Comic Radio Show

Daddy von Matthias Schultheiss

Rezensionen / Kunst
geschrieben von M.Behringer am 07.11.2011, 00:00 Uhr

Rabenschwarze Messias-Mystery



Daddy [1]Matthias Schultheiss hat 2010 neben Peer Meter [2] ein Comeback mit Paukenschlag in der deutschen Comicszene gefeiert. Nachdem sich Schultheiss 2010 mit seiner Graphic Novel 'Die Reise mit Bill' [3] in der Comicszene zurückgemeldet hatte, legt er nun mit 'Daddy' ein weiteres Werk nach. International bekannt wurde Schultheiss aber schon in den 1980er Jahren mit Titeln wie 'Trucker' oder 'Kalter Krieg'. Zu seinen besten Arbeiten zählt 'Die Wahrheit über Shelby'. 1993 wurde in den USA sein Comic 'Propellermann' erstveröffentlicht.

Irgendwann im 3. Jahrtausend: Jesus ist wieder da. Diesmal aber als blinder und heroinsüchtiger Fettsack. An seiner Seite ist ein dämonischer Zwerg, der wie Adolf Hitler aussieht. Gott will, dass sich sein Sohn erneut den Menschen offenbart. Jesus hat keinen Bock, sich erneut zu opfern. Er hasst seinen Vater für das Leid der Welt, am meisten trauert er um die unschuldigen Kinder. Deswegen heilt er todkranke Kinder und lässt sich von seinem Begleiter den Stoff besorgen, um das Leid auf der Erde zu vergessen. Doch dann bekommt der Vatikan Wind von der Rückkehr des Messias, was Papst und Bischöfe gar nicht passt, weil sie ihre Macht behalten wollen.

Schultheiss erzählt seine düstere Messias-Story meiner Ansicht nach mit rabenschwarzem Humor und bissiger Satire. Es gibt zwar einen neutralen Erzähler, aber der wird nur akzentuiert eingesetzt. Dadurch hat die Story viel Schwung. Der deutsche Comicautor kritisiert meiner Meinung nach nicht nur die Institution des Christentums – den Papst und die Kirche –, sondern auch den christlichen Glauben und dessen Fundament.

Daddy

Grafisch setzt der Zeichner vor allem auf großformatige Panels, deren Form und Rahmen oft wechseln. Die detaillierten Zeichnungen bestechen meiner Ansicht nach durch Schultheiss‘ individuellen Strich, der leicht reduziert und karikierend und äußerst filigran erscheint – vor allem die Konturen sind meines Erachtens sehr fein gezogen. Das stimmungsvolle Artwork erhält durch die nuancierte Kolorierung einen dreckigen und düsteren Charakter. Krakelige Licht- oder Farbstreifen und -linien durchkreuzen die Farblandschaften.

Daddy

'Daddy' ist meines Erachtens eine willkommene Messias-Mystery-Tour-de-Force, die durch ihren pechschwarzen Humor und ihre Kritik an der katholischen Kirche begeistert. Es gibt wohl nichts Vergleichbares in der Comiclandschaft. Inhaltlich greift Schultheiss nicht nur die verfilzten Macht- und Hierarchiestrukturen des Katholizismus an. Vielmehr bietet er auch eine alternative Glaubensvorstellung, in der Teufel und Gott eins sind. Dadurch beantwortet er auch die Theodizee-Frage: Warum gibt es Leid auf der Welt, obwohl Gott allmächtig ist?


Daddy
von Matthias Schultheiss
Hardcover, 72 Seiten
Splitter 2011


Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Daddy kann man auch gerne hier kaufen. [4]


LESEPROBE zu Daddy [5]


Daddy


(c) der Abb.: Splitter Verlag und Schultheiss

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