Comic Radio Show

Mia Oberländer: Anna

Rezensionen / Biographisch
geschrieben von M.Behringer am 04.05.2022, 16:13 Uhr

Groteske Hommage an das Anderssein


Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2022 für den Sonderpreis Illustration „Neue Talente“

Anna [1] Was ist (schon) normal? Und was ist nicht (mehr) normal? Oft sind die Übergänge fließend oder es liegt im Auge des Betrachters. So ist es auch bei der Körpergröße. Die einen finden schon 1,90m groß, die anderen erst 2,10m usw. In Mia Oberländers Groteske „Anna“ gibt es gleich drei Frauen, die auffällig groß sind. Doch geht es in dem Comic wirklich nur im Körpergrößen? Oder doch viel mehr?

Anna 1, Anna 2 und Anna 3 sind Frauen dreier Generationen. Sie eint nicht nur die familiäre Verwandtschaft (Großmutter, Mutter, Tochter), sondern auch über die Norm weit hinausgehende Körpergrößen. Und damit fallen die Frauen in ihrer kleinkarierten Dorf- und Bergwelt negativ auf und sie sind ständig mit ungewöhnlichen Problemen konfrontiert.

„Anna“ enthält 12 Kapitel und jedes Kapitel enthält wiederum Episoden und Szenen, die z.T. sprunghaft aneinander anschließen. Ein Kapitel dient hier nur qualitativ als Klammer, denn quantitativ kann ein Kapitel sehr kurz oder länger aufgebaut sein. Oberländer erzählt chronologisch zunächst von Anna 1 und dann von Anna 2 und Anna 3. So erhält man verschiedene Problemkontexte der jeweiligen Generationen, aber auch gleichbleibende Themen.

Anna

Auf formeller Ebene fällt auf, dass Oberländer für ihren Erzähltext eine Grundschulheftästhetik (Hilfslinien, Schreibschriftstil) nutzt, was den ironischen Ton ihrer Geschichte unterstreicht. Neben ironischen Klängen schwingen auch amüsante, parabelhafte und stellenweise tragische.

So illustrieren die großen Frauen nicht nur, welche handfesten und bizarren Probleme mit zu hohem Körperwuchs einhergehen können, sondern sie zeigen stellvertretend für jede Form des Andersseins, wie Normabweichungen unweigerlich auf Kleingeistigkeit, Ausschluss und Diskriminierung stoßen können.

Grafisch nutzt Oberländer einen reduzierten Strich und wenige flächige Farben oder oft auch weiß als Füllfarbe. Die Reduzierung und Übertreibung in Bezug auf die Körpergrößen der Frauen passt perfekt zur Groteske. Der sparsame und bewusste Einsatz der Farben schafft spezifische Stimmungen – die Farbpalette reicht dabei von monochromem Grau- und Brauntönen bis knallig Primärfarbkombinationen.

Anna

„Anna“ ist eine gewitzte Hommage an das Anderssein. Erzählerisch erfrischend und grafisch abwechslungsreich zeigt Oberländer, dass es immer einen Weg gibt, egal wie abnormal man auch ist.

LESEPROBE [2]

(c)opyright der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Edition Moderne 2021, Mia Oberländer

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