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geschrieben von Martaeng am
Montag, 04. Juni 2007
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Andere Zeiten, andere Sitten
 1968 war in San Francisco die Welt noch in Ordnung. Nun ja, zumindest glaubte man, sie in Ordnung bringen zu können. Mit Sex, Drugs und Rock’n’Roll tobte die Revolution auf den Straßen. Gegen Vietnam, gegen den Staat und sein Machtinstrumentarium. Das war die Zeit von Jonny Double. Er hängt seinen Job als Polizist an den Nagel, weil er nicht Teil dieses Systems sein will. Er will sein eigenes Ding drehen und wird Privatdetektiv.
Ein Sprung an das Ende der 90er. Jonny Double ist immer noch Privatdetektiv und unglaublich reich. Aber nicht an Geld, sondern an Erfahrung: Die Welt ist alles andere als in Ordnung, im Gegenteil, und ohne finanzielle Absicherung ist es schwer, Idealist zu sein.
In der Not frisst der Teufel Fliegen. Wer seine Miete nicht bezahlen kann und wem die Stammkneipe keinen Kredit mehr gewährt, nimmt jeden Auftrag an. Was liegt da näher als die schöne (und junge und blonde und auch sonst nicht mit Reizen geizende) Faith im Auftrag ihres reichen Vaters zu beschatten, denkt sich Jonny und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Denn Faith ist beileibe kein Unschuldslamm. Frauen, die sich auf Herrentoiletten herumtreiben, sollte selbst ein alter Haudegen wie Jonny Double mit höchster Vorsicht genießen. Und wenn eine Gruppe gelangweilter Teenager versucht, das vergessene Geheimkonto eines Unterweltbosses zu plündern, sollten die Alarmglocken eines Privatdetektivs umso lauter schrillen.
Bereits 1998 schufen die 100 Bullets Schöpfer Eduardo Risso und Brian Azzarello die vierteilige Geschichte um den abgehalfterten Detektiv Jonny Double, die bei Cross Cult erstmals komplett auf deutsch erscheint. Der Verlag empfiehlt ein Lesealter von 16+. Das mag übertrieben sein, aber brutal zur Sache geht es schon. Bereits zum Auftakt wird ein Penner von einem Junkie mit einem Ziegelstein erschlagen: Not gegen Elend. Wir sehen ein verdorbenes, dreckiges, ein abgefucktes San Francisco. Glückliche Menschen gibt es vielleicht in der Werbung, hier nicht. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich ein sehr düsterer Thriller in bester Film Noir Manier, überraschende Storywendungen inklusive. Der direkte Weg führt nur selten ans Ziel. Sehr schnell sollte man zwei Lektionen lernen: Nichts ist so, wie es zunächst scheint. Und man trifft sich immer zweimal im Leben.
Wem diese Story irgendwie bekannt vorkommt, der irrt keinesfalls. Das Rad wird auch von Azarello/Risso nicht neu erfunden. Kein Klischee wird ausgelassen, sondern ausgelassen abgefeiert. An jeder Schublade wird gerüttelt, aber das stört überhaupt nicht, denn das Gesamtbild ist stimmig. Jonny Double wirkt seltsam fremd in dieser Zeit, sein Idealismus passt nicht mehr. Computer und Mobiltelefone sind nicht sein Ding. Aber mit Faust und Waffe kann er umgehen, knallharte Sprüche inklusive und das mit den Frauen ist eben gelernt. Ein Alt-68er der etwas andern Sorte
Jonny Double
Zeichnungen: Eduardo Risso
Text: Brian Azzarello
HC, 100 Seiten, vierfarbig
Cross Cult/Vertigo, 14,80 €
Jonny Double kannst Du HIER gerne kaufen.
© Abbildungen: Cross Cult
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