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Hit-Girl in Hollywood

Rezensionen / Superhelden
geschrieben von StefanS am 03.02.2020, 18:37 Uhr

#MeToo entglitten


Hit Girl in Hollywood [1] Es ist ein Comic! Und in einer Bildergeschichte sind Darstellungen möglich, die als Film kaum auszuhalten wären. Das hat Frank Miller mit „Sin City“ bewiesen und auch Tausendsassa Kevin Smith mutet den Lesern mit „Hit-Girl in Hollywood“ einiges zu. Die Debatten um sexuelle Belästigung, die nach dem Skandal um Filmproduzent Harvey Weinstein ausgelöst wurden, verarbeitet der US-Amerikaner mit der dänischen Zeichnerin Pernille Ørum zu einem nicht ganz geschmackssicheren Unterhaltungscomic, der nicht so weit von der Ideologie von Salafisten, Rechtsradikalen und betrunkenen Stammtischgesprächen entfernt ist.

Kevin Smith ist einer von den Guten. Und dieser Comic ist keine Abbildung der Realität, sondern Kunst, Satire und eine Provokation. Der geschulte Leser erkennt den Humor und wird durchaus nett unterhalten, aber einiges an diesem Comic wirkt mindestens halbgar, wenn nicht sogar völlig deplatziert. Aufrufe zur Selbstjustiz und die Instrumentalisierung von Opfern als reine Sensationsgier wirken unter Smiths Niveau.

Nach Ausflügen nach Kolumbien, Kanada und Rom setzt Hit-Girl ihre Weltreise fort und begibt sich in die Filmhauptstadt der Welt: nach Hollywood. Wie gehabt wird auch dieses Abenteuer von einem neuen Team erzählt. Vorkenntnisse der bisherigen Comics sind nicht erforderlich.

Hit Girl in Hollywood

Das Leben von Hit-Girl soll verfilmt werden. Davon erfährt die Teenagerin Mindy McCready als sie gerade als Hit-Girl zwei Amokläufer an einer Schule stoppt. Das gelingt ihr allerdings erst als diese bereits mit ihrer Tat begonnen haben und im, an Kinderserien auf Nickelodeon erinnernden, Cartoon-Zeichenstil das Töten junger Menschen und Lehrern zelebriert wird, als wäre es ein großes, lustiges Spiel. Sehr polarisierend diese Bilder! In Hollywood wird es dann nicht weniger radikal. Da wird die Forderung, die geistig sehr schlichte Menschen im Internet oder in der realen Welt gerne rufen, wörtlich genommen: Kastration für Vergewaltiger. Immerhin werden in diesem Comic Dieben keine Hände abgehackt, aber zumindest doch einem Senioren ein Schwert durch den Kopf gejagt, weil er ein Mädchen am Knie berührt hat.

Ob dieser Comic der Emanzipation, dem Umgang mit dem Thema Missbrauch oder irgendeinem anderen relevanten Thema hilfreiche Denkanstöße geben kann, dürfte den Machern völlig egal gewesen sein. Ein hysterischer, recht doofer Comic, der sich einem aktuellen Thema annimmt, um damit Geld zu verdienen. Aber, wie bereits erwähnt, eben auch mit unterhaltsamen Momenten, wenn man mit dieser Art von tiefschwarzem Humor umgehen kann. Trotz vorhersehbarer, dünner Handlung stimmen Action und Timing. Dieser Comic ist erheblich gelungener als „Hit-Girl in Kolumbien“. Im Vergleich zu Jeff Lemires „Hit-Girl in Kanada“ allerdings wirken Smiths infantile Rachephantasien und die Anbiederung an die weibliche Zielgruppe noch drittklassiger.

Hit Girl in Hollywood

Wertung: 65 %

Hit-Girl in Hollywood
Genre: Superhelden / Satire
Enthält die US-Hefte: Hit-Girl Season Two (2018) 1-4
Text: Kevin Smith
Zeichnungen: Pernille Ørum
Übersetzung aus dem Englischen: Bernd Kronsbein
108 Seiten, Softcover, farbig
2019 Panini Comics, 15 Euro



(c)opyright der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Panini Comics 2019

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