Comic Radio Show

Die Katze des Rabbiners GA 4

Rezensionen / Franko/belgisch
geschrieben von M.Behringer am 08.09.2022, 11:49 Uhr

Jüdische Kultur fabulierfreudig und leichtfüßig erzählt


Die Katze des Rabbiners [1] Joann Sfar hat zwei große Universen in seinem Werk erschaffen: Das eine enthält phantastische Szenarien (z.B. „Vampir“ oder „Professor Bell“) und das andere realistische und/oder historische Szenarien, die die jüdische Kultur thematisieren (z.B. „Klezmer“ oder „Chagall in Russland“). „Die Katze des Rabbiners“ ist zwar irgendwo auch leicht phantastisch, weil die es eine sprechende Katze als Protagonist enthält, aber die Serie gehört nichtsdestotrotz zum zuletzt genannten Universum. Mit Band 4 der Gesamtausgabe wurden die Originalalben 9 und 10 in Deutschland erstveröffentlicht.


Das 9. Album „Die Königin Sabbat“ ist gewissermaßen ein Rückschritt, indem es die Leser in die Vergangenheit Zlabyas und der Katze entführt. In der jüdisch-sepharidischen Gemeinde im Algerien der 1920er Jahre versucht sich Zlabya zum Schrecken von Katze und Papa zu emanzipieren.

Das 10. Album „Geht zurück nach Hause!“ geht es in den Nahen Osten. Zunächst in Retrospektive des Rabbiners und des Rabbiners des Rabbiners, danach erzählt Zlabya ihre Erfahrung mit dem „Gelobten Land“, das für Juden als Utopia dargestellt wird.

Die Katze des Rabbiners

„Die Königin Sabbat“ liest sich streckenweise wie ein Remix aus bisherigen Stories, da die Konstellation Zlabya-Katze-Rabbiner des Öfteren aufgegriffen wurde. Dennoch schafft es Sfar auch hier bzw. immer wieder neu, amüsant, lebensfroh und locker die jüdische Kultur in den Geschichten um seine Helden gleichzeitig zu verballhornen und kritisieren, aber auch hochzuhalten und zu erklären.

„Geht zurück nach Hause!“ ist dann eher wieder ein komplett neues Kapitel und von daher inhaltlich wieder frisch, spannend und interessant. Hier erhält Vinzenco aus „Klezmer“ einen Gastauftritt, was v.a. Kennern der anderen Sfar-Serie eine große Freude bereiten dürfte. Daneben wird es hier auch etwas blutiger als in der Episode zuvor.

Sfar erzählt in erster Linie per Dialoge und durch seine Protagonisten, aber dann plötzlich auch wieder mittels Erzähltext, der in Schreibschriftform gelettert wurde (im Gegensatz zur Druckschriftform der Sprechblasentexte), was für müde Augen vielleicht anstrengend zu lesen sein könnte. Die Panelgrößen variieren nicht stark, sondern sind i.d.R. mittelgroß, wobei sie „freihand“ konturiert sind, was den Zeichenstil unterstreicht.


Die Katze des Rabbiners

Die Zeichnungen sind spontan, dynamisch, dabei dennoch detailliert und so leichtfüßig wie die Story selbst. Es kann schon mal passieren, dass Sfar die Proportionen einer Figuren von einem zum nächsten Panel wechselt, wodurch er immer wieder für Auflockerungen und Überraschungen sorgt. Die Farben sind lebensfroh, intensiv und unifarben, selten pastellfarben, eher gedeckt. Das Artwork wirkt in seiner Gänze so widersprüchlich, abwechslungsreich und lebendig wie die jüdische Kultur selbst.

„Die Katze des Rabbiners“ bleibt (völlig zu Recht!) eine preisgekrönte Serie (mit einem herrlichen Figurenensemble), die unbeschwert und mit viel Witz und Geist die jüdische Kultur schwungvoll präsentiert und kritisch reflektiert. Auch der 4. Band der gebundenen Gesamtausgabe in Halbleinen darf deshalb in keiner gut sortierten Comicsammlung fehlen.

Die Katze des Rabbiners [2]


LESEPROBEN vom avant-Verlag [3]


(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: avant-Verlag 2022, Joann Sfar

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