Comic Radio Show

Gustav und der Professor

Rezensionen / Kindercomics
geschrieben von Maqz am 12.11.2009, 00:00 Uhr

Hirntausch für Kinder und Gorillas


Gustav und der Professor [1] Spektakulär und relativ kurz nach ihrem ersten phantastischen Kinderbuch "Gustav und Albo vom Aldebaran" [2] melden sich Haimo Kinzler und Leo Leowald [3] mit ihrem zweiten Streich "Gustav und der Professor" zurück. Dabei erzählen sie eine Geschichte, die Erwachsene möglicherweise entsetzt, Kinder jedoch ausnahmslos begeistert!

Dabei beginnt die genau so harmlos, wie beim Erstlingswerk: Der kleine Gustav (auf dem Weg zur Schule) und seine Eltern planen am Ende des letzten Schultags eine Reise nach Afrika. Zuvor aber begegnet der Junge jedoch bei der Abkürzung an der Villa einem Gorilla auf der Flucht vor den Robotern des verrückten Wissenschaftlers Möhrs. Mitten in ein Gehirn-Austauschprogramm geraten besucht zwar danach Gustavs Körper die Schule, in seinem Kopf befindet sich indess das Gehirn des Gorillas. Doch Gustavs patente Lehrerin "Frau Meier-Greulich" bemerkt den Hirntausch relativ schnell und macht sich mit der Klasse, Gustav und dem Gorillahirn auf dem Weg zum Professor. Nachdem alle Hirne wieder im richtigen Körper sind, wird auch noch der heimwehkranke Gorilla nach Afrika gebracht. Doch auch dort bleibt es keineswegs unturbolent...

Gustav und der Professor

Das zweite Band, mit 88 Seiten dicker im Umfang geworden, beeindruckt diesmal durch die Vorzugsfarbe Grün. Doch manchem Erziehungsberechtigtem mag beim ersten Durchlesen mit dem Nachwuchs diese Farbe ins Gesicht gestiegen sein, als zwei offene Köpfe samt Gehirn sichbar wurden.
Darauf angesprochen meint Autor Haimo Kinzler:

Bei einer Lesung vor 80 Kindern ging bei der "Gehirnszene" ein Raunen
und Kichern durch die Reihen der Kinder, einer anwesenden Lehrerin
fielen allerdings deutlich sichtbar die Mundwinkel zu Boden. Mehr hab
ich im Eifer des Gefechts nicht mitbekommen.
In der Folgezeit gingen bei mir aber keinerlei empörte Anrufe von
Elternseite ein, obwohl ich in der Nachbarschaft residiere.
Wahrscheinlich haben alle Eltern mit ihren Kindern die aufgeworfenen
Fragen gleich noch bei Tisch diskutiert. Also etwa das Identitätsproblem
(Bin ich mein Gehirn?) oder die Powerfrage (Wieso hat Gustav plötzlich
Affenkräfte, wo er doch nur ein Affenhirn bekommen hat?).
Man sieht also: Philosophie im Haushalt gibt's erst mit Gustav!


Gustav und der Professor

Zeichner Leo Leowald zur Hirnbehandlung:

Also, meine Erfahrungen: die ganz Kleinen, Vierjährigen finden gar nichts dabei.
Bei den etwas Grösseren, acht und zehn, war das schon so: bääh! das ist ein bisschen eklig.
Allerdings anscheinend so eklig auch wieder nicht, weil ja keine Adern und kein Blut etc zu sehen ist (so fachmännisch wurde das erörtert).
Und der Achtjährige sass zur Verblüffung seines Vaters eine Stunde mit den Gustavbüchern rum, während seine Freunde vorm Fenster Fussball spielten: "Was? DER LIEST??" Der Vater war ganz verstört/betört.


