Comic Radio Show

Narren

Rezensionen / Schwarz-Weiss
geschrieben von stephan am 17.08.2000, 14:04 Uhr

Zauber in schwarz/weiß



CoverIch weiß es noch, als wäre es gestern: Vor ein paar Jahren war für mich Carlsen so ziemlich der einzige Verlag, für den ich mich interessiert. Immer wieder gab es tolle Comics und die Auswahl fiel mir meistens schwer. Heutzutage bin ich schon froh, wenn es mehr als einen guten Comic pro Monat aus dem Hause Carslen gibt. 10 Manga-Veröffentlichungen im Juli, von denen mir keine einzige gefällt, etwas angestaubte Serien wie "Blake & Mortimer [1]" werden fortgesetzt und mit "Robinsonne" wird die bisher peinlichste Robinson Crusoe Variante auf die comiclesende Menschheit losgelassen.

Aber, da sind dann ja auch die Highlights, die dafür sorgen, dass ich an dem Carlsen-Programm nicht einfach dran vorbei gehe. Zum einen sind es solche Sachen wie die Alben von Trondheim, aber zum anderen sind es diese selten gewordenen Alben von guten Erzählern, die nicht nur auf Effekte setzen (so was gefällt mir auch, nicht falsch verstehen), sondern sich Zeit nehmen für ihre Figuren und die ihren Geschichten in ihrem eigenen ruhigen Tempo erzählen.



BeispielEin solches Werk ist "Narren" von dem Amerikaner Jason Lutes. Wenn es nicht im Vorwort stehen würde, dann hätte ich Lutes für einen Franzosen gehalten, denn erstens klingt der Name so und zweitens erinnert mich "Narren" sehr stark an Alben französischer Zeichner der Ligne Claire. Aber ganz verwunderlich ist dieser Gedanke nicht, denn Lutes ist viel durch Europa gereist und hat von dort jede Menge Einflüsse mitgenommen und deshalb zählt er zum Beispiel auch Hergé zu seinen Vorbildern.



In "Narren" wird die Geschichte von ein paar Randfiguren der Gesellschaft erzählt. Wenn man das Zitat auf der Rückseite von Chris Ware (Acme Novelty Library) liest, erwartet man eine ziemlich frustrierende und deprimierende Geschichte, denn er bezeichnet den Comic als "Faustschlag ins Gesicht, aber in Zeitlupe". Sicherlich geht es den Charakteren nicht wirklich gut, aber trotzdem strahlt die Geschichte keine Tristesse aus, sondern eher eine freundliche Wärme (oder auch eine warme Freundlichkeit); die Hauptdarsteller Ernie, Esther, Al, Nathan finden im Laufe der Zeit zueinander und sorgen sich um den anderen.

<palign=center>Beispiel



Das die Geschichte trotzdem kein reines Happy End hat, zerstört das positive Gefühl, das sich während der Lektüre bildet, in keinster Weise; im Gegenteil erscheint die Handlungsweise von ... (kann ich nicht verraten) nur logisch und konsequent.



Die 144 Seiten wirken auch in keiner Weise zu viel; man kommt nicht dazu sich zu langweilen, so sehr ist man in der Geschichte und fühlt mit dem erfolglosen Zauberer oder dem besorgten Vater und Kleinkriminellen mit. Ich hoffe, dass Lutes' zweites Werk "Berlin", an dem er gerade schreibt, auch den Weg nach Deutschland finden wird, denn "Narren" macht Lust auf mehr Comics dieser Art. (svl [2])



Narren

Text & Zeichnungen: Jason Lutes

144 Seiten, Softcover Paperback

Carlsen, 29.90 DM, 27.50 sFr, 218.- öS

Juli 2000

ISBN-No. 3551-73782-7


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