflichtlektüreDie Begriffe "Body Count" und "Body Bag" gehören dank der vielen Metzelfilme auch hierzulande längst zur kriminalistischen Allgemeinbildung. Die "Leichenzahl" ist so groß, dass sie in praktischen "Leichensäcken" entsorgt werden. Der Detective kommt dann just im Augenblick des Abtransports zum Tatort und zieht zwecks kurzem Blick am praktischen Reißverschluss.
Der Titel "Body Bags" des grandiosen Comic von Jason Pearson ist also Programm und der Leser wird diesbezüglich nicht enttäuscht. Wir beobachten hier Kopfgeldjäger bei der Arbeit, die ihren Job mit solcher Gründlichkeit ausüben, dass sie zu Recht den Kosenamen "Body Baggers", also 'Körpereintüter' bekamen. Der Muskelberg Mack killt vornehmlich mit zwei riesigen Bowie-Messern (vermutlich abgeleitet von Berthold Brechts "Mack the Knife"=Mackie Messer). Ihm kommt nun seine kleine, aber wohlgeformte Tochter Panda in die Quere, die vom Papa vor allem das Killertalent geerbt hat.
Tja, und wieder einmal lernen wir, dass ohne Gewissenbisse dass das Zusehen bei der Ausübung von Gewalt in einem Unterhaltungsmedium sehr wohl Spass machen kann. Obwohl diesbezüglich sehr sensibel veranlagt, erhebe ich hier trotzdem mitnichten meinen moralischen Zeigefinger, denn "Body Bags" ist schlicht einer der besten Comics seit langer Zeit.
Kaum ein Comic der letzten Jahre ("Body Bags" erschien erstmals 1996 und blieb als Tradepaperback seitdem in der Backlist) erlangte solchen Kultstatus bei den Fans. Das liegt in erster Linie sicher an den perfekt inszenierten Gewaltorgien. Tatsächlich transzendiert hier die wunderbare Orchestrierung dieser Gewalt selbst drastische Aktionen in höhere Kunstregionen, wo das Geschwätz besorgter Jugendschützer ungehört verhallt.
Dazu schreien Komposition und Schnitt von "Body Bags" förmlich seit Jahren nach einer immer wieder angekündigten Verfilmung. Comickenner diskutieren schon seit langem, wer dann wohl das sehr junge und extrem coole Girl Panda mit dem ebenfalls extremen Vorbau spielen soll.
Nochmals: Ich empfehle "Body Bags" nicht deshalb wärmstens, weil er weniger meine aber sehr wohl eure niedrigsten Instinkte ansprechen wird. Nein, "Body Bags" kauft ihr, um Schnitt und Montage im Comic zu studieren. Dazu gibt es unschätzbare Lektionen in Characterdesign (allein schon der statt der Gehirnschale aufgeschraubte Metalldeckel des trefflich aus der Entfernung killenden Großvaters ist ein Abo wert).
Jason Pearson ist meines Erachtens für die Comics, was Quentin Tarantino für den Film war und sein "Body Bags" sollte von jedem aufstrebenden Comics-Künstler und auch Filmschaffenden genauestens studiert werden. Nichts gegen die deutsche Heimat dieses Comics, das EEE-Label ("Wo der Terror zu Hause ist") bringt "Body Bags" endlich dankenswerterweise auch hierzulande in Umlauf.
Aber dieser Comic sollte im Regal nicht neben "Faust" oder "Schweinevogel" liegen. Er passt zu künstlerisch wertvollen Alben wie Hermanns "Bluthochzeit". Dieses Album wird schon verfilmt, während Pearsons "Klassiker" immer noch darauf warten muss. Aber es ist wohl einfach zu schwierig, die minderjährige Killergöre Panda adäquat zu besetzen. (rr)
Body Bags - No.1 (von 4)
Text und Zeichnungen: Jason Pearson
36 Seiten, Heft
EEE, 8.90 DM
Oktober 2000
ISBN-No. 3-932552-67-9
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