Comic Radio Show

Bilal Bug Buch 3

Rezensionen / Science Fiction
geschrieben von M.Behringer am 02.02.2023, 09:28 Uhr

Lakonische Cyber-Punk-(Post-)Apokalypse in malerischen Bildern


Bilal Bug Buch 3 [1] Wer Enki Bilal kennt, weiß in etwa, was einen bei seinen Comics erwartet. Für alle anderen: Er steht für gehobene Science Fiction in kunstvollen Bildern. „Bug“ lautet seine neueste Serie und Ende 2022 hat Carlsen „Buch 3“ auf Deutsch veröffentlicht. Ich wusste dabei vor Lektüre nicht, ob es ein abschließender Band ist und von daher war ich in doppelter Hinsicht gespannt auf dieses Album.

Eine außerirdische Instanz hat 2041 auf der Erde sämtliche digitale Technologie lahmgelegt. Wie durch ein Wunder überlebt Kameron Obb nicht nur als Einziger eine Raumfahrtmission. Vielmehr beherrscht er zudem sämtliche digitale Technologie. Ein rätselhafter blauer Fleck ziert sein Gesicht seitdem. Dadurch gerät er ins Fadenkreuz von Politikern und Extremisten, die sein „Talent“ für ihre Ziele einsetzen wollen.

In „Buch 3“ ist bereits 2042. Obbs Tochter Gemma ist in Marseille gelandet und bekommt eine Art telepathischen Call von ihrem Vater, dessen Fleck immer weiter wächst und der sich vor der Küste Barcelonas befindet – in Gefangenschaft von Nataly-Ann, einer terroristischen Extremistin. Doch dann wird Obb wieder zum Spielball als Neo-Marxisten ihn entreißen und entführen. Gemma will zunächst zu ihrer Mutter nach Paris.

Bilal Bug Buch 3

„Bug“ lebt zum einen von seinen absurden Wendungen und Verschachtelungen: Immer wieder wartet Bilal mit einer neuen kleinen Überraschung auf. Das liegt an der narrativen Struktur, die stark an den Film Noir angelehnt sind. Typischerweise gibt es in diesem Genre ein üppiges Figurenensemble und zahlreiche Verstrickungen. Und das überträgt Bilal in eine Cyber-Punk-(Post-)Apokalypse.

Dazu bringt Bilal einfach immer wieder geniale Settings auf's Papier, die er mit einer ordentlichen Portion Sozialkritik versieht – allerdings stets in einen lakonisch-satirischen Ton eingepackt. Und so ist das auch wieder in „Bug (Buch 3)“ der Fall. Bilal hat schon in seiner „Monster“-Tetralogie die Zuspitzung des Terrorismus' thematisiert. Diesmal setzt er auf ein Revival der ideologischen Extreme des 20. Jahrhunderts in neuen Gewändern: Faschismus und Marxismus.

Bilal Bug Buch 3

Des Weiteren brilliert „Bug“ durch sein Artwork. Bilal malt nicht auf Papier, sondern verwendet für jedes Panel eine eigene Leinwand. Außerdem verwendet er Kreide, was eine vollkommen eigenwillige und in jedem Fall kunstvolle, malerische Optik erzeugt. Nachdem er in seiner letzten Trilogie („Animal'Z“, „Julia & Roem“, „Die Farbe der Luft“) auf S/W und Grautöne setzte, hat er diesmal wieder seine Farben ausgepackt – oft Blau, Braun, Grün.

Bilals Bilder wirken wie eingefrorene Momentaufnahmen und auf den ersten Blick eher statisch als dynamisch. Allerdings sieht man auf den zweiten Blick Nuancen und überhaupt laden seine Bilder zum längeren Betrachten ein.

„Bug Buch 3“ ist kein Abschlussband – und das ist gut so. Denn als Leser ist man geneigt, dem absurd-lakonischen Treiben von Kameron Obb unendlich beiwohnen zu wollen. Auf gewisse Weise wiederholen sich Motive auch, aber gleichzeitig schreitet die Story in den typisch-genialen Kreidebildern voran.

Bilal Bug Buch 3 [2]

(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: Carlsen Verlag 2022

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