Hulk kämpft als Gladiator und gegen seinen Selbsthass
[1] „Hulk wird auf einem fremden Planeten zu Spartacus“, so fasst Panini-Redakteur Christian Endres im Vorwort die Handlung von „Planet Hulk“ zusammen. Das trifft vollkommen zu und klingt doch schon mal sehr vielversprechend! Das dieser Comic kommerziell sehr erfolgreich und einflussreich war, ist offensichtlich, er trug wesentlich dazu bei, dass der MCU-Film „Thor: Tag der Entscheidung“ solch beeindruckende Schauwerte bot. Wer will, kann auf Amazon Prime den Zeichentrickfilm von „Planet Hulk“ [2] sehen, der anders als der MCU-Blockbuster nicht nur kurze Szenen der Comicvorlage adaptiert, sondern einen Großteil der Story. Als Bonus bietet die neue „Must-Have“-Edition des Comics eine Cover-Galerie, und sieben Seiten Erläuterungen, wenn das Vorwort mitgezählt wird. Bibliophil ein wirklich schönes Hardcoverbuch und generell eine empfehlenswerte Reihe, die bereits Schätze wie „Daredevil: Der Mann ohne Furcht“ und „Wolverine: Old Man Logan“ zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis neu veröffentlichte. In Sachen zeichnerischer Pracht kann sich „Planet Hulk“ allemal in den Marvel-Olymp einreihen. Aber taugt die Story auch etwas? Ist es wirklich „Spartacus“ oder eher „Gladiator“ geworden?
In der TV-Serie „Die Sopranos“ gibt es eine sehr amüsante Folge, in der über die Filme „Spartacus“ und „Gladiator“ gestritten wird. Während ein Mafiosi den Klassiker mit Kirk Douglas verteidigt, weil der Film dann doch sehr viel mehr Tiefgang hat als lediglich Kämpfe halbnackter Männer in einer Arena, kontert der andere Gangster damit, dass „Gladiator“ die wesentlich realistischere Technik bietet und das der Held darin keine schick frisierten Haare hat wie Douglas.
Nun gehöre ich auch eindeutig zu den Anhängern von „Spartacus“, weil der Film eine intelligente Handlung hat, in der sehr amüsant beleuchtet wird, wie sich Machthaber in ihren Positionen halten. Da wird das Volk mit Brot und Spielen ruhiggestellt und etwas Religion kann auch nicht schaden, damit Untertanen schön gefügig bleiben und nicht zu Revolutionären werden. Und die Kämpfe sind ebenfalls sehenswert.
Bei „Planet Hulk“ wird der Hulk von Iron Man, Mister Fantastic und anderen ins All verbannt, weil er auf der Erde viel zu viel Schaden angerichtet hat. Sein Raumschiff kommt vom Kurs ab und so landet der grüne Goliath auf dem Planeten Sakaar, der überdeutlich an das Alte Rom erinnert, mit dem wesentlichen Unterschied, dass es unterschiedlichste Alienarten gibt, wie den insektenartigen Miek. Hulk leidet unter starken Selbstzweifeln, will am liebsten nie wieder ein Mensch sein, schon gar nicht Bruce Banner, sondern einfach nur in Frieden und Ruhe leben. Somit sträubt er sich auch gegen die Rolle des Anführers, die ihm seine neuen Freunde gerne geben würden, um eine echte Chance zum Aufstand gegen den König zu haben. Hulk kämpft sich vom Gladiator immer weiter voran, bis es zu einem Krieg der Rebellen gegen die Herrschenden kommt.
Einige Wendungen wirken etwas verwirrend, gerade mit der Figur Miek, aber auch mit anderen Aliens – schon im Trickfilm verlor ich zwischendurch den Faden, wer nun wer ist und ob nun die ganze Spezies Miek genannt wird und wen wir da jetzt genau gerade sehen. So einen Aufwand gibt es zwar auch bei „Game of Thrones“, aber dort lohnt es sich zumindest nochmal zurückzuspulen und die Handlung genau zu studieren, während „Planet Hulk“ doch sehr belanglos, austauschbar, kindisch und banal bleibt. Irgendein Grund musste halt als Vorwand her, um echt schön gezeichnete Kämpfe zu inszenieren. Wenn ein Comic wie „Daredevil: Der Mann ohne Furcht“ eindrucksvoll zeigt, wie erwachsen und zeitlos das Medium ist, so führt „Planet Hulk“ vor allem vor, dass hervorragende Zeichnungen und eine mittelmäßige Handlung offenbar genügen, um einen Comic-Bestseller zu erschaffen.
Stefan Svik.
Wertung: 70 %
Marvel Must-Have: Planet Hulk
Genre: Superhelden / Science-Fiction
Enthält die US-Comics: Amazing Fantasy (2004) 15, Giant Size-Hulk (2006) 1, Incredible Hulk 92-105
Text: Greg Pak
Zeichnungen: Aaron Lopresti, Carlo Pagulayan, Marshall Rogers
Übersetzung: Reinhard Schweizer
380 Seiten, Hardcover, farbig
2020 Panini Comics, 29 Euro
[3]
(c)opyright der Abbildungen, mit freundlöicher Genehmigung: Panini Comics 2020.
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