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Wie ein leeres Blatt

Rezensionen / Independent
geschrieben von Micha am 08.05.2013, 00:00 Uhr

Auf der Suche nach der eigenen Identität


Wie ein leeres Blatt [1]Ist Éloïse eine Geheimagentin mit Supertarnung oder Buchhändlerin im Medienkaufhaus Grambert? Beides ist nicht auszuschließen, denn Éloïse kann sich plötzlich an nichts aus ihrem Leben erinnern, das vor dem Moment vor ein paar Tagen liegt, als sie verwirrt auf einer Bank im Pariser Stadtteil Montgallet saß. Sie weiß noch, wer Britney Spears ist und wie die großen französischen Buchhandelsketten heißen, aber wie ist ihr eigener Name? Was sind ihre Hobbys? Wer sind ihre Freunde? Hat sie überhaupt Freunde? In dem Handy, das sie in der Damenhandttasche auf der Bank gefunden hat, sind jedenfalls nur Arbeitskollegen von Grambert gespeichert.

Wer ist die Frau, die aussieht wie sie, dessen Wohnungsschlüssel sie besitzt und von deren Kater sie erkannt zu werden scheint? Verzweifelt sucht Éloïse nach Persönlichkeitsmerkmalen der Frau, die sie war und von der sie sich so weit entfremdet hat, dass sie von ihr stets in der dritten Person spricht: „Sie hatte jedermanns Geschmack, sie las, was alle lasen...“

Texter Boulet hat sich eine pfiffige Amnesiegeschichte ausgedacht, in der nicht nur Éloïses Spurensuche spannend zu verfolgen ist, sondern die auch zum Nachdenken über das eigene Leben einlädt. Was macht das Ich aus? Was macht den eigenen Charakter zu etwas Besonderem? Was macht man nur deshalb, weil es alle machen?

Wie ein leeres Blatt

Amüsant auch Éloïses verschiedene hollywoodesken Mutmaßungen über das, was in ihrem leben vorgefallen sein könnte. Schließlich ist da dieser seltsame Einstich an ihrem Hals, der ein Mückenstich sein könnte – oder hat irgendjemand etwa Éloïses Gedächtnis gelöscht? Zeichnerin Pénélope Bagieu führt diese dramatischen Phantasien Éloïses genüsslich aus, von der Nahost-Agentengeschichte bis zur Entführung durch Aliens, in einem schlichten und sympathischen Zeichenstil.

Wie ein leeres Blatt

Letztlich handelt „Wie ein leeres Blatt“ aber von der Suche nach sich selbst. Man sollte aber keinesfalls zunächst am Ende des Comics nachschlagen, ob und wie die Suche endet, weil man sich sonst logischerweise um die Spannung bringt!


Wie ein leeres Blatt
von Boulet und Pénélope Bagieu,
208 Seiten, Hardcover
Carlsen Verlag, 17,90 Euro


Am Besten kauft man sich den Band beim Comichändler seines Vertrauens...jedoch...
Wie ein leeres Blatt kann man auch gerne hier kaufen. [2]

Wie ein leeres Blatt

(c) der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Carlsen Comics

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