Comic Radio Show

Kinderland

Rezensionen / Independent
geschrieben von Micha am 21.08.2014, 00:00 Uhr

Das Land der Kindheit



Kinderland [1]7 Jahre hat sich Markus Witzel alias Mawil für seinen Comic Zeit gelassen, aber das Warten hat sich gelohnt. Also zumindest für den Leser, denn diese Geschichte um den Ostberliner Siebtklässler Mirco Watzke (nicht zu verwechseln mit Markus Witzel, oder?) ist nicht nur lang, sondern auch tief. Auch wenn die Geschichte in der Endphase der DDR angesiedelt ist, die Personen sind dieselben wie überall: der schmächtige Schüchterne mit Herz am rechten Fleck, die pickligen, großspurigen, bedrohlichen Rowdys, der eigenwillige, unangepasste Rebell, die herzlichen und die zickigen Mädels, die netten und die strengen Lehrer. Das System ist ein anderes, doch die Erfahrungen die gleichen.

Der schüchterne Mirco hat vom Elternhaus her einen christlichen Hintergrund, was ihm aber eher peinlich ist – wenn er zum (in der DDR natürlich außerschulischen) Religionsunterricht geht, sagt er den anderen, er müsse zum Klavierunterricht. In in einer Drucksituation hat Mirco versehentlich den Schulrüpel „Bolzen“ aus der Parallelklasse bei der Lehrerin verpetzt, der einen Tischtennisball auf dem Schulhof angezündet hat. Jetzt muss er sich vor Bolzen in Acht nehmen, obwohl der gar nicht mehr genau weiß, wer ihn verpetzt hat. Trotzdem gut, dass Mirco sich mit dem willensstarken Torsten angefreundet hat, neu an der Schule, politischer Außenseiter da kein Pioniermitglied (Indianerehrenwort zählt ihm mehr als ein schnödes Pionierehrenwort) und Sohn einer alkoholkranken alleinerziehenden Mutter. Mirco wird selbstbewusster und organisiert ein Schul-Tischtennisturnier, worüber es zum Zerwürfnis mit Torsten kommt. Und dann kommt doch wieder alles anders, denn das Turnier ist für den 10. November 1989 geplant...

Kinderland

Von allen Stars der deutschen Comicszene ist Mawil der mit dem eigenständigsten Stil, sowohl zeichnerisch als auch auch in der Erzählweise und der Art der Dialogführung. Seine Themen sind nicht außergewöhnliche Ereignisse, sondern wie man sich im alltäglichen Erleben und beim Machen von Erfahrungen halt so fühlt. Seine Comics zu lesen macht Spaß und ist einfach nur schön.

Kinderland

Für den im Osten aufgewachsenen Leser gibt es in „Kinderland“ viel nostalgisches Dekor wie das Ost-Sandmännchen, Mosaik-Hefte und Olsen-Bande-Poster. Und als Westler erfährt man noch so ganz nebenbei, dass auch im Osten der 80er Jahre Depeche Mode und Samantha Fox gehört wurden, Schlumpffiguren im Regal standen und man durchaus wusste, was ein Laserschwert ist. Nur die Gameboys kamen aus der Sowjetunion.

Kinderland [2]


Kinderland
von Mawil,
296 Seiten, Softcover
Reprodukt Verlag, 29 Euro



Am Besten kauft man sich das Comic beim Comichändler seines Vertrauens
...jedoch...
Kinderland kann man auch hier bestellen [3]


(c) der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Reprodukt Verlag 2014

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