Comic Radio Show

Tardi: Adele Blanc-Sec Sammelband I

Rezensionen / Mystery/Krimi
geschrieben von M.Behringer am 21.03.2022, 18:19 Uhr

Lakonischer Krimi-Klassiker als schmucke Gesamtausgabe


Jaques Tardi: Adeles ungewöhnliche Abenteuer [1] Krimis und historische Kriegscomics – das waren schon immer die beiden großen Steckenpferde des französischen Altmeisters Jacques Tardi (75). Der Durchbruch gelang dem vielfach preisgekrönten Comicautor in den 1970er Jahren: mit der Krimi-Satire „Adèle Blanc-Sec“. Zehn Alben gibt’s mit der lakonischen Titelheldin, die eigentlich schreiben will, aber bei ihren Recherchen in einen Strudel aus Gewalt und Verbrechen gerät. Der Verlag schreiber&leser hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, die Serie in einer Gesamtausgabe herauszubringen. Ich hatte zuvor schon einiges von Tardi gelesen und war nun gespannt auf diesen Klassiker.

„Adele Blanc-Sec Sammelband I“ enthält die drei Alben „Adele und das Ungeheuer“, „Der Dämon vom Eiffelturm“ und „Der Affenmensch“. Die Geschichten der Einzelalben enthalten in sich abgeschlossene Fälle mit offenen Enden, so dass sich die drei Alben auch sehr gut am Stück lesen lassen.

Schauplatz ist das Paris von 1911 und urplötzlich flieht ein Flugsaurier aus dem Naturkundemuseum und hält die lokale Politik, Polizei, Wissenschaft und Unterwelt auf Trab. Mittendrin ist Adele. Sie versteht keinen Spaß und schreibt eigentlich Schundromane. Allerdings hat sie zu Recherchezwecken engen Kontakt zur Unterwelt, so dass von den Ereignissen mitgerissenen wird.

Jaques Tardi: Adeles ungewöhnliche Abenteuer

Damit sind die typischen Zutaten schon skizziert: Adele gerät unverhofft in spektakuläre Fälle, die heillos komplex aufgebaut sind und ein irres Figurenensemble enthalten. Glücklicherweise gibt es im Sammelband ein übersichtliches Personenregister mit Kurzbeschreibungen der allerwichtigsten Protagonisten, so dass man den Überblick behält.

Die Fälle selbst sind durch die hohe Anzahl an Mitwirkenden und deren Beziehungen zueinander, aber auch durch deren Handlungen, ungeheuer vielschichtig. Die Komplexität bekommt allerdings keine ermüdende Note, sondern eine sehr angenehm satirische, da vieles ad absurdum geführt wird.

Typisch ist außerdem ein lakonischer Erzählton und die ernste Kaltschnäuzigkeit der sympathischen Titelheldin, die sowohl austeilt als auch einsteckt und immer irgendwie den Ereignissen hinterherläuft. Auch die schlagfertigen und schlauen Dialoge sind äußerst unterhaltsam. Dazu kommen schaurige Motive, die mal phantastisch oder okkultistisch begründet sind und dem Krimi eine besondere Würze verleihen.


Jaques Tardi: Adeles ungewöhnliche Abenteuer

Tardis Zeichenstil ist bei den Figuren sehr stilisiert/karikierend und bei den Hintergründen detailliert-realistisch. Die Farben variieren zwischen dezentem Realismus und grellem Surrealismus, der perfekt zu den schaurigen Momenten passt.

Der erste Sammelband enthält zu den drei Alben und dem Personenregister ein Lesebändchen und ein ausführliches Vorwort von Volker Hamann. Darin skizziert er den Werdegang Tardis und die Bedeutung von „Adèle Blanc-Sec“. Es gibt auch die originalen Cover der Einzelalben, allerdings nur stark verkleinert. Hier hätte man vielleicht auch ganzseitige Abbildungen wählen können.

Die Gesamtausgabe präsentiert den Tardi-Klassiker in einem prächtigen Gewand. Die Geschichten sind zeitlos meisterlich.

Jaques Tardi: Adeles ungewöhnliche Abenteuer [2]

(c)opyright der Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: Verlag Schreiber & Leser, Jaques Tardi

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