Gustav und der Professor

Nun möchte ich das Kinderbuch nicht auf dieses kindgerechte Szenario reduzieren. Gustav und der Professor ist pures Abernteuer (auch für mich als 43jähriger)! Die geheime unterirdische Festung des Professors, die burschikose (und vor allen sympathische) Lehrerin, die unerschrocken den Jumbo steuert oder mit dem Riesenmagneten-Kran die Roboter besiegt. Einfach klasse! Gut geschrieben auch für sogenannte "Erstlesen, doch ein richtiger Spaß in der Vater-Mutter-Kind-Vorlesesituation. Dazu die liebenswerten Zeichnungen Leowalds, die Kienzlers haarsträubende Vision eines Kinderbuchs treffend und immer wieder überraschend originell umsetzt.

Gustav und der Professor

Doch bevor meine Lobhudeleien überhand nehmen erreichte mich noch ein Statement des Autors:

Neulich sagte Harry Rowohlt bei einer Lesung des neuen Pu der
Bär-Buches, es gebe keine Kinderbücher, weil, so seine Argumentation,
doch eh alle Bücher von Erwachsenen gekauft würden. Eine Argumentation,
die mir nicht ganz hieb- und stichfest erscheint, auch wenn ich sie
vielleicht verkürzt und entstellt wiedergebe.
Natürlich müssen die Erwachsenen unsere Gustavbücher kaufen, denn nur
sie haben nun mal die Taschen voller Geld. Trotzdem denke ich beim
Schreiben der Geschichten an die kleinen Leser, denn Gustav ist für
Kinder. Gerade auch dann, wenn Dinge in Text und Bild einfließen, die
nicht so völlig altersgemäß sind.

Gustav und der Professor

Als Kind war ich immer fasziniert von Dingen, die mir Rätsel aufgaben,
meinen Widerspruch herausforderten oder mir vielleicht völlig
unverständlich waren. So etwas hielt mich verlässlich bei der Stange.
Und so geht es uns allen, vermute ich mal. Man verliert die Leser nicht,
wenn sie mal etwas nicht kapieren, sondern nur dann, wenn man sie
langweilt. Was die Sache für mich zum "Kinderspiel" macht, denn vor
Langeweile ist man bei Gustav ja allein schon durch Leos bemerkenswerte
Bilder gefeit, die einen rein saugen und geradezu zwingen, weiter zu
blättern. Und nach dem ersten Durchgang gleich noch einmal von vorne
anzufangen.


Gustav und der Professor

Natürlich hatte der Zeichner dazu auch noch eine Bemerkung parat:
Gustav und der Professor
Haimos schönen Mails kann ich gar nicht viel hinzufügen.
Nur noch eins zu den Fragen, die die Gustavbücher aufwerfen.
Neulich hatten wir ein Heft der Comicreihe zu den Wilden Fussballkerlen ausgeliehen. Die Frage, die sich Hektor dazu aufdrängte, war:
"Warum ist das Mädchen son bisschen nackt?".
Was soll man da sagen? Weil die gerne auch bei bitterkalter Witterung bauch- und beinfrei Sport macht, während ihre Kumpels in Trainingsanzüge, Schals und Mützen gehüllt zugucken?
Da beantworte ich doch lieber Fragen zum Gehirn.


Insgesamt also haben sich die Macher der Gustav-Serie wirklich gute Gedanken gemacht, die die kindliche Zielgruppe (und ebenso die erwachsenen Kinder) begeistert annehmen können. Ob die Erziehungsberechtigten und/oder die political Correctnes da mitspielen, sollte (endlich einmal) zweitrangig sein!

Gustav und der Professor

Ausblickend hat der Autor abschließend noch mal der Autor das Wort:

Im nächsten Band geht es um Theologie, empirische Moralbegriffe und was
vor dem Urknall war. Also dranbleiben!




Gustav und der Professor
Text Haimo Kinzler, Zeichnungen Leo Leowald
86 Seiten, Hardcover
Stromboli Verlag, 10 Euro


Gustav und der Professor

Gustav und der Professor kann man gerne auch hier bestellen [4]
...oder auch hier [5]


LESEPROBE Band 2 [6]


Band 1:
“Gustav und Albo vom Aldebaran” [7]


Interview mit Autor und Zeichner:
Interview mit Haimo Kinzler und Leo Leowald zu Gustav [8]


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