Streunende Katzen
"Es war auf einer vierspurigen, zwanzig Meter hohen Autobahnbrücke in Valencia, auf der ich das herzzerreißendste Miauen meines Lebens hörte. Das kleine Ding mit einem schon vor geraumer Zeit gebrochenem Schwanz stand zwischen den Geländerstäben und schrie sich die Seele aus dem Leib. Es schrie mit aller Kraft in den Abgrund hinein und, obwohl es kaum größer war als eine Hand, klang alles Leid aller Wesen in seinem Ton.
Das war der erste Ton zu STRAY CATS."
Auf dem Klappentext vom ersten Heft steht: "STRAY CATS, wie die meisten Träume, verfolgt einen noch lange, nachdem man es gelesen hat..." Endlich mal ein Text, dem ich vollkommen zustimmen kann! Die von Lillian Mousli [1] in schwarzweiß gezeichnete Melancholie ist von der ersten Seite an für den Leser (be)greifbar. Kindliche Poesie und Traum-hafte Bilder kollidieren mit dem kalten Alptraum der erwachsenen Realität.
Keiner, der dieses Comic liest bleibt ungerührt und muss einfach feststellen, dass es GUT ist. Keiner kann den Stil als Kritzelei abtun, oder die Geschichte als viel zu avantgardistisch, abgedreht. Alles stimmt und wirkt als eines der besten Beispiele dafür wie künstlerisch und aussagekräftig Comics sein können.
Stray Cats ist aber auch kein schwülstig, schweres Kunst-Comic, uninteressant für die Manga-Action-Superhero-Fans! Es ist einfach nur GUT! Schluß, Aus, Ende! (mg [2])
Kurz noch zur Geschichte, die nach zwei erschienen Heften noch am Anfang ist (Lilian Mousli nimmt sich eben die notwendige Zeit, um Ihre Geschichte im richtigen Rhythmus zu erzählen):
Stray Cats handelt von den zwei Kindern Penny und Paul, die aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen. Penny gehört zu einer wohlhabenden Familie, wird aber wegen eines Fehlers am linken Auge (so erahnen wir es zumindest) eher als ausgestoßene behandelt, Paul kommt aus einer eher ärmeren Familie und wird täglich verprügelt. Er wird so schlimm mißhandelt, dass er eines Tages im Krankenhaus landet, von dem er kurz später flieht. Auf seiner Flucht trifft er einen obdachlosen Alkoholiker, der im Rausch versucht, ihn zu vergewaltigen. Währenddessen verlauft sich Penny im Walde, stürzt und wird von einem Mann versorgt, bei dem es nicht ganz klar ist, ob er ein kindliches oder ein kindisches Gemüt hat. Auf jeden Fall wird seine Liebe für die (bewußtlose) Penny für ihn zur fixen Idee.
Wirr? Etwas wenig für zwei Hefte?
Ihr solltet sehen, wie die Geschichte aufgebaut wird, dann würdet ihr nicht fragen. Außerdem: gut Ding will Weile haben, und Stray Cats gehört zu den guten Dingen dieser Welt. (aks [3])
Nachtrag: Mittlerweile gibt es bereits den dritten Teil [4].
Stray Cats - No.1 & 2
Text und Zeichnungen: L.G.X. Lillian Mousli
Je 32 Seiten, Heft-Format
JOCHEN Enterprises, 9.90 DM
Oktober 1997
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