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Großstadtfieber - 75 Jahre ''The New Yorker''

Rezensionen / Understanding Comics
geschrieben von stephan am 22.08.2000, 13:44 Uhr

Provokante Titelbilder


Cover [1] Bis zum 10. September 2000 lief im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover eine Ausstellung mit den Cover-Zeichnungen des amerikanischen Wochenmagazins "The New Yorker". Der hierzu erschienene Ausstellungskatalog gibt sehr schön die Entwicklung des Magazins wieder.

Zwar waren auch immer wieder interessante Textbeiträge etwa von Dorothy Parker, Robert Benchley, Roald Dahl, Woody Allen, der Filmkritikerin Pauline Kael oder dem Komiker Steve Martin enthalten, doch von Anfang an war es die Titelillustrationen, die den besonderen Reiz der Publikation ausmachte.

Das allererste Cover - der Dandy mit dem MonokelGleich das erste Cover vom 21. Februar 1925 - Rea Irvin zeichnete einen arroganten Dandy, der einen Schmetterling durch sein Monokel betrachtet - wurde ein solcher Erfolg, dass dieses Motiv fortan jährlich zum Erscheinungsjubiläum variiert wurde. Sanfter Spott über großstädtische (Un-)Tugenden wurde zum vorherrschenden Stil der Titelillustrationen.

Zwar verschreckte gelegentlich Charles Addams (der Erfinder der gleichnamigen Familie) die Leserschaft mit sanftem Grusel, aber im großen und ganzen erinnerten viele Cover an urbane, geringfügig bissigere Versionen von Norman Rockwells Kleinstadt-Idyllen. Interessant waren eher die höchst unterschiedlichen, oft sehr verspielten und manchmal auch richtungsweisenden graphischen Stile, die ganz deutlich die Form vor den Inhalt stellten.

Art Spielgelmann zeigt einen Rabbi und eine Farbige beim KussDies änderte sich erst als Art Spiegelmans ("Maus") Ehefrau Francoise Mouly "Art Editorin" wurde. Prompt erschien am 21.Februar 1994 keine weitere Version von Rea Irvins Dandy, sondern ein Cover von Robert Crump. Comickünstler wie Jaques de Loustal, Jean-Jacques Sempé, Charles Burns oder Lorenzo Mattotti hielten fortan Einzug und sie verstanden durchaus zu provozieren. So sorgte 1993 Art Spiegelmans Cover von einer Farbigen, die einen Rabbiner küsst für reichlich Zündstoff und auch Jaques de Loustals hübsch buntes Bild einer homosexuellen Hochzeit provozierte prüde Gemüter.

Der vorliegende Ausstellungskatalog macht es jetzt möglich die spannende 75-jährige Geschichte dieses immer noch sehr lebendigen Magazins anhand von gut ausgewählten und hervorragend reproduzierten Bildbeispielen nachzuvollziehen. (hl [2])

Zeichnung von Robert Crumb

Großstadtfieber - 75 Jahre "The New Yorker"
Texte: Lee Lorenz, Francoise Mouly, Lothar Müller, Charles D. Saxon, Christopher Shay
Zeichnungen: u.a. Charles (Chas) Addams, Charles Burns, Jacques de Loustal, Art Spiegelman u.v.a.
224 Seiten, 203 x 30 cm, Hardcover
Hatje Cantz Verlag, 78.- DM (in der Ausstellung 58.- DM)


Großstadtfieber - 75 Jahre "The New Yorker" kannst Du gerne hier kaufen [3]

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