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Hartmut Becker erklärt die Lage am deutschen Comic-Markt 2013

Interviews / Deutsch
geschrieben von M.Hüster am 10.03.2013, 11:33 Uhr

"comics-etc. ist am Comic-Mainstream nicht beteiligt. Der Verlag verlegt ein reines Nischenprogramm".



comics etc.In jedem Jahr drängen immer mehr neue Comic-Verlage auf den deutschsprachigen Comic-Markt. Da fragt man sich doch ernsthaft, wie das alles noch funktionieren soll. Jeder möchte etwas vom ohnehin nicht soooo großen Kuchen abhaben. Das kann ja kaum mehr für jeden Verlag wirtschaftlich ausgehen. Die ComicRadioShow bat die am deutschen Markt publizierenden Verlag um ein Statement zur aktuellen Lage am deutschen Comic-Markt.

comics etc.CRS: Wie beurteilst du die aktuelle Situation am deutschen Markt insgesamt und wie gut siehst du deinen Verlag im Konkurrenzkampf positioniert?Hartmut Becker: Dazu kann ich wenig bis nix sagen. comics-etc. ist an diesem Comic-Mainstream nicht beteiligt, sondern der Verlag verlegt ein reines Nischenprogramm, das keine Position beansprucht und das auch keine Konkurrenz fürchtet und keinem Konkurrenz macht. Ich bin sicher, dass mein Verlag bei denen, die die von mir verlegten Zeichner nicht kennen, auch gar nicht weiter bekannt ist.


CRS: Immer mehr Verlage bedeuten auch eine weitere Zersplitterung des Marktes. Jeder versucht irgendwo noch seine Nische zu finden. Das müsste letztlich irgendwann zu einer Verdrängung von Verlagen vom Markt führen. Was glaubst du, wohin die Entwicklung insgesamt gehen wird?

Hartmut Becker: Dazu kann ich nur die Beantwortung deiner ersten Frage noch ergänzen: comics-etc. verdrängt niemanden, ich mache aufwendige Bücher, die sonst niemand machen würde. Ich beute mich dabei auch nicht selbst aus, ich habe einfach nur Spaß daran und die Lust dazu. Fehlt mir beides, erscheinen bei mir auch keine Bücher, ganz einfach! Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich durch andere Tätigkeiten den wirtschaftlichen Verlegerzwängen nicht so sehr unterliege. Eine allgemeine Entwicklung kann ich daher nicht sehen und kann sie somit auch nicht prognostizieren.

comics etc.

CRS: Evtl. hilft da ja in naher Zukunft der digitale Comic weiter. Wie siehst du die Perspektiven?

Hartmut Becker: E-comics vertreibe ich bereits seit fast zwei Jahren über Apple und seit kurzem auch über Android. Die Perspektive dazu sehe ich allerdings ziemlich nüchtern. Der Markt wird nur langsam wachsen. Das bedarf nämlich z.T. neuer Lesegewohnheiten, die sich nicht über Nacht einstellen, sondern mit einer neuen Generation heran- oder besser herauswachsen. Es erfordert keinen großen Aufwand, um als Verleger mit e-comics dabei zu sein, das kann jederzeit, jetzt oder später, bewerkstelligt werden.


CRS: Auch die Anzahl der Neuerscheinungen am Markt ist sehr hoch. Selbst einem Comicinteressierten fällt es langsam schwer, die Übersicht zu behalten. Schon gar nicht kann der Fachmarkt jeden Comic in den Laden stellen. Wie versucht dein Verlag, Käufer zu informieren und für die eigenen Verlagspublikationen zu gewinnen?

Hartmut Becker: comic-etc. ist mit seinen Buchausgaben auf einige wenige Autoren und Zeichner fixiert. Meistens finden Fans und Freunde dieser Zeichner von selbst über die Internetseite zum Verlag, oder aber über Fachzeitschriften, die auf meinen Verlag und sein Programm aufmerksam machen, sei es durch eine kleine von mir geschaltete Anzeige oder durch Vorankündigungen in der News-Rubrik.


CRS: Aktuell sehr angesagt: Gesamtausgaben von Klassikern und sehr limitierte Ausgaben. Letztere fanden teilweise reißenden Absatz und wurden von Wiederverkäufern zu horrenden Preisen am Markt gehandelt. Nachdem einige Verlage damit Glück hatten, versuchen andere Verlage, dem Beispiel zu folgen. Ist das gerade für kleine Verlage ein Weg, gutes Geld zu verdienen?

Hartmut Becker: Keine Ahnung! Es gab schon immer Klassiker- und limitierte Ausgaben. Die Einen liefen besser, die Anderen schlechter, das hat aber eher etwas mit dem Inhalt zu tun! ich verdiene mit limitierten Ausgaben bei comics-etc. bestimmt kein "gutes Geld", sondern sehe darin die einzige Möglichkeit, aufwendige Projekte erst möglich zu machen, die letztendlich allen interessierten und Liebhabern eines Zeichners zu gute kommen.

Das Prinzip der "Verknappung" bei aufwendig herzustellenden Büchern - egal ob inhaltlich oder äußerlich - wird z.B. in Frankreich schon lange praktiziert.
Es reguliert die zu verkaufende Menge, verhindert unnötige und kostenintensive Lagerhaltung und ermöglicht ein überschaubares Programm. Was comics-etc. betrifft, klar, da haben sich die Fans eines bestimmten Zeichners erst so langsam nach 5 Jahren daran gewöhnt, dass seine Bücher gnadenlos limitiert sind, nachdem der vorherige Verleger diesen Zeichner in Übermengen verlegt, ja man kann sagen verschleudert hat. Das führt dann zunächst zu Spekulationen, da sich offensichtlich nicht alle rechtzeitig um meine Ausgaben gekümmert haben. Ich bin aber der Meinung, dass das keine "Verknappung" im eigentlichen Sinne ist, denn der Markt reguliert sich auch wieder, sobald der Kunde weiß, dass er sich rechtzeitig um eine Ausgabe bemühen muss. In der Regel erhält er sie dann auch.

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CRS: Mit welchen Comics geht es im ersten Halbjahr 2013 im Verlag weiter?

Hartmut Becker: Zu nennen wären hier

- Herold/Karbaumer/Zappe: Hansrudi Wäscher Telefonkarten, Softcover, 138 Seiten

- Dieter Kalenbach: Der lange Marsch (Album 3), 64 Seiten Hardcover

- Andreas C. Knigge: Dieter Kalenbach - Wenn Schnee auf Tusche fällt - Katalog zur Dieter-Kalenbach-Werk-Ausstellung während der Comic-Tage in München Mai/Juni 2013, 48 Seiten, Hardcover

- 60 Jahre Sigurd - Hansrudi Wäscher: Sigurd - Der schwarze Schinder - Comic mit Hörspiel-CD, Hardcover, 180 Seiten

- Hansrudi Wäscher: Falk - Der Seeadler, Französische Version, Hardcover, 64 Seiten

- Hansrudi Wäscher: Falk - Hochwald der Grausame, Französische Version, Hardcover, 96 Seiten

Verlagshomepage: www.comis-etc.de


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