Comic Radio Show

Sweet Tooth 1 & 2

Rezensionen / Science Fiction
geschrieben von StefanS am 29.03.2013, 09:43 Uhr

Sensible Menschen sind Freiwild in der feindseligen Welt



Sweet Tooth 1 & 2 [1]Gleich fünf vor Lob übersprudelnde Kommentare zu Sweet Tooth finden sich auf der Rückseite des Comics! Nach der Lektüre von Band 1 bleibt hängen: Die Menschheit wurde (mal wieder) von einer Seuche heimgesucht. Die Erde ist offenbar zum Großteil menschenleer. Zu den Überlebenden gehören Mischwesen, halb Mensch, halb Tier. Einer davon ist die Hauptfigur. Gus hat ein Hirschgeweih und wuchs abgeschottet, mit seinem Vater, im Wald auf. Nun ist der Vater gestorben und Gus traut sich hinaus in die bedrohlich wirkende Welt. Eins scheint noch wichtig zu sein: Gus mag gerne Süßigkeiten, was ihm auch den Spitznamen Sweet Tooth, also der englische Ausdruck für jemand, der Lust auf Süßes hat, einbrachte. Und das soll nun ein herausragendes Szenario sein? Ist das nicht eher ziemlich dünn und belanglos? Ehrlich gesagt sind die ersten Bände von The Walking Dead oder Y - Der letzte Mann, Werke mit denen Sweet Tooth verglichen werden kann (oder muss?), auffälliger und spektakulärer. Wird Sweet Tooth nicht stark überbewertet?

Nach Band 1 könnte man etwas enttäuscht sein. Nach Band 2 aber bestätigt sich, was bereits von Anfang an zu vermuten war, die Atmosphäre dieses Comics ist faszinierend! Schwer zu erklären, denn so originell wirkt die Geschichte nicht. Es passiert nicht besonders viel. Aber die Ruhe und die wirklich anrührenden Momente, die den sensiblen Gus näher beleuchten sind direkt eine Wohltat nach all der Aufgeilung an abstoßender Gewalt in The Walking Dead - statt Pathos, Gewaltverherrlichung, Langeweile und platten Sprüchen (Ich habe mich erst kürzlich mit Mühe durch die zweite Staffel der TV-Serie gequält, nachdem ich die erste Staffel sehr gut fand) bietet Sweet Tooth deutlich mehr nachvollziehbare, gut getroffene, Gefühle und auch glaubwürdigere Figuren.
Sweet Tooth 1 & 2
Die Zeichnungen wirken mitunter etwas halbherzig ausgearbeitet, aber ähnlich wie die Stimmung des Comics, üben sie einen Reiz aus, den ich nicht recht in Worte fassen kann. Es ist sicher keine schlechte Idee sich Jeff Lemire [2] in dieser Reihenfolge zu nähern: Animal Man, The Nobody [3] und dann Sweet Tooth.

Statt mangelhafte Handlung und Ideenarmut mit möglichst ekliger Gewalt zu kaschieren und mit Zombie-Kulisse davon abzulenken, das man nur eine Soap am Start hat, wie The Walking Dead [4], kommt Sweet Tooth in den Bänden 1 und 2 ohne billige Effekthascherei aus. Auf den ersten Blick möglicherweise unspektakulär, dafür aber deutlich bewegender.

Ist es für das Verständnis dieser Comic-Reihe hilfreich zu wissen, dass Jeff Lemire einen Sohn hat? Ist das hier gar eine Art Der Fänger im Roggen (in dem Roman von J. D. Salinger würde die Titelfigur gerne den Kindern den schmerzhaften Sprung ins Erwachsenenleben ersparen)?
Sweet Tooth 1 & 2
Wie auch immer Sweet Tooth weitergeht, selten so einen liebenswerten Comic-Helden gesehen, dem man von Herzen wünscht, das ihm nichts Schlimmes passiert! Echte, noch dazu nachvollziehbare, Gefühle - 1000 mal interessanter als platzende Zombie-Köppe!

Wertung: 85 %


Sweet Tooth 1 & 2
Autor & Zeichner: Jeff Lemire, Übersetzerin: Gerlinde Althoff, Vertigo 2012 / 2013,
Band 1: 128 Seiten, Band 2: 144 Seiten, Softcover, Farbe,
Vertigo Band 1: 14,95 Euro, Band 2: 16,95 Euro


Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
Sweet Tooth 1 & 2 [5]
...jedoch...
Sweet Tooth 1 kann man auch gerne hier kaufen. [6]
und
Sweet Tooth 2 kann man auch gerne hier kaufen. [7]


(c) der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Vertigo / DC Comics

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