Comic Radio Show

Spirou und Fantasio - Bd.44

Rezensionen / Franko/belgisch
geschrieben von Maqz am 15.01.1999, 22:29 Uhr

60 Jahre und ein bisschen erwachsener



CoverSo wie die Veröffentlichungen von Gaston [1] in den 80er und frühen 90er Jahren, so sind auch die Neuerscheinungen der Serie Spirou und Fantasio immer ein Ereignis unter den Comiclesern gewesen. Ja, ja, damals. Das waren noch Zeiten. Heute, ja heute...

Hey, ich will nicht schon wieder in nostalgischen "guten alten Zeiten" schwelgen, als die Comics den Kindern noch in die Hand flogen und Comiczeichner in Saus und Braus leben konnten von ihrer Arbeit.

Also, Spirou und Fantasio haben mit ihrem 44. Band, "Jagd auf Spirou", auch die guten alten Zeiten hinter sich gelassen: ihr franko-belgischer Funny-Stil, der nicht zuletzt auch vom bekanntesten Spirou und Fantasio-Zeichner Franquin [2] mitbegründet wurde, wurde ziemlich (!!!) überarbeitet. Spirou hat sein Hotelpagenkostüm abgelegt und sieht bei weitem nicht mehr so knuddelig aus, wie in den ersten Ausgaben.

BeispielTome und Janry haben die Serie zwar nicht generalüberholt, aber doch stark modernisiert. Viel findet sich jetzt von Serien wie Rick Master, Soda [3] oder Bob Morane wieder. Das Abenteuer und die Spannung stehen im Vordergrund und die komischen Elemente, für die immer wieder Fantasio, das Marsupilami [4], Graf von Rummelsdorf oder das Eichhörnchen Fips zuständig waren, treten mehr in den Hintergrund. Das zeigte sich auch schon in den letzten sieben Bänden, wobei "Ein Dorf sieht Schwarz" (Bd.42) eine humorvolle Ausnahme bildete.

Zur Story: Spirou läßt sich von Steffi dazu überreden sich als "Testperson" bei einem großen Pharmakonzern einzuschleichen. Hier soll er geheime Experimente aufdecken, ahnt aber nicht, in welche Gefahr er sich dabei begibt. Denn plötzlich sind alle hinter ihm her und unser Held wird zum Staatsfeind Nummer eins erklärt...

Wieder einmal also hetzt Spirou in den ersten Bildern des Albums durch die Straßen, wie auch schon in "Angst im Nacken". Aber "Jagd auf Spirou" hat mehr zu bieten. Die Erzählweise ist nicht linear, sondern springt in bester dramaturgischer Manier vor und zurück.

Ein tolles neue Konzept, dass eine 60-jährige Serie erwachsener und zugleich attraktiver gemacht hat. Unbedingt lesen! (mg [5])

Dazu Heiner:

So spektakulär ist er nun ja doch nicht, der immer wieder von Carlsen [6] verschobene neue Spirou-Look. Auch wenn die Zeichnungen doch schon ganz schick wirken, wie sie da etwas unmittig auf schwarzem Untergrund plaziert wurden. Die wirkliche Änderung innerhalb dieser Traditions-Comicserie ist jedoch eher inhaltlicher Natur, denn Tome setzt sehr stark auf Action und auch auf eine oft etwas aufgesetzt unchronologische Erzählstruktur, die wohl filmisch (wenn nicht gar tarantinoesk (Heiners Lieblingswort - svl)) wirken soll.

BeispielJanry nutzt diese Story nun zu einem immer mal wieder etwas gewagteren Seitenlayout, das sich ziemlich weit von den betulichen franko-belgischen Traditionen entfernt, um dann doch immer wieder in die vertrauten "Vier Bilderreihen pro Seite"-Konventionen zurückzukehren. Das ist ja alles auch schön und gut und manchmal sogar ganz spannend, aber obwohl der Zeichenstil immer noch irgendwie "funny" ist, bleibt der Humor leider ganz auf der Strecke. (hl [7])

Spirou und Fantasio - Bd.44: Jagd auf Spirou
Zeichnungen: Janry
Text: Tome
44 Seiten, Softcover
Carlsen Verlag, 14.90 DM
Dezember 1998



(c) der Abb.: Carlsen und Janry

Der Beitrag kommt von Comic Radio Show
  http://www.comicradioshow.com/

Die URL für diesen Beitrag lautet:
  http://www.comicradioshow.com/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=786

Die folgenden URLs sind im Beitrag enthalten:
  [1] http://www.comicradioshow.com/Article624.html
  [2] http://www.comicradioshow.com/Article128.html
  [3] http://www.comicradioshow.com/Article811.html
  [4] http://www.comicradioshow.com/Article1125.html
  [5] http://www.comicradioshow.com/Article97.html
  [6] http://www.comicradioshow.com/Article404.html
  [7] http://www.comicradioshow.com/Article97.html