Comic Radio Show

Neon Genesis Evangelion - Bd.5

Rezensionen / Mangas
geschrieben von stephan am 26.10.2000, 14:04 Uhr

Das Evangelium für Otakus



CoverDie Animes von EVA, wie "Neon Genesis Evangelion" von den Otakus, den echten, harten Fans, genannt wird, werden von angeblichen Kennern zur legitimen Nachfolgeserie von "Akira" hochstilisiert. Der EVA-Manga, dessen fünfter Band nun nach längerer Verzögerung endlich vorliegt, verhält sich jedenfalls im Vergleich zu "Akira" wie ein Golf zu einem Ferrari. Nun ist ja aber auch der Golf ein sehr gut gebautes und - je nach Fahrer - vergnüglich zu fahrendes Modell.

Die Story des fünften Bandes von "EVA" ist diesmal kurz erzählt, die Pointe wird aber nicht verraten. Shinji hat Probleme mit der Liebe, da er noch zuviele Probleme hat, um ein cooler Lover zu sein. Shinji hat Probleme mit seinem Vater, der immer noch keine Zeit für ihn hat. Shinji hat Probleme im EVA-Labor.



Erwischt!Zusammen mit seinen problembelasteten Kampfgenossen und Genossinnen kann er mit Hilfe der biomechanischen Kampfmaschinen, den Evangelions, einen erneuten Angriff der "Engel" abwehren. Allerdings ... Tja, Shinjis Mutter starb anscheinend doch nicht so unschuldig wie bisher gedacht und in den Katakomben von EVA macht Shinji eine ungeheuerliche Entdeckung. Das ist alles brilliant gezeichnet und spannend und zieht den Leser gerade wegen der kleinen Liebesgeplänkel in den Bann eines Storybogens von wahrlich kosmischen Ausmassen.



Genau an dieser Stelle ist es wieder einmal an der Zeit, die Ernsthaftigkeit und Berechtigung des pseudoreligiösen Beiwerkes von EVA zu hinterfragen. In einem Leserbrief in "Animania" Nr.37 werden gläubige Menschen gebeten, die Bezeichnung "EVAngelisten" für die Anhänger der Serie zu tolerieren. Nun sind Christen eben per se schon zur Toleranz und Nachsicht aufgerufen. Das Übernehmen und Abwandeln von Begriffen und Namen aus der Bibel (Adam, Eva, Evangelium, Engel) in diesem Manga mag sicher angehen.



Der Stein des Anstosses - Darf man alles machen, was geht?Ein gläubiger Mensch ist aber betroffen, wenn wie im fünften Band, zentrale Symbole und Grundthemen des Christentums, hier eben die Kreuzigung, wegen der zweifelsohne schon oberflächlich funktionierenden optischen Wirksamkeit und dem einfachen und schnellen Zugang zum Unterbewußtsein der Leser schlicht verhackstückt werden. Die Gegenfrage muss lauten: Wie würde es japanischen Lesern gefallen, wenn in einem deutschen Comic in gleicher Weise Begriffe aus dem Shintoismus, um des optischen Gags oder der Story willen, dermaßen verwurstet werden?



So - nach diesem, für den Verkauf eher förderlichen Zwischenruf des einsamen Mahners in der Comics-Wüste, erschallt also für die EVAngelisten die frohe Botschaft: Endlich ist er da, der fünfte Band, gehet hin und ergötzet euch daran, ihr Comics-Götzendienstler. (rr [1])



Der VaterNeon Genesis Evangelion - Bd.5: Der Grabpfeiler

Text und Zeichnungen: Yoshiyuki Sadamoto/Gainax

Aus dem Japanischen von Antje Bockel

184 Seiten, s/w, Taschenbuch

Carlsen Comics, 12.00 DM

Oktober 2000

ISBN-No. 3-551-74135-2


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