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geschrieben von MisterWoo am
Freitag, 17. Oktober 2003
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Chief Gordon auf Sinnsuche
DC Comics entdeckt seine alten Helden neu. Kaum jemand bietet sich dazu besser an als Batman, der Dunkle Ritter, ein Superheld par excellence. Das Publikum liebt den Mann im Fledermaus-Kostüm, ist jedoch übersättig. Neue Ideen müssen her, um den Rächer in Schwarz wieder an den Leser zu bringen. In DCs Reihe Elseworlds wagt man einen Schritt, der aus dem gewohnten Hintergrund der Figuren hinausführt. Anderer Ort, andere Zeit und anderer Kontext werden versprochen. Irgendwie ist es Batman, irgendwie aber auch nicht. Was wie ein skurriler Wiederbelebungsversuch klingt, nimmt in Batman: Gotham Noir unter der Textherrschaft von Ed Brubaker beachtliche Formen an.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht James Gordon, ehemaliger Polizist, alkoholabhängig, ein Veteran, dessen Kriegstraumata schwer auf seiner Seele lasten. Der heruntergekommene Streiter für Recht und Ordnung müht sich redlich, im Gotham City des Jahres 1949 über die Runden zu kommen. Bald jedoch fällt das Kartenhaus seines Lebens vollends zusammen. Selina, Gordons ehemalige Geliebte und Eigentümerin des Kitty Kat Clubs, bittet ihn, eine gute Freundin auf eine Party zu begleiten und dort ein Auge auf sie zu haben. Sein Schützling ist Rachel, eine ehemalige Drogenabhängige und Prostituierte, deren Geheimnisse so manche mächtige Männer Gothams in Unruhe versetzen. Am nächsten Morgen erwacht Gordon aus seiner Trunkenheit am Strand, neben sich die Leiche der schönen Rachel. James Gordon sitzt in der Klemme. Um seine Unschuld zu beweisen, macht er sich auf die Jagd nach Rachels Mörder. Sein Weg wird zugleich ein letzter verzweifelter Kampf um das Selbstwertgefühl seines zerrütteten Ichs.
Ungeachtet der vorbelasteten Figuren tut Ed Brubaker, was er am besten kann: er schreibt eine bodenständige und wenig phantastische Kriminal-Story. Der Autor von Scene of the Crime hält sich nicht bei dem legendären Gotham-Flattermann auf, sondern konzentriert den Blick auf einen völlig heruntergekommenen James Gordon, der sich mit letzter Kraft auf den Beinen hält und nach Gerechtigkeit sucht. Beim ersten Lesen mutet die Eigenart seltsam an, bekannte Figuren in einem neuen Kontext zu erleben. Später löst sich jedoch dieser verzerrte Blickwinkel. Man findet einen Zugang zu der Geschichte und beginnt sich zu fragen, ob nicht etwas gewonnen worden wäre, wenn Gotham Noir auf die Batman-Kulisse verzichtet hätte. Herausgekommen ist letzten Endes eine realistisch anmutende Detektiv-Geschichte, die ab und zu von Batman gestört wird.
Batman: Gotham Noir
Autor: Ed Brubaker
Zeichner: Sean Phillips
(c) 2001 DC Comics.
Zur deutschen Ausgabe: (c) 2002 PANINI Verlags GmbH.
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