Comic Radio Show

Jonathan 15: Atsuko

Rezensionen / Abenteuer
geschrieben von M.Behringer am 30.07.2012, 20:55 Uhr

Rätselhaft-poetische Ballade



Jonathan 15: Atsuko [1]Beim Namen Jonathan denkt man überhaupt nicht an Asien oder den Buddhismus. Doch die gleichnamige und langlebige Serie (Start: 1975) des schweizerischen Ausnahme-Zeichners Cosey (Der Buddha des Himmels [2], Ein Haus von Frank L. Wright [3]) spielt vor allem auf dem größten Kontinent der Welt und thematisiert oft philosophische Themen. Der im bürgerlichen Leben als Bernard Cosendai bekannte Comicautor hat mit Jonathan [4] eine herausragende und autobiographisch geprägte Comicserie geschaffen, die ihren Reiz aus der Auseinandersetzung mit der fernöstlichen Kultur und atmosphärisch dichten Illustrationen schöpft.

In Band 15 Atsuko trifft der europäischer Aussteiger Jonathan in Myanmar (Birma) auf die Japanerin Atsuko. Die junge Frau befindet sich auf der Spurensuche ihrer Familienhistorie und Jonathan bewohnt genau das Hotelzimmer, in dem die Mutter der Japanerin vor 50 Jahren geboren wurde. Jonathan reist Atsuko nach Japan hinterher, nachdem er unverhofft der Empfänger interessanter Hinterlassenschaften für Atsuko wurde. In einem Bergdorf nahe Tokyo stoßen die beiden auf ein Familiengeheimnis.

Jonathan 15: Atsuko

Philosophische Gedanken zählen genauso zum Repertoire Coseys wie eine raffinierte und literarische Erzählweise. Für Spannung sorgt das mysteriöse Rätsel um Atsukos Familie. Wie so oft in Jonathan ergibt sich auch eine interessante Figurenkonstellation der beiden Protagonisten, die sich (stets) näher kommen und dennoch Distanz wahren. In Jonathan treffen häufig Seelenverwandte aufeinander, die sich austauschen und sich bereits (aus einem früheren Leben?) zu kennen scheinen - so ist es auch in dieser Episode. In einer interessanten und abwechslungsreichen Mischung aus tagebuchartigen Erzählkommentar und eingestreuten Haikus (kurze japanische Gedichtform), die in Voice Overs über den Bildern stehen, erzählt der Schweizer eine poetische Ballade voller Rätsel.

Als einstiger Schüler von Derib ist Cosey einem klaren Strich verhaftet, jedoch hat er den Stil seines Lehrers ungemein weiterentwickelt. Typisch für Cosey ist eine abgekantete Linienführung, ein Wechsel von kräftigen und feinen Strichen sowie eine Vorliebe für freistehende Flächen, die immer wieder die detaillierten Zeichnungen durchbrechen. Motivisch dominieren in Atsuko urbane und ländliche Ausschnitte aus Myanmar und schneebedeckte japanische Berglandschaften. Die flächigen Farben wirken gedeckt und tragen viel zur dichten Atmosphäre bei. Rückblicke werden in schwarzweiß illustriert.

Jonathan 15: Atsuko

Liebhaber mystisch angehauchter und/oder mysteriöser, aber auch politischer und kultureller Stoffe werden ihre Freude an Jonathan haben. Man kann tatsächlich im 15. Band einsteigen ohne das Vorwissen der vorherigen Bände mitzubringen. Die Bände 1-11 (Carlsen) und Band 12 (Salleck) sind nur noch antiquarisch erhältlich. Es lohnt sich auch der Einstieg mit den Bänden 13 und 14, allerdings gibt es darin den einen oder anderen Querverweis auf Geschehnisse früherer Alben. Insgesamt zählt Atsuko zu den guten Bänden. Richtig herausragend war zuletzt jedoch Band 14. Sehr schön sind auch die Musikempfehlungen des Autors, die er seinen Lesern bei jedem Band passenderweise mit auf den Weg gibt. Mit Jonathan hat Cosey einen unverwechselbaren Klassiker kreiert, für den er mehrfacht prämiert wurde.


Jonathan 15: Atsuko
Von Cosey
Softcover, 56 Seiten
Salleck Publications 2012


Am Besten kauft man sich das Band beim Comichändler seines Vertrauens

...jedoch...
Jonathan 15: Atsuko kann man auch gerne hier kaufen. [5]


(c) der Abb. mit freundlicher Genehmigung: Salleck Publications + Cosey

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