Comic Radio Show

Wimbledon Green

Rezensionen / Independent
geschrieben von Maqz am 01.06.2009, 00:00 Uhr

Der Größte Comicsammler in der Welt


Wimbledon Green Der Größte Comicsammler der Welt [1] Als ich vor vielen Jahren zu ersten Mal Robert Crumb's Geschichte "So ist das Leben" las*, und später Woody Allens Zelig** fühlte ich mich an den Comic Wimbledon Green des Ausnahme-Comickünstlers "Seth" (alias Gregory Gallant) erinnert. Oder war's umgekehrt und WG erinnert mich beim lesenunweigerlich an Crumb und Allen? Wie dem auch sei: Wimbledon Green ist eine Graphic Novel***, die bei mir viel positives auslöst und die ich wärmstens weiterempfehlen kann!


Dabei kommt diese wohlfeine Hardcover-Ausgabe mit dem hübsch altertümlichen grün/bronzenen Einband erst einmal mit einem offensichtlich stolzen Preis daher und hält sich im Inneren auch eher mit wenigen Farben auf. Auch das Verhältnis von Text und Bild ist in diesem Comic eher ausgeglichen. Was kann also der von knalligen Bildern und actionreicher Kampfakrobatik verwöhnte Leser von so einem teuren, altbacken aussehenden und textlastigen Werk erwarten? UNENDLICH VIEL! Da stechen nicht nur die "Endlich-mal-was-anderes-Argumente, nein! Wimbledon Green ist originell, tiefgründig, unterhaltsam und fesselnd für Comicsammler und die, die es noch nicht wissen, dass sie es unbedingt werden wollen, wenn sie diese Geschichte gelesen haben.

Wimbledon Green Der Größte Comicsammler der Welt

In der schon erwähnten non-linearen Erzählweise á la Zelig, beschreibt "Seth" das Große Ganze um die Person des legendären Comicsammlers Wimbledon Green als eine eine Sammlung vieler kleiner (oft nur einseitige) Geschichten, die nur Teilaspekte beschreiben, dann aber wieder ausschweifend auf Einzelheiten eingehen, die sich über viele Seiten erstrecken. Dabei schwelgt "Seth" nicht nur in der altmodischen Bilderwelt früher Comics, sondern auch in der spannenden Erzählweise über die Jagd nach den Comic-Schätzen aus dieser Zeit. Ironisch wird der "Kampf" der verschiedenen Sammler um die wertvollsten Comichefte auf die Spitze getrieben. Handlungen, die man sonst "nur" bei im Bereich Schmuck oder antiken Kunstgegenständen erwartet erhalten im Zusammenhang mit der "Neunten Kunst" eine äußerts unterhaltsame Note.

Wimbledon Green Der Größte Comicsammler der Welt

Natürlich ist Wimbledon Green mit seinen rund 128 Seiten ein Vergnügen, das dem unbedarften (und verwöhnten) Comicleser nicht unbedingt leicht zufällt. Geduld und ein bisschen Ausdauer ( wie zum Beispiel auch bei der Lektüre von Jean Girauds Die hermetische Garage des Jerry Cornelius [2] ) sind schon erforderlich. Eine "Arbeit" die sich sicherlich für viele Comic-Nostalgiker lohnt****.



Insgesamt kann ich meine Begeisterung nicht zurückhalten und muss für diese mutigen Comic-Ausgabe aus dem Hause Edition 52 meinen aufrichtigen Respekt zollen. Eine Zier für jedes Comic-Regal und eine Reminiszenz an die gute alte Comicsammler-Ära, als es eBay und Amazon Marktplätze noch nicht gab.


Wimbledon Green,
Zeichner: "Seth"
128 Seiten, Leinen, Hardcover, zweifarbig
Edition 52, 25 EUR


Wimbledon Green kannst Du gerne auch hier kaufen. [3]


Wimbledon Green Der Größte Comicsammler der Welt





* Das mit dem Blues-Musiker, von dem's nur 16 verkaufte Platten gab und dem Plattensammler, der die letzte bei einer alten Oma fand und für viel Geld an einen Sammler von der Ostküste verkaufte)

** Diese halb dokumentarische Komödie vom Mann, der sich an seine Umgebung anpasste und dessen Geschichte mit vielen Zeitzeugen Erzählt wird.

*** Diese Bezeichnung mag der Zeichner ÜBERHAUPT nicht gerne hören. Seine Thesen sind:


  1. Comics provide a concrete link to a vivid inner reality.

  2. Cartooning is a solitary pursuit.

  3. Times have changed: in the beginning, it was difficult to be serious in comics.

  4. Seth resists technology.  When he learned he could Google himself, it was not a good thing.

  5. Comics have the rhythm, and require the deliberate decision-making, of poetry.

  6. Peanuts comics are haikus.

  7. Seth is pretty sure someone stole his theory that “Peanuts comics are haikus.”

  8. Seth’s college 3D art teacher was an angry, talented man, and Seth is glad for it.

  9. No matter how hard you work, you can’t change your intelligence or your talent; Chris Ware disagrees.

  10. Style in comic book art is extremely deliberate, like a pompadour.

  11. Comics appear to be silent and still, but they’re not.

  12. According to Crumb, “There’s nothing wrong with repeating yourself, so long as you dig a little deeper each time.” 

( Quelle [4] )


**** Und für die , die es einmal werden wollen! ;-)





Wimbledon Green LESEPROBE hier [5]


Wimbledon Green Der Größte Comicsammler der Welt


(c) der Abb.: Seth und Edition 52

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  [4] http://network.nationalpost.com/np/blogs/afterword/archive/2009/05/09/tomine-seth-and-tatsumi-talk-shop-at-tcaf.aspx
  [5] http://www.wiljes.com/~reprodukt/graphic-novel.info/WimbledonGreen_Leseprobe.pdf