Eine faszinierende Fantasywelt abseits von Mittelerde und Westeros
[1]Game of Thrones, Der Hobbit und Der Herr der Ringe erfreuen sich weiterhin großer Popularität. Während es von den Abenteuern rund um George R. R. Martins Eisernen Thron inzwischen auch eine Reihe von Comics gibt, bleibt Mittelerde bislang leider etwas vernachlässigt [2], was die Umsetzung in Bildergeschichten anbelangt. Wer dennoch gerne Krieger auf riesigen, fremdartigen Wesen durch prachtvolle Phantasiewelten fliegen sehen möchte, kann zu einem Klassiker der Fantasycomics greifen. Welchen Eindruck vermittelt Band 8 von Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit, insbesondere auf Leser, die bisher noch keinen Teil der Reihe gelesen haben und eher an Tolkien gewöhnt sind?
Während Game of Thrones untrüglich ein Kind der heutigen Zeit ist, in der viel Sex und heftige Gewalt im TV möglich und populär sind und während Tolkiens Welt aus der Zeit vor und um den Zweiten Weltkrieg entstand, Sexualität praktisch gar nicht vorkommt und Pflichterfüllung und Entbehrungen im Vordergrund stehen, liegt Auf der Suche nach der verlorenen Zeit zumindest zeitlich ungefähr in der Mitte der eben genannten mächtig erfolgreichen Fantasy-Franchise-Universen.
1975 erschien die erste Folge der Serie in der Zeitschrift Imagine. Es folgte eine vierbändige Geschichte, in der eben, der Titel deutet es ja bereits an, der Vogel der Zeit gefunden werden soll, damit die Welt gerettet werden kann, die von einem zornigen Gott bedroht wird, dessen Zauberbann, mit dem er in seinem Gefängnis gehalten wird, allmählich an Kraft verliert.
Ritter Bragon ist der vierte Teil des Zweiten Zyklus dieser Geschichte, der in der Jugend des Helden Bragon spielt. Die bisherige Handlung wird auf einer Drittel Seite im Comic erläutert. Für Neulinge wäre hier etwas mehr Erklärung, gerne auch illustriert durch Bilder aus den bisherigen Comics hilfreich. Ebenfalls schade ist es, dass jegliches Bonusmaterial fehlt, Skizzen etwa.
Die Geschichte beginnt damit, dass Bragon im Wald von einer Art Wolfsrudel angegriffen wird und sie endet buchstäblich mit einem Cliffhanger. Der Protagonist kehrt nach fünfjähriger Abwesenheit in Grauwolfs Land in seine Heimatstadt zurück. Er trifft auf seinen Freund Bulrog, einen blauhäutigen, schlanken Mann, der stets oberkörperfrei unterwegs ist. Gemeinsam mit ihm und anderen Gefährten begibt sich Bragon auf Flugwesen auf eine Reise. Dies ist letztlich nur eine Etappe im größeren Ganzen, dem Kampf gegen eine Sekte, die die Rückkehr des Gottes Ramor vorbereitet, der das Land Akbar beherrschen soll.
Ist Ramor das, was in Mittelerde Sauron ist? Klingt großes schlankes Wesen auf fliegendem Tier nicht etwas nach dem Film Avatar? Und erinnert nur mich der Ausbilder von Bragon an den Film Kung Fu Panda? Während Kenner der Serie von Le Tendre, Mallié und Loisel mangels so viel Ignoranz nun die Hände über den Kopf zusammenschlagen mögen, sei gesagt: zeichnerisch ist diese Welt grandios und es sind die Bilder, die neugierig machen und einen Sog entwickeln. Die Feinheiten der Geschichte hingegen entfaltet sich
offensichtlich nicht, wenn man versucht, zwischendurch in die Handlung einzusteigen.
Menschen und Tiere, die von Pfeilen durchbohrt werden und denen daraufhin das Blut aus den Wunden spritzt gehören zu den seltenen Gewaltdarstellungen und zu den brutalsten Szenen in diesem Album. Diese Gewalt ist aber kein Selbstzweck, sondern Teil der Handlung – das ist erfreulich, gerade im Vergleich zu Game of Thrones, in dem das Überstrapazieren des Schauplatzes Bordell und mancher Gewaltausbruch etwas arg nach Verkaufsmasche aussieht. Die Welt vom Vogel der Zeit wirkt meist drollig und hübsch, eher World of Warcraft statt Mordor. Beim ersten Kennenlernen konnte mich, von den Zeichnungen abgesehen, nichts fesseln, nichts wirklich begeistern. Figuren, die mich nicht interessieren, erleben Abenteuer, die mir egal sind. Wie bereits erwähnt, ist dieses Urteil nicht fair, denn diese Serie will und sollte unbedingt von Anfang an gelesen werden, wenn man den Freude an dieser Art von Geschichten hat. Handwerklich ist sie prima, ihr Einfluss ist groß und ihr Status als Klassiker ist unbestritten.
Wertung: 67 %
Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit 8: Ritter Brag
Text: Le Tendre und Loisel
Zeichnungen: Mallié
Farben: Lapierre
Übersetzung aus dem Französischen: Ulrich Pröfrock
64 Seiten, Softcover, farbig
2014 Carlsen Comics, 12 Euro
Am Besten kauft man sich das Comic beim Comichändler seines Vertrauens ...jedoch... Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit 8: Ritter Bragon kannst Du auch hier kaufen. [3]
(c) der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung Carlsen Comics Verlag 2014
